Wir wollen unserer Tochter zur Einschulung eine Armbanduhr schenken. Bunt, gut lesbar, ein Klassiker in der Schultüte.

Auf der Suche nach schönen Modellen, präsentierte sich das Internet mal wieder von seiner tückischen Seite, denn neben meinen gesuchten Kinderuhren, wurden mir auch GPS-Uhren angezeigt. Mit Hilfe von einer App kann ich so jeder Zeit meine Tochter live verfolgen.

Jetzt war ich verunsichert. Die Suchergebnisse und die Kommentare zu den Produkten suggerierten mir, dass heute gar kein Kind mehr ohne Tracking-Uhr in die Schule gehen sollte. 700m sind es von unserer Haustür bis zur Grundschule, die sollte sie eigentlich mit ihren Freundinnen gemeinsam laufen, jetzt sollte ich also virtuell dabei sein.

Ich recherchierte weiter im Internet, wurde nun auch mit kritischen Stimmen konfrontiert, die in den GPS Uhren eine Gefahr für die gute Eltern-Kind-Bindung sahen, andere, die den Eltern Kontrollwahn vorwarfen und wieder andere, die erklärten, dass die Statistik für Entführungen zwar gegen diese Uhren spräche, aber schließlich niemand das eine Kind haben wolle, dass dann schlussendlich entführt würde.

Das berühmte Engelchen saß auf meiner einen Schulter und redete mir gut zu, bestärkte mich darin, dass die Große wunderbar alleine laufen könne, wohingegen das Teufelchen auf meiner anderen Schulter fortwährend mögliche Gefahren aufzählte und mir ins Ohr zischte, dass ich auf keinen Fall diese Errungenschaft der Technik ablehnen darf.

Mein Mann und meine Eltern wurden schließlich zu eifrigen Diskussionspartnern, aber so richtig auflösen konnte ich diese Dilemmasituation für mich nicht.

Dann hatten die Kinder ihren Abschlussgottesdienst im Kindergarten. Sie zogen in Zweierreihen mit ihren Ranzen singend in die Kirche ein "Unser Freund heißt Jesus Christ, weil er immer bei uns ist…!"

Sie sangen das "Vater Unser", die Erzieherinnen sangen für die Kinder die "Irischen Segenswünsche" und dann wurden die Ranzen gesegnet. Das Weihwasser prasselte auf die Ranzen, jedem Kind legte der Diakon seine Hand auf, wir Eltern standen dahinter und hatten unsere Hände auf den Schultern unserer Tochter und segneten sie ebenfalls.

In diesem Moment purzelte das Teufelchen mit einem lauten Knall von meiner Schulter und ich spürte ein wunderbares Gefühl aufsteigen. So ein Schwachsinn mit dieser GPS-Uhr, das Kind ist jetzt gesegnet, es hat Freundinnen, mit denen es gehen wird und ich habe alle Gefahren des Weges im Straßenverkehr mit ihr besprochen und geübt. "Du schaffst das, meine Große!" dachte ich.

Als die Kinder wieder ihre Ranzen schulterten, sich zum Auszug aufstellten und sangen: "Behutsam will ich dir begegnen, dir zeigen, du bist nicht allein. Der Engel Gottes wird uns segnen, als Licht an unsrer Seite sein…", da flossen natürlich vor Rührung bei allen Eltern Tränen, aber gleichzeitig blickten wir alle unseren Kindern nach, wie sie stolz und singend aus der Kirche gingen und nun mit Gottes Hand ihren Weg gehen können.

Wie viel so ein Segen ausmachte, dachte ich und ich erinnerte mich daran, wie lange mir der abendliche Segen meiner Eltern wichtig gewesen war, ohne den ich nicht einschlafen konnte: "Es segne und behüte dich der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist-Amen!"

 

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