Im Rheinland hat sie wieder begonnen, die sogenannte 5. Jahreszeit: Der Karneval. Die Jecken, wie man hier die feiernden Kostümierten nennt, sind auf der Straße, in den Brauhäusern und auf den vielen Veranstaltungen und Sitzungen in der Region.

Auch ich bin wieder mit meinen Töchtern und dem Tanzcorps unterwegs. Wir fahren wieder viele Kilometer von Auftritt zu Auftritt, wobei unser kleiner Verein hauptsächlich Seniorenheime und kirchliche Veranstaltungen wie die der KfD oder des Pfarrkarnevals, ansteuert.

Für mich als begleitende Mutter, die immer die Jüngste im Schlepptau hat, ist diese Zeit sehr anstrengend und Kräfte zehrend. Den Großen möchte ich ihr Hobby ermöglichen und ihre Begeisterung für den Tanzsport fördern, für die Kleine versuche ich diese Zeit der vielen Auftritte (teilweise mehrere an einem Tag hintereinander) so angenehm wie möglich zu gestalten.

Schwierig, wenn man in das ein oder andere Seniorenheim kommt, wo einem oftmals ein unangenehmer Geruch entgegenströmt, die Kleine gerade ein paar Schritte läuft, ansonsten krabbelt, alles anfassen möchte und vor allem ständig irgendwas in den Mund nimmt. Da werde ich als Mutter schnell zur obersten Hygienepolizei, wasche ihr ständig die Hände und versuche ihr dennoch Bewegung zu ermöglichen.

Und dann sind da ja noch die Bewohner, für die die Auftritte des Tanzcorps ein ganz besonderes Highlight im Jahr sind. Die müden Augen klaren auf, die Köpfe heben sich, ein Lächeln huscht über die teils mürrischen Gesichter. Wenn ich dann mit der Kleinen noch an der Hand in das Foyer komme, die grinsend in die Menge tapst, dann füllen sich die Gesichter der Senioren mit einer Mischung aus Begeisterung, Wehmut, Rührung und fast alle erzählen mir von Früher.

Sie beginnen Späße zu machen, klatschen begeistert zur Musik und freuen sich, wenn die Kleine auch mit macht. Sie wippen mit den Füßen, kommen richtig in Bewegung und selbst lethargisch wirkende Senioren, erfüllt der Anblick der freundlichen kleinen Maus mit Leben.

Wie schön muss es früher gewesen sein, als es selbstverständlich war in Mehr-Generationenhäusern zusammen zu wohnen. Als die Alten am Leben teilnahmen, den Kindern beim Spielen zu schauen konnten und die Kinder sogar von den Alten lernen konnten.

Kinder und Alte können doch so sehr voneinander profitieren, wie schade ist es, dass viel zu wenig Kontakt zwischen den Generationen herrscht. Vereinzelt gibt es schon großartige Projekte, bei denen sich ein Kindergarten und ein Seniorenheim in einem Haus befinden und viele gemeinsame Projekte stattfinden. Kinderstimmen hallen durch die Gänge und machen den tristen Alltag lebendiger, beim gemeinsamen Kochen zeigen die Senioren den Kindern geschickte Handgriffe und beim Musizieren singen Alt und Jung zusammen.

Ich bin absolut überzeugt davon, dass dieser alltägliche Austausch unter den Generationen, für beide Seiten optimal und förderlich ist.

So finde ich es in Seniorenheimen oftmals recht deprimierend und freue mich immer sehr daran, dass die Kinder mit ihrem Auftritt zwanzig Minuten Fröhlichkeit in die Gesichter zaubern.

Dann vergesse ich auch immer kurz meine innere Hygienepolizei und lasse die Kleine durch die Reihen tapsen, vorbei an ausgestreckten Händen, an Biergläsern, von Männern, die sich freuen, wenn sie mit ihrer Flasche zurück „prostet“ und an Menschen, die sie mit viel Einsatz zum Mitklatschen animieren wollen.

Wenn wir am Ende dann winkend das Foyer verlassen, haben wir zwar Hände gewaschen, haben aber auch den Staub des Alltags aus den Gesichtern gewaschen und hinterlassen fröhliche Menschen, denen ein kleines Mädchen ein Stückchen Lebensfreude zurückgegeben hat.

 

Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick. 

Das könnte Sie auch interessieren: