Wir schreiben das Jahr 1967. Eine prominente katholische Stimme aus Rom meldet sich zu Wort. Einige sicher durchaus gutwillige Zeitgenossen, darunter auch fromme Katholiken, neigen zu der Meinung, dass die "Beibehaltung des Zölibats in der Kirche" zuweilen "großen Schaden" anrichte und "beklagenswerte Verhältnisse" schaffe. Der Zölibat rufe etwa Priestermangel hervor, so dass dieser den "Heilsplänen Gottes" entgegenstehe. Darum müsse der Zölibat schnellstmöglich aufgegeben werden. Sie kennen diese Meinung? Der heilige Paul VI. listete zahlreiche bunte Ansichten dazu auf und wies die zeitgeistlich inspirierten Mutmaßungen ab, die, so können wir heute sagen, alle Jahre wiederkehren.

Der ob seiner vermeintlichen Modernität teilweise verehrte und teilweise angefeindete Paul VI. sprach deutliche Worte, nicht nur in "Humanae vitae". Auch seine Enzyklika "Sacerdotalis caelibatus", publiziert am 24. Juni 1967, sollten alle lesen, die nun – wie es auf dem Synodalen Weg heißt – über die priesterliche Lebensform nachdenken möchten. Gleich zu Beginn grenzt sich Paul VI. von Nebelwörtern ab, etwa von den "Lebensbedingungen der Menschen". Heute würden die postmodernen Apostel der Weltlichkeit wohl von "Lebenswirklichkeiten" sprechen – und niemand weiß genau, was mit solchen Wieselwörtern überhaupt gemeint ist. Paul VI. verweist auf die "Zeichen der Zeit", die im Licht des Evangeliums gedeutet werden müssen.

Kritiker des Zölibats behaupten: "Die Beibehaltung des Zölibates, so meinen sie, sei in unserer Zeit und bei der heutigen Lebensauffassung schwierig, ja unmöglich."

Paul VI. stellt Fragen: "Ist die Befolgung dieser Verpflichtung heute noch möglich, ist sie angebracht? Sollte die Zeit gekommen sein, in der Kirche die enge Verbindung von Priestertum und Zölibat zu lösen? Warum sollte es nicht jedem freistehen, dieses schwere Gesetz zu beobachten? Würde das nicht für das priesterliche Amt fruchtbar werden und den Nichtkatholiken dadurch der Zugang zu uns erleichtern? Wenn aber das Zölibatsgesetz auch in Zukunft beobachtet werden soll: mit welchen Begründungen können Wir es als heilig und angemessen nachweisen? Und weiter, wie soll man dieses Gesetz halten, und wie soll es aus einer Bürde zu einer Hilfe für das priesterliche Leben werden?"

Paul VI. bekräftigt die "Zölibatsverpflichtung", die ein "kennzeichnendes Merkmal" sei und bleiben müsse, weil sich der Priester "für immer, einzig und allein der Liebe Christi" widme. Nur "im Lichte der Neuheit Christi" könne das Priestertum verstanden werden. Jene, die hierzu erwählt seien, "tun das nicht allein, um an dem priesterlichen Amt Christi teilzuhaben, sondern auch, um sich zu der gleichen Lebensweise zu verpflichten". Paul VI. beschreibt den Zölibat, biblisch begründet und theologisch klar, als "Zeichen einer Liebe ohne jeden Vorbehalt". Der Priester werde durch die "Ganzhingabe" an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn und Seine eine, heilige, katholische und apostolische Kirche Christus stets "ähnlicher". Er weihe sich "dem Dienste Christi und seines Mystischen Leibes": "Es wächst in ihm die Fähigkeit zum Hören des Wortes Gottes und zu innigem Gebet. Denn das von der Kirche gehütete Wort Gottes erweckt im Priester, der es täglich betrachtet, durch sein Leben anschaulich macht und den Gläubigen verkündet, einen sehr starken und tiefgehenden Widerhall." So leihe er, das "göttliche Offizium" betend, "seine Stimme der Kirche", in dem er "zusammen mit Christus betet". Das "ununterbrochene Gebet" sei überhaupt seine vorzügliche Aufgabe: "Der Priester, der ja in der Person Christi handelt, wird inniger mit der dargebrachten Opfergabe verbunden, indem er sein ganzes Leben, das die Zeichen des Versöhnungsopfers an sich trägt, auf dem Altar darbringt." Der Priester stelle Christus dar, nähre den Glauben und die Hoffnung der Christen, die selbst auch dem "Gebot der Keuschheit" folgen sollen.

