Wie hätte die Öffentlichkeit reagiert, wenn die Eröffnungszeremonie in den Vatikanischen Gärten als Andacht vor einem Bild der Jungfrau von Guadalupe oder von Unserer Lieben Frau der Erschienenen Empfängnis (kurz: Aparecida) gestaltet gewesen wäre? Wäre dies als kolonialistische Vereinnahmung der Amazonas-Völker gewertet worden? Wohl kaum – die Dame von Guadalupe erschien Juan Diego mit dem Gesicht einer Indigenen.

Wie hätte die Öffentlichkeit reagiert, wenn Alexander Tschugguel – der sich als Täter der Entwendung und des Sturzes der "Pachamama"-Statuen gemeldet hat – die Holzfiguren in Santa Maria in Traspontina vor der Kirchentür abgelegt oder einer offiziellen Stelle ausgehändigt hätte, anstatt sie in den Tiber zu werfen und das Video zunächst anonym zu veröffentlichen?

Die Aufnahmen beider Vorfälle – Zeremonie wie "Brückensturz" - waren innerhalb kürzester Zeit im Netz und auf der ganzen Welt zu sehen. Die Aufarbeitung und Erklärung der Hintergründe ist in beiden Fällen noch nicht durchgedrungen. 

Ein klares Wort unseres Heiligen Vaters, des Nachfolgers Petri, wie wir Laien die Eröffnung in den Gärten und die Zeremonien in Santa Maria in Traspontina einordnen sollen, ist noch nicht gesprochen worden: Hat er im Vorhinein gewusst, dass Geistliche sich vor zwei un-identifizierten Holzfiguren verneigen würden? Heißt er die Handlungen gut? Oder wurde seine Antwort noch nicht als solche wahrgenommen?

Wie sollen wir die Aktion von Alexander Tschugguel einschätzen, solange der Vorwurf der Idolatrie weiterhin im Raum steht? Handelt es sich bei der Verehrung der "Pachamama"-Figuren im liturgischen Kontext nun um einen Verstoß gegen das Erste Gebot oder nicht? 

Über den Stil der Aktion von Alexander Tschugguel lässt sich streiten. Sie grundsätzlich zu verurteilen fällt unter diesen Umständen schwer. Dass er auf die – gelinde ausgedrückt – erstaunlichen Zeremonien und Ereignisse am Rande der Synode reagiert hat, war gut, denn die Aktion selbst sowie die Reaktionen darauf weisen auf offensichtliche Unklarheiten hin. Ob Tschugguels dramatischer "Brückensturz" eine Klärung eher verhindert oder bewirkt, wird sich erst in der nächsten Zeit herausstellen. Niemand wird jedoch den Eindruck der Verwirrung bestreiten können, der sich rund um die Amazonassynode in der Kirche weltweit breit gemacht hat.

Um was für eine Verwirrung handelt es sich hier? Was steht dahinter? Und wem obliegt es, Klarheit zu schaffen? Das Verhältnis von Religion und Kultur ist offensichtlich nicht hinreichend geklärt. Wo verläuft die Grenze: wann wird aus der Anbetung des Schöpfers die Anbetung der Schöpfung und somit Idolatrie?

Solange es hier keine klare Antwort gibt, zeichnet sich ein Entweder-Oder ab. Entweder Wahrung der Einheit unter Inkaufnahme von Glaubensabfall oder Wahrung der Wahrheit unter Inkaufnahme von Spaltung. Ein Entweder-Oder darf nicht sein. Zerstreuung kommt vom Bösen. Jesus Christus hat uns einen Felsen gegeben, einen Garanten für Einheit und Wahrheit. Die Kirche muss einig und heilig und katholisch sein – und nur dann ist sie auch apostolisch. Nur eine Kirche, die ihren Glauben kennt und lebt, kann ihn auch verkünden. 

Die Autorinnen gehören zum Netzwerk der Initiative Pontifex.

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