Kritik an Facebooks Umgang mit religiösen Anzeigen

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Pixabay

Verzögerungen durch neu eingeführte Kontrollmaßnahmen auf Facebook haben eine katholische Spenden-Aktion ausgebremst, so Social Media-Experte Matthew Meeks. 

Für den Mater Ecclesiae Fund for Vocations, einer Einrichtung für geistliche Berufungen, bedeutete das Vorgehen Facebooks "kritische Verzögerungen" in der Fundraising-Zeit zwischen Thanksgiving und Weihnachten, erklärte Meeks gegenüber CNA.

Die 2004 gegründete Stiftung hilft angehenden katholischen Priestern, Nonnen und Mönchen, die mit schweren Krediten belastet sind.

Meeks sagte, dass neue Facebook-Richtlinien für die Genehmigung von Anzeigen zu Verzögerungen führten, "welche zur Folge hatten, dass wir den Großteil des 'Giving Tuesday' verpassten, an dem wir eine Kampagne starten wollten, die bis in die Weihnachtszeit laufen sollte."

(Der "Giving Tuesday" ist der Dienstag nach Thanksgiving in den USA und ein Tag des Sozialen Engagements und der Spenden für gute Zwecke.)

Der Mater Ecclesiae Fund "hatte seit Beginn der Kampagne erhebliche Probleme mit Facebook", sagte Meeks gegenüber CNA.

"Zum einen brauchte die Anzeigenplattform mehr als 24 Stunden, bis die Werbung genehmigt wurden. Zudem erhielt der Fonds die Nachricht, dass der Inhalt der Anzeigen möglicherweise gegen die Diskriminierungsregeln von Facebook in Bezug auf den Ausschluss von Rasse, Religion, Sexualität usw. verstoßen habe. Dies war weder eine Wohnungsanzeige noch wurde irgend eine Rasse oder Religion davon ausgeschlossen, die Anzeige zu erhalten."
 
Die Werbekampagne ziele natürlich auf katholische Facebook-Nutzer ab, da diese den Fonds am ehesten unterstützen würden, so Meeks.

Was im Werbe-Spot zu sehen war? Die Geschichte einer Ordensfrau, die vom Fonds für Berufungen unterstützt wurde.

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"Als die Anzeigen live gingen, erhielt der Fonds von zahlreichen Personen die Nachricht, dass sie das Video in der Werbung nicht teilen konnten, mit der Begründung, dass das Feature nicht verfügbar sei."

Meeks weiter: "Schließlich erhielten die Anzeigen 2.555 direkte Klicks, 105.408 Impressionen, 50.000 Zugriffe – und keinen einzigen Cent an Spenden."
 
CNA wandte sich in der Recherche des Falls an Facebook. Der Konzern forderte zunächst weitere Informationen über die betroffeen Kampagne an, reagierte jedoch nicht mehr auf weitere Anfragen.

Eine Stellungnahme des Konzerns steht weiterhin aus.
 
Facebooks Umgang mit Anzeigen ist bereits Gegenstand medialer Berichterstattung. So wird berichtet, dass Werbekampagnen, die von der russischen Regierung unterstützt werden, auf Facebook und anderen Plattformen geschaltet wurden, um die religiösen und politischen Spannungen in den USA vor den Wahlen 2016 zu verschärfen.

Ende Oktober gab Facebook bekannt, dass es Änderungen an seinem "Ad-Targeting-System" getestet hat, was bei einigen Werbekampagnen zu Verzögerungen führen könnte.
 
"Anzeigen, die Begriffe zu sozialen, religiösen oder politischen Themen verwenden, bedürfen möglicherweise einer zusätzlichen Überprüfung, bevor sie geschaltet werden", teilt Rob Goldman, Facebooks Anzeigenchef, am 27. Oktober mit.

Am 2. Oktober sagte Joel Kaplan, Leiter der "Global Public Policy" bei Facebook, dass das Unternehmen "aggressive Schritte" unternehme, um sowohl die automatische als auch die manuelle Überprüfung von "unangemessenen Anzeigen" zu verbessern.
 
In einer Erklärung vom 27. November sagte Goldman: "Wir wollen nicht, dass Werbung für Hass oder Diskriminierung verwendet wird, und unsere Richtlinien spiegeln das wider." Deshalb werde Facebook Anzeigen nach Inhalt, Zielgruppe, Homepage und Identität des Werbenden prüfen.
 