Der Zölibat sei die Lebensform des Priesters und von der "abendländischen Kirche seit dem Beginn des 4. Jahrhunderts" bestätigt, erweitert und bekräftigt worden: "Vor allem durch das Wirken dieser Hirten und Lehrer der Kirche, der Hüter und Deuter des kostbaren Glaubensschatzes und der christlichen Sittenordnung, wurde die Übung des Zölibats in den folgenden Jahrhunderten gefördert, verteidigt und erneuert, und das auch in solchen Zeiten, wo der Priesterstand selbst und der Verfall der Sitten für Tugend und Heroismus nicht günstig waren."

Paul VI. zitiert seinen verehrten Vorgänger Johannes XXIII., der – vor dem Konzil – im Rahmen der Synode der Diözese Rom unter großem Beifall erklärt hatte:

"Vor allem betrübt es Uns, dass ... manche irrtümlich wähnen, die katholische Kirche habe vor oder halte es für angebracht, das Gesetz des kirchlichen Zölibats abzuschaffen, das Jahrhunderte hindurch der herrliche und strahlende Schmuck des Priestertums war und ist. Das Gesetz des Zölibats und die Sorge um seine treue Beobachtung erinnern immer wieder an die denkwürdigen und berühmten Auseinandersetzungen jener Zeit, in denen die Kirche Gottes hart zu kämpfen hatte und einen dreifachen Sieg davontrug: denn es ist das Kennzeichen für den Sieg der Kirche Christi, alle Kräfte aufzubieten, um frei, rein und katholisch zu sein."

Die "abendländische Kirche" – dankbar dürfen wir heute dieses unschuldige, heute so oft geschmähte Attribut zitieren – solle "nicht wanken in der Treue zu ihrer alten Überlieferung": "Es ist undenkbar, dass sie durch so viele Jahrhunderte einem Weg gefolgt wäre, auf dem sie irgendwie die größere Heiligkeit und Tugend der einzelnen Seelen und des Volkes Gottes eher beeinträchtigt als gefördert hätte, oder dass sie durch übertriebene und allzu strenge Gesetze die freie Entfaltung der verborgenen Güter der Natur und Gnade gehemmt hätte."

Der Zölibat sei weder "widernatürlich" noch ein "Gegensatz" zu "affektiven Bedürfnissen". Paul VI. betont vielmehr, dass der Mensch – und wer wollte das gerade heute in einer weithin sexualisierten Gesellschaft nicht ebenso sehen – Gottes Ebenbild sei, "nicht nur Fleisch", und der "Geschlechtstrieb" sei "nicht das Vorherrschende": "Der Mensch ist auch, ja vor allem, Vernunft, Wille und Freiheit; kraft dieser Fähigkeiten ist er das Haupt des Alls und muss sich selbst als solches betrachten; denn gerade durch diese Fähigkeiten hat der Mensch gelernt, die physischen, psychischen und affektiven Begierden zu zügeln." Der Zölibat fordere Einsicht wie Selbstzucht sowie eine "weise Erhebung zu einem höheren Ideal": "Auf diese Weise trägt der Zölibat, da er den Menschen zu einer wunderbaren Würde erhöht, wahrhaft zur Vollendung des Menschseins und zur höchsten Entfaltung des Tugendlebens bei."

