Letztens hatte unsere Große einen Kumpel aus dem Kindergarten zu Besuch. Sie war im Vorfeld total aufgeregt, weil sie unsicher war, ob er überhaupt etwas zu Spielen finden würde. Als er dann da war, führte sie ihn durchs Haus und zeigte ihm alles, womit er als Junge spielen kann: "Schau, hier müssten wir noch irgendwo ein paar Dinos haben!"…. "oder hier, schau, da sind die Autos." Er ging nickend hinterher und schließlich landeten beide am Maltisch. Ich musste grinsen, denn ich sah den beiden auch eine engagierte Genderbeauftragte folgen, die ihnen mit erhobenem Zeigefinger erklärte, dass es kein mädchen- oder jungenspezifisches Spielzeug gibt.

Kinder organisieren ihre Umwelt in Kategorien. So versuchen sie sich zu orientieren und eine Vorstellung davon zu entwickeln, was gut und böse, richtig und falsch ist. Bei der Ich-Entwicklung, zu der eben auch die Entwicklung einer Geschlechtsidentität gehört, spielt sowohl jene Kategorisierung, als auch eine klare Abgrenzung von sich zu anderen eine Rolle. Mädchen leben besonders betont das Weibliche, Jungen das Männliche. Nuancen, unterschiedliche Ausprägungen und individuelle Schwerpunkte, sind dabei natürlich auch zu finden. So gibt es auch Mädchen, die ihre Prinzessinnenphase nur kurz oder kaum ausleben, um sich mit ihrem Glitzertraum in Rosa klar als Mädchen zu positionieren. Genauso gibt es Jungen, zu denen sicher auch der Kumpel unserer Größten zählt, die weniger Wert auf wildes Raufen, als vielmehr auf geselliges Malen am Maltisch legen. Die verabreden sich dann aber eben auch gerne mit Mädchen, als mit Jungen.

Bei aller Individualität verläuft eine gesunde Geschlechtsentwicklung nun mal in die eine oder in die andere Richtung. So mache ich immer wieder die Beobachtung, dass Mädchen und Jungen einfach unterschiedlich, entsprechend ihrem Geschlecht, agieren. Unsere Mittlere würde man eher als Wildfang bezeichnen. Dennoch saß sie mit anderen Mädchen während der letzten Hochzeit, auf der wir waren, in der Kirche auf dem Boden und lauschte begeistert der Musik der Kirchenband, während sich hinter ihnen die Jungen mit dem Ringkissen vermöbelten.

Jetzt ruft das wieder alle Genderforscher auf den Plan, die einwenden, dass von Mädchen dieses Verhalten erwartet wird, dass wir Eltern die Kinder dahingehend erziehen, dass sie bestimmte Verhaltensweisen mit ihrem Geschlecht verbinden. Ich finde es grundsätzlich gut, wenn man Mädchen und Jungen mit einer gewissen Offenheit erzieht, was die Geschlechterrolle betrifft, dennoch sehe ich es als völlig unnatürlich an, hingegen jedweder Intuition, rollenspezifisches Spielverhalten aufbrechen zu wollen. Ich glaube, es hat eher etwas mit der gesamten Erziehungsleistung zu tun, mit der Zeit, die man sich für seine Kinder nimmt, damit sie sich angenommen fühlen, verstanden und geliebt. Denn ich gestatte meinen Töchtern exzessiv im rosa Balletttrikot herum zu springen, dennoch erzählte mir meine mittlere Tochter vor Kurzem noch, das stärkste Kind ihrer Kindergartengruppe sei sie.  Da soll mal einer sagen, sie sei ein Püppchen. "Stark" ist nämlich angeblich überhaupt kein Attribut, mit dem man landläufig ein Mädchen beschreibt…sagen die Genderforscher…und prompt kommt meine Tochter daher und verkündet genau dies lautstark.

Meines Erachtens ist dieser ganze Zirkus rund um Genderforschung das Ergebnis der gesellschaftlichen Entwicklung, in der Normen und Werte keinen Konsens mehr erfahren, in der Eltern keine Zeit mehr für ihre Kinder haben dürfen und "Hausfrau" weit oben auf der Hitliste des "Unwort des Jahres" rangiert. Nun versucht man die Dinge zu ordnen, am besten ein bisschen mit Innovation zu würzen, warum dann also nicht altbewährte Geschlechteridentitäten aufbrechen und den Leuten erzählen, was richtig und was falsch ist.

Ja, es ist gut, wenn darauf geachtet wird, dass niemand abgehängt wird oder in der Schule leistungsmäßig hintenansteht. Gilt das aber nicht einfach für alle, unabhängig ihres Geschlechtes und bedarf es nicht einfach selbstbewusster Eltern, die ihren Kindern Stabilität mitgeben und sie so unabhängig ihres Geschlechtes zu starken Kindern machen?

Ich habe letztens der Jüngsten begeistert an ihrem Motorikwagen aus Holz die Seite mit den Holzschrauben und dem Schraubenschlüssel gezeigt. Denn wo ich Genderforschern Recht gebe ist, dass man nur gut finden oder ablehnen kann, was man kennengelernt hat. Fand sie auch ganz interessant, sie hat dann aber lieber versucht ihrer Puppe die Mütze anzuziehen und ihr den Schnuller zu geben. Und jetzt?

Lasst Kinder doch einfach Spielen, zeigt ihnen, dass sie so wie sie sind wunderbar sind und dass ihr sie bedingungslos liebt, egal wieviel Junge oder Mädchen in ihnen steckt! Dann kann man auch im rosa Tanztrikot das stärkste Kind des Kindergartens sein!

 

Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick. 

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