"Wir werden es vielleicht nicht immer richtig hinbekommen, aber unser Ziel ist es, Inhalte, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, zu verhindern und zu entfernen, ohne den öffentlichen Diskurs zu zensieren", fügte Goldman hinzu.
 
Meeks sagte CNA, dass Facebook "religiöse Organisationen genauso behandeln sollte wie jeden anderen Werbetreibenden auf der Plattform."

Bei dem Thema gehe es schließlich um weit mehr als religiöse Anzeigen – daher sollten diese auch "nicht unfair hinterfragt und verzögert werden", sagte er.

Meeks warnt: Dadurch hätten nicht-religiöse Kampagnen einen "unfairen Vorteil" und die Nutzung eines wichtigen Werkzeugs für Werbung und Kommunikation zu religiösen Zwecken werde verhindert. 

"Angesichts der Tatsache, dass Facebook und Google mittlerweile 65 Prozent oder mehr aller Ausgaben für digitale Werbung ausmachen, stellen der Ausschluss von der Plattform sowie Verzögerungen aufgrund verschärfter Prüfung religiöser Organisationen einen kritischen Verlust dar", sagte Meeks.

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Weitere Kritik an Facebook

Der Umgang mit Anzeigen ist nicht das einzige Thema, mit dem der Konzern in der Kritik steht.

Facebook hat kürzlich seine Algorithmen so geändert, dass die Reichweite von Facebook-Seiten ("Pages") stärker beschränkt ist – was wiederum bedeutet, dass Seitenbetreiber sich gezwungen fühlen, mehr Werbung zu schalten, um potentielle Interessierte auf der Plattform zu erreichen.

Dieses Vorgehen, kritisiert Meeks, "drückt die Religion effektiv von der Plattform ab".

Angesichts dieses Verhaltens prüfe Mater Ecclesiae nun seine eigene Strategie. Das Vertrauen in Facebook sei zerrüttet, so Meeks. 

Im September 2017 berichtete die Webseite "Daily Beast", dass ein Scheinkonto auf Facebook, welches auf die russische Regierung zurückverfolgt wurde, sich als muslimische Gruppe ausgab. Das Konto unterstützte politische Kundgebungen für muslimische Facebook-Nutzer und gab sich als "United Muslims of America" aus – eine seit 30 Jahren bestehende Organisation in Kalifornien, die sich zu diesem Zeitpunkt gerade neu aufstellte.
 
Die gefälschte Facebook-Seite veröffentlichte in der Regel eher unpolitische Dinge, förderte die positive Darstellung von Muslimen und entlarvte einige antimuslimische Behauptungen.

In strategischen Momenten betrieb sie jedoch gezielte Desinformation – und war gleichzeitig Teil einer groß angelegten Kampagne: Von Russland unterstützte Gruppen benutzten gleichzeitig andere Konten, um antimuslimische Gefühle zu schüren.
 
Facebook hat dem US-Kongress Anzeigen übergeben, die offenbar von der in Russland ansässigen Internet Research Agency stammen. Facebooks Policy-Leiter Kaplan sagte, das Unternehmen habe mehr als 3.000 Anzeigen gefunden, die offenbar von der Agentur stammten. Die Anzeigen liefen in den Jahren 2015 und 2017, viele hätten möglicherweise zum Ziel gehabt, soziale Unruhe zu verschärfen.
 
Im Juli 2017 blockierte Facebook über 25 katholische Seiten in Englisch, Portugiesisch und Spanisch ohne weitere Erklärung. Die Seiten wurden nach einigen Stunden wieder freigeschaltet. Ein Facebook-Sprecher entschuldigte sich und beschuldigte "eine Fehlfunktion des Spam-Erkennungsmechanismus in unserer Plattform".
 
Im Jahr 2016 sah sich der Konzern mit Vorwürfen konfrontiert, seine Mitarbeiter manipulierten die "Trending News", um bestimmte Geschichten zu bevorzugen und andere, insbesondere politisch konservative Geschichten, zu missachten.
 
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg dementierte die Vorwürfe, traf sich jedoch mit mehreren konservativen Politikern – und änderte die "Trending News": Sie werden nun durch ein automatisches System zusammengestellt.

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