In der Postmoderne scheint sich der Begriff Familie verändert und erweitert zu haben, zumindest in den gesellschaftlichen Ausprägungen und vor den politischen Horizonten der Gegenwart. Die Definitionsmacht, was eine Familie ist, was sie ausmacht und wie sie verstanden werden kann, scheint sehr weit zu reichen und eine Vielzahl von Lebensformen und -weisen zu integrieren, die vom kirchlichen Lehramt nicht anerkannt werden – gedacht sei nur an die gegenwärtig politisch diskutierte „Co-Mutterschaft“ für lesbische Paare.

In der Enzyklika „Humanae vitae“ wird von der „Aufgabe verantwortlicher Elternschaft“ freilich im Rahmen der sakramentalen Ehe gesprochen. Diese Aufgabe müsse „richtig“ verstanden werden. Der heilige Paul VI. erinnert an die biologischen Gesetze, die zur menschlichen Person gehören und spricht sodann über Trieb und Leidenschaft.

Verantwortungsbewusste Elternschaft erfordere die „Beherrschung durch Vernunft und Willen“: „Im Hinblick schließlich auf die gesundheitliche, wirtschaftliche, seelische und soziale Situation bedeutet verantwortungsbewußte Elternschaft, daß man entweder, nach klug abwägender Überlegung, sich hochherzig zu einem größeren Kinderreichtum entschließt, oder bei ernsten Gründen und unter Beobachtung des Sittengesetzes zur Entscheidung kommt, zeitweise oder dauernd auf weitere Kinder zu verzichten.“

Wesentlich sei der innere Bezug zur „sogenannten objektiven sittlichen Ordnung“, die auf Gott zurückzuführen sei. Diese Ordnung werde vom „rechten Gewissen“ gedeutet: „Die Aufgabe verantwortungsbewußter Elternschaft verlangt von den Gatten, daß sie in Wahrung der rechten Güter- und Wertordnung ihre Pflichten gegenüber Gott, sich selbst, gegenüber ihrer Familie und der menschlichen Gesellschaft anerkennen. Daraus folgt, daß sie bei der Aufgabe, das Leben weiterzugeben, keineswegs ihrer Willkür folgen dürfen, gleichsam als hinge die Bestimmung der sittlich gangbaren Wege von ihrem eigenen und freien Ermessen ab. Sie sind vielmehr verpflichtet, ihr Verhalten auf den göttlichen Schöpfungsplan auszurichten, der einerseits im Wesen der Ehe selbst und ihrer Akte zum Ausdruck kommt, den andererseits die beständige Lehre der Kirche kundtut.“ Auch hier setzt also die kirchliche Lehre der vermeintlichen Autonomie grenzen. Verantwortung zu tragen und wahrzunehmen ist eben nicht eine subjektive Ermessenssache, gefordert ist die Orientierung des Verhaltens am „göttlichen Schöpfungsplan“.

Konzilsgemäß und konzilsgerecht sind die Sexualakte, die eine liebende, „intime und keusche Vereinigung der Gatten“ darstellen, die auch bei unverschuldeter Unfruchtbarkeit „sittlich erlaubt“ bleiben, weil die Bestimmung der Akte, die Verbundenheit der Ehegatten zu bestärken, unangetastet bleiben: „Wie die Erfahrung lehrt, geht tatsächlich nicht aus jedem ehelichen Verkehr neues Leben hervor. Gott hat ja die natürlichen Gesetze und Zeiten der Fruchtbarkeit in seiner Weisheit so gefügt, daß diese schon von selbst Abstände in der Aufeinanderfolge der Geburten schaffen. Indem die Kirche die Menschen zur Beobachtung des von ihr in beständiger Lehre ausgelegten natürlichen Sittengesetzes anhält, lehrt sie nun, daß jeder eheliche Akt von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben muß.“ Dieses Ordnungsmodell ist eindeutig und auch nicht neu.

Die liebende Vereinigung der Ehegatten hat nicht das Ziel des wechselseitigen Genusses gelebter Körperlichkeit, sondern verknüpft „Sinngehalte“, nämlich „liebende Vereinigung und Fortpflanzung“: „Diese Verknüpfung darf der Mensch nicht eigenmächtig auflösen. Seiner innersten Struktur nach befähigt der eheliche Akt, indem er den Gatten und die Gattin aufs engste miteinander vereint, zugleich zur Zeugung neuen Lebens, entsprechend den Gesetzen, die in die Natur des Mannes und der Frau eingeschrieben sind. Wenn die beiden wesentlichen Gesichtspunkte der liebenden Vereinigung und der Fortpflanzung beachtet werden, behält der Verkehr in der Ehe voll und ganz den Sinngehalt gegenseitiger und wahrer Liebe, und seine Hinordnung auf die erhabene Aufgabe der Elternschaft, zu der der Mensch berufen ist. Unserer Meinung nach sind die Menschen unserer Zeit durchaus imstande, die Vernunftgemäßheit dieser Lehre zu erfassen.“

Hoffnungsvoll äußert sich der Papst also – und spricht von einer Berufung. Nicht eine Triebbefriedigung oder einfach bloß eine subjektive Genussorientierung sind vernunftgemäß, sondern die Ausrichtung der menschlichen Gabe der Sexualität auf das Höhere, auf die „erhabene Aufgabe“, die über das hinausreicht, was der Mensch eigenmächtig oder als Sklave seiner Leidenschaft wollen könnte. Die Ehegatten sind dazu bestimmt und auch befähigt, sich auf die „wahre Liebe“ hin auszurichten und ihr Leben dahingehend zu ordnen.

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