Benedikt XVI., Auschwitz und die Frage an Gott: "Warum hast Du geschwiegen?"

Historisches Gedenken: Benedikt in Auschwitz.
© Giancarlo Guiliani/CPP

"An diesem Ort des Grauens zu sprechen, an diesem Ort einer Anhäufung von Verbrechen gegen Gott und den Menschen ohne Parallele in der Geschichte, ist fast unmöglich – und es ist besonders schwer und bedrückend für einen Christen, einen Papst, der aus Deutschland kommt. An einem derartigen Ort versagen die Worte; letztendlich bleibt nur ein erschüttertes Schweigen – ein Schweigen, das ein innerer Schrei zu Gott ist: Warum, Herr, hast du geschwiegen?

Ich stehe hier als ein Sohn des deutschen Volkes: Ich konnte unmöglich nicht hierherkommen. Ich musste kommen. Es war und ist eine Pflicht der Wahrheit, dem Recht derer gegenüber, die gelitten haben, eine Pflicht vor Gott, als Nachfolger von Johannes Paul II. und als Kind des deutschen Volkes hier zu stehen – als Sohn des Volkes, über das eine Schar von Verbrechern mit lügnerischen Versprechungen, mit der Verheißung der Größe, des Wiedererstehens der Ehre der Nation und ihrer Bedeutung, mit Ankündigungen von Wohlergehen und auch mit Terror und Einschüchterung Macht gewonnen hatte, so dass unser Volk zum Werkzeug ihrer Gier nach Zerstörung und Macht gebraucht und missbraucht werden konnte."

Es ist fast ein mea culpa, das Papst Benedikt XVI. im nationalsozialistischen Vernichtungslager Auschwitz ausspricht. Joseph Ratzinger durchschreitet das Tor des Grauens am 28. Mai 2006, anlässlich seiner apostolischen Reise nach Polen. In ein paar Tagen wird sein Nachfolger, Papst Franziskus, es tun. Papst Benedikt scheint keine Ruhe zu finden. Er fragt sich, warum Gott angesichts jener Massaker geschwiegen habe. Und gleichzeitig verurteilt er Hitler und die Nazis: Lügner, Zerstörer, Verbrecher.

Ich konnte unmöglich nicht hierher kommen, sagt der deutsche Papst ganz deutlich, an dem Ort, an dem seine Landsmänner, verblendet durch den Rassenwahn, unerhörte Verbrechen gegen die Menschheit begangen haben.

"Der Ort, an dem wir stehen, ist ein Ort des Gedächtnisses, ist der Ort der Schoah. Das Vergangene ist nie bloß vergangen. Es geht uns an und zeigt uns, welche Wege wir nicht gehen dürfen und welche wir suchen müssen.

Mit einem Blick auf die Gedenksteine endet der Papst: "Hinter diesen Gedenksteinen verbirgt sich das Geschick von unzähligen Menschen. Sie rütteln unser Gedächtnis auf, sie rütteln unser Herz auf. Nicht zum Hass wollen sie uns bringen: Sie zeigen uns, wie furchtbar das Werk des Hasses ist. Sie wollen uns zur Einsicht bringen, die das Böse als Böses erkennt und verneint; sie wollen den Mut zum Guten und zum Widerstand gegen das Böse in uns wecken."

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