Das PUR magazin kommt zwar aus dem Landkreis Ravensburg, aber an der am 8. Oktober 2017 veröffentlichten "Ravensburger Erklärung" waren wir nicht beteiligt. Darin hatten die katholischen und evangelischen Kirchen in Ravensburg sowie der Oberbürgermeister unter dem Motto "Vom Trennen zum Teilen – Abendmahl für alle" zu gemeinsamer Kommunion und Abendmahl eingeladen und zur öffentlichen Unterzeichnung aufgerufen.

Jetzt, ein Jahr später, musste der katholische Pfarrer Hermann Riedle die Erklärung öffentlich widerrufen. Dies geschah auf Druck von Bischof Gebhard Fürst, der sich in seiner Distanzierung auf das Kirchenrecht berief, welches nicht erlaube, dass grundsätzlich jeder evangelische Christ die Kommunion empfangen dürfe.

In Ravensburg führte dieser Widerruf zu großen Protesten. Fast 200 Enttäuschte zogen in einem Schweigemarsch durch die Innenstadt zum katholischen Gotteshaus. Unter den Teilnehmern waren auch die Pfarrer der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Ravensburg.

Die Protestierer zeigten sich dabei kämpferisch: "Wir lassen uns die Ravensburger Erklärung nicht mehr nehmen!" Auch wenn sich die Organisatoren auf katholischer Seite zunächst als mutige Vorkämpfer der Ökumene fühlten und sich nun als "Opfer" kirchlicher Hierarchie sehen, haben sie doch weder Mut noch Fairness gezeigt.

Im Oktober vergangenen Jahres war ihnen mediale Lobhudelei und Bewunderung zuteil geworden. Mut brauchte es dazu kaum. Unfair war es von Anfang an gegenüber den Gläubigen, die damit Hoffnungen verknüpften, weil die Initiatoren doch wissen mussten, dass sie falsche Erwartungen erzeugten, die unerfüllbar waren und zu Frustration führen würden. Unfair war es auch gegenüber Bischof Gebhard Fürst, da er aufgrund der Lehre der Kirche und auch aufgrund des Kirchenrechts diesem Alleingang niemals seine Zustimmung geben konnte.

Diese Vorwürfe wären nur dann ungerechtfertigt, wenn die Selbstüberschätzung der Ravensburger tatsächlich so groß gewesen sein sollte, dass sie wirklich glaubten, von Oberschwaben aus die Weltkirche neu definieren zu können. Aber mit nur etwa 10 Prozent Kirchenbesuchern im Jahresdurchschnitt sollten die dortigen Verantwortlichen eigentlich nicht ernsthaft annehmen, sie hätten der wachsenden Weltkirche zu zeigen, wie "Kirche der Zukunft geht".

Ravensburgs Oberbürgermeister Rapp erklärte nach dem angeordneten Widerruf populistisch: "Wenn das das Kirchenrecht vorgibt, dann muss man halt das Kirchenrecht ändern".

Aber erstens geht es dabei um das unterschiedliche Eucharistieverständnis und nur nachrangig um das Kirchenrecht.

Zweitens weiß ich nicht, wie Herr Rapp reagieren würde, wollte ich in der Ravensburger Innenstadt entgegen geltendem Baurecht ein Häuschen bauen, und ich würde argumentieren, um meinen Willen durchzusetzen:  "Wenn das das Baurecht nicht zulässt, muss halt das Baurecht geändert werden."

In einer Zeit, in der viel zu viele Mauern entstehen und in der Angst vor Anderen wächst, ist gegenseitige Achtung zwischen Völkern, Rassen und Religionen wichtiger denn je. Aber die Abschaffung der eigenen religiösen Identität und eine Art katholisches "Reichsbürgertum" erscheinen mir dennoch nicht vom heiligen Geist eingegeben.  

Bernhard Müller ist Verleger und Chefredakteur des "Pur Magazin", in dessen Ausgabe 11 / 2018 dieser Kommentar zuerst veröffentlicht wurde. Publiziert bei CNA Deutsch mit freundlicher Genehmigung. 

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