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Wir haben heute ein sehr umfangreiches, inhaltsreiches Evangelium gehört. Um etwas daraus für uns mitzunehmen, teile ich es in drei Teile: erstens Umkehr, zweitens Gericht, drittens Taufe durch Jesus mit Feuer und Heiligem Geist.

Es ist schon wirklich sehr bezeichnend, dass Johannes der Täufer mit dem gleichen Ruf zu Umkehr, zu Bekehrung aufruft wie Jesus. Offenbar stimmt mit der Menschheit etwas nicht. Offenbar sind wir Menschen auf einem falschen Weg. Alle müssen umkehren, nicht nur Verbrecher. Die theologischen Denker haben erkannt: Am Anfang der Schöpfung ist offenbar etwas mit den Menschen schief gegangen. Die Menschen neigen zu Egoismus, das Annehmen des Nächsten und das Lieben macht manchmal etwas Mühe. Man muss über seinen Schatten springen. Den Grund dafür nennen wir den Sündenfall von Adam und Eva. Daher sind alle belastet mit der Tendenz zu Egoismus und zur Sünde und müssen umkehren. Es führt kein Weg daran vorbei. Die heute verbreitete Ansicht, die Menschen seien schon alle in Ordnung, wenn man sie nur machen lässt, ist ein Irrtum. Umkehr ist für alle angesagt, und zwar nicht nur einmal, sondern lebenslang. Und Advent ist nicht nur Zeit der Gemütlichkeit, sondern der Umkehr und der Busse.

Und dann das zweite Stichwort: Gericht. Johannes der Täufer spricht vom Gericht. Uns ist der Gedanke, dass Gott uns richtet, im Allgemeinen unangenehm und fremd geworden. Viele sagen: Einen Gott, der Richter ist, kann ich nicht als Gott anerkennen. Gott ist doch reine Liebe. Aber ich denke: Ein tieferes Nachdenken kann uns helfen. Erkennt der Mensch, wenn er ehrlich ist, nicht selbst seine Defekte, muss er sich nicht selbst zurechtweisen, richten? Dazu braucht er Ruhe und Distanz. Kann der normale Mensch nicht selbst erkennen, wo es bei ihm fehlt?  Natürlich findet er dafür auch sofort seine Entschuldigungen. Er habe ja nur so und so reagiert, weil das alle so tun. Er habe ja nicht lange nachgedacht, er habe sich nur wehren wollen. Er habe sich von einer Weltanschauung überzeugen lassen. Jeder Mensch findet eine Menge Entschuldigungsgründe für seine Defekte. Aber wenn er einmal Zeit hat und ganz still wird und in sich hineinschaut, dann wird er wohl auch selbst erkennen, dass er schuldig geworden ist. Er ist also selbst sein Richter. Er kann von Gott, dem Richter nur um Gnade bitten. Also Gott ist kein Richter, der von außen kommt, sondern er kommt aus dem eigenen Herzen, wenn wir in unser Herz gehen.

Und das dritte Stichwort: Jesus will uns Menschen mit Feuer und heiligem Geist taufen. Mit anderen Worten: Er will uns zu neuen Menschen machen. Er will uns zu Menschen machen, die um die eigenen Fehler wissen, die Fehler überwinden wollen und daher dann das werden, was Menschsein im Gegensatz zum Tier macht, nämlich Menschen für andere. Jesus will uns zu Menschen für andere machen. Und genau das ist das eigentliche Menschsein. Jesus will uns aus dem Kreislauf des Egoismus befreien. Er will uns die eigentliche Freiheit schenken. Nach ihr sehnen wir uns in unserem tiefsten Herzen. Jesus entfremdet uns also nicht uns selbst, sondern will uns zu dem machen, wovon wir im tiefsten Herzen träumen.

Und als Schlussfolgerung für das, was heute viele Menschen bewegt: nicht die Kirche macht Vorschriften, verbietet und gebietet vieles. Es geht uns darum, dass wir so werden wie Gott sich den Menschen vorgestellt hat. Ich denke dabei an die unzähligen Menschen heute, die mit unendlicher Geduld und ohne Bezahlung Andere pflegen. Ich denke auch an Eltern, die sich manchmal sehr mühsam um ihre Kinder kümmern. Ich denke an Menschen, die sich um gesellschaftliche Ordnung kümmern, die einfach ihren Dienst tun.

Menschsein nach dem Willen Gottes ist möglich. Wir werden uns im Himmel vielleicht eines Tages wundern, wer alles neben uns sitzt oder steht. Selbst der Christus-Verleugner Petrus hat es mit Hilfe des Herrn geschafft, ein Mensch aus Feuer und Geist zu werden.

Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gastautoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.

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