"Jemanden lieben heißt ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat!" (Fjodor Michailowitsch Dostojewski). Das ist unser Trauspruch, den mein Mann und ich uns vor 7 Jahren bei unserer Hochzeit ausgesucht haben. Wir sehen ihn als "Motto" für unsere Ehe an und stellen immer wieder fest, dass er im Kern genau das enthält, was einen durch das gemeinsame Leben trägt. Denn den Partner immerfort so zu lieben wie vom ersten Tag an, ist utopisch und wäre genau genommen sogar schwierig, wenn man davon ausgeht, dass Liebe sich entwickelt, Partnerschaftlichkeit sich entwickelt und spätestens durch das erste Kind, das Leben von Grund auf auf den Kopf gestellt wird.

Da ist es manchmal gut, sich auf das Wesentliche zu besinnen, was den Menschen ausmacht, den man geheiratet hat und vielleicht sogar Gottes Schöpfung in ihm und durch ihn zu sehen, um sich nach dem letzten Streit wieder einander anzunähern.

Man muss sich ja noch nicht mal streiten, um sich voneinander zu entfernen. Manchmal reicht dafür eine stressige Woche, einige Abende, an denen man kaum Zeit hatte, miteinander zu sprechen und schon hat man das Gefühl, man lebt mehr nebeneinander als miteinander.

Tatsächlich ist es ja eine riesige Lebensleistung, es bis ans Sterbebett zusammen geschafft zu haben und immer wieder werden Paare mit großen Ehejubiläen gefragt: "Was ist euer Rezept für die Liebe?"

Eine Postkarte, die ich letztens gefunden habe, titelt über das Bild eines alten Ehepaares auf einer Parkbank: "Wir wurden in einer Zeit geboren, da hat man kaputte Dinge noch repariert, anstatt sie wegzuwerfen!"

Provokant, aber vielleicht gar nicht so unzutreffend…. Mittlerweile kenne ich geschiedene Paare in meinem Alter, die immer ähnliche Geschichten erzählen. Dabei geht es oft um andere Liebhaber, um Unzufriedenheit, um erloschene Liebe und ich komme nicht umhin mich in meine Teenagerzeit zurück versetzt zu fühlen, als man solche Gespräche mit seinen Freundinnen führte. Aber erwachsen werden bedeutet sich doch eben aus dieser Teenagerzeit heraus zu emanzipieren, zu entwickeln, zu reflektieren und spätestens mit der Hochzeit eine Ära der Verantwortung und Beständigkeit einzuläuten.

Mein Mann und ich sind nicht mehr nur Paar, sondern wir sind Eltern, wir sind Tante und Onkel und wir haben große Verantwortung. Das bedeutet nicht, dass es gesund ist, das Paar-Sein aufzugeben oder zu vernachlässigen, gerade die Liebe zwischen den Eheleuten, prägt doch die Entwicklung der Kinder immens. Dennoch ist sie mindestens auf der gleichen Ebene wie das Elternsein anzusehen und in den ersten Jahren der Kinder vielleicht sogar hinter dem Elternsein einzuordnen. Das sind eben jene Lebensphasen, die mal mehr mal weniger Verliebtsein zulassen. Darauf muss man sich einlassen können.

Schockiert hat mich vor Kurzem die Aussage einer Kindergartenbekanntschaft, die mir salopp auf dem Parkplatz erzählte, wie toll sie abgenommen habe, seit der Geburt ihres letzten Kindes und dass sie so dicklich gewesen sei und sich so unwohl gefühlt habe und dass man von den Männern ja auch nicht erwarten könne, dass sie einen so "aus dem Leim gegangen" attraktiv finden. Huch, dachte ich…also sicherlich ist es nett sich auch mal zurecht zu machen, auf sich zu achten und so, aber sich in der Pflicht zu sehen, attraktiv zu bleiben und auszusehen wie am ersten Tag, dafür fand ich in meinem Rollenbild von einer emanzipierten, jungen Frau, keinen Platz.

Das erinnerte mich doch stark an die Handreichung für die gute Ehefrau aus den 1950er Jahren, in der allerhand solcher Dinge stehen, dass man immer nett und adrett gekleidet sein solle, sich nie einen stressigen Tag anmerken lassen solle usw.

Wie gesagt, sich gehen lassen, ist sicher nicht das Ziel, aber diese ganzen Äußerlichkeiten reduzieren die Ehe auf etwas, dass sie nicht ist. Die Ehe ist die Entscheidung für den anderen vor Gott und ein Bund, der unauflöslich und fest zwischen zwei Menschen geschlossen ist.

Ein weiterer Text begleitet uns seit unserer Hochzeit durch unsere Ehe, der Klassiker aus dem Ersten Korintherbrief (1Kor 13,4-13):

Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

Warum lange reden, wenn mit diesem Text eigentlich alles gesagt ist, was eine gute Ehe ausmacht: Erwachsen werden, Verantwortung tragen, glauben, hoffen und lieben!

Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick. 

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