Ebenso fordert der Papst eine aufmerksame Auswahl der Priester: "Das Priestertum ist ein Amt, das von Christus Jesus zum Dienst an seinem mystischen Leib, der Kirche, eingesetzt ist. Deshalb ist es auch Aufgabe der kirchlichen Obern, nur diejenigen zum Priestertum zuzulassen, die sich nach ihrem Urteil dafür eignen, nämlich solche, denen Gott neben den anderen Zeichen der Berufung zum heiligen Dienst auch das Charisma des Zölibats gewährt hat."

Paul VI. übersieht nicht, dass es auch "unglückselige Vorfälle" gebe, die von Priestern ausgingen. Energisch weist er die Auffassung zurück, dass der Zölibat eine mögliche Ursache dafür sei: "Nein, im Gegenteil, der Zölibat ist nicht schuld daran. In Wirklichkeit liegt die Ursache immer darin, dass die Veranlagung eines Priesterkandidaten nicht immer rechtzeitig zuverlässig und klug beurteilt wurde oder dass die Lebensführung solcher Diener des Heiligtums mit den Verpflichtungen eines Lebens der Ganzhingabe an Gott nicht ganz übereinstimmte." Besonders erinnerte Paul VI. auch die Bischöfe daran, das "Ideal des gottgeweihten Zölibats" weise zu lehren. Für ihn war es noch unvorstellbar, dass Bischöfe dagegen opponieren.

Die Gläubigen ruft er auf, für die Priester zu beten: "Alle sollen daher beten; sie sollen bestrebt sein, denen zu helfen, die von Gott zum Priestertum berufen sind; sie sollen ihren Priestern gefällig und in kindlicher Liebe behilflich sein; sie sollen ihnen in verständnisvoller Mitarbeit beistehen, in der Absicht, durch bereitwilliges Aufnehmen ihrer seelsorglichen Bemühungen ihnen Trost zu schenken. Außerdem sollen sie diese ihre Väter in Christus ermutigen, die Schwierigkeiten jeder Art zu überwinden, die ihnen bei der treuen Erfüllung ihrer anvertrauten Aufgaben begegnen, damit sie für alle Menschen das beste Vorbild seien. Alle sollen in lebendigem Glauben und christlicher Liebe den Priestern gegenüber eine tiefe Ehrfurcht und taktvolle Zurückhaltung bekunden, in dem Wissen, dass es sich um Menschen handelt, die ganz Gott und der Kirche geweiht sind." Jeder, Weltchrist wie Kleriker, müsse dem "verkehrten und verwirrenden Weltgeist" widerstehen.

Der Herr vertraute, so Paul VI., die "übermenschliche Aufgabe" der Verkündigung des Evangeliums "einigen wenigen Männern" an.

Der Zölibat ist die Lebensform Jesu Christi und der Apostel. In diesem Sinne schreibt auch Kardinal Walter Brandmüller:

"Der Priester, der am Altar das Opfer Christi feiert, tut dies »in Persona Christi« und kraft des Weihesakramentes, das er durch die Handauflegung des Bischofs empfangen hat. Wer so existenziell in das Erlösungswerk Christi eingebunden ist, sollte er nicht auch in »Persona Christi« leben, die Lebensform seines Meisters übernehmen?"

Abschließend sei daran an dier ersten Worte der Enzyklika "Sacerdotalis caelibatibus" erinnert. Der Papst schreibt, dass die Kirche den priesterlichen Zölibat "wie einen strahlenden Edelstein in ihrer Krone hütet".

Die Enzykliken der Päpste sind sicher ein Pfund, mit dem wir heute wuchern könnten. Sie büßen übrigens ihre Verbindlichkeit auch nicht ein, wenn sie vom Volk Gottes und einigen Hirten übersehen oder absichtlich ignoriert werden. Wir schreiben das Jahr 2019. Möge das päpstliche Lob des Zölibats aus dem Jahr 1967 uns heute Mahnung, Verpflichtung und Auftrag sein. Heiliger Paul VI., bitte für uns!

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