Ab dem heutigen Sonntag wird die Grabtuch Ausstellung "Wer ist der Mann auf dem Tuch? Eine Spurensuche" in der Liebfrauen-Überwasser-Kirche zu Münster eröffnet. Seit 2013 ist diese Wanderausstellung unterwegs; ein Unterfangen, das sehr zu begrüßen ist, weil es den Besuchern eines der größten Wunder der Christenheit näherbringt: das Turiner Grabtuch. 

Dabei werden die verschiedenen Forschungs-Ergebnisse, die in den letzten Jahrzehnten rund um die Grabesreliquie erhoben worden, zusammengetragen und dem in den Evangelien überlieferten Passionsbericht gegenübergestellt.  Besucher der Ausstellung können sich so durch eigene Anschauung und Überlegung davon überzeugen, wie evident die wissenschaftlichen Indizien dafür sind, dass der Mann auf dem Grabtuch wirklich Jesus Christus ist. Dies geschieht unter anderem durch eine originalgetreue Nachbildung des Tuchs und eines 3D-Modells des darauf abgebildeten Körpers sowie weiteren Passions- und Grabesreliquien, wie Dornenkrone und Nägel. Das ist, wie gesagt, sehr zu begrüßen.

Angesichts dieser Herangehensweise verwundert es schon, dass die zweite hochbedeutende Grabesreliquie - das in Johannes 20, 6-7 erwähnte Schweißtuch Jesu Christi, von dem Erzbischof Bruno Forte aus Chieti-Vasto sagt, dass es "mit moralischer Gewissheit" mit dem Schleier von Manoppello identisch ist - daneben nur einen marginalen Raum einnimmt. Schließlich erwähnt der Evangelist Johannes beides: die Leinenbinden (Grabtuch) und noch prominenter das Schweißtuch, das im Grab "auf dem Haupt Jesu gelegen hatte", bevor der Text davon spricht, dass auch "der andere Jünger, den Jesus liebte" das Grab betrat und "sah und glaubte" (dass Jesus von den Toten auferstanden war). Während Turin den toten Jesus zeigt, sehen wir in Manoppello den Auferstandenen. Beide Tücher sind somit komplementäre Gegenstände und repräsentieren die ganze Wahrheit des Ostermorgens. Recht betrachtet ist das Schweißtuch sogar die wichtigere Grabesreliquie, weil – wie schon der heilige Augustinus sagte – es nichts Besonderes sei, daran zu glauben, dass Jesus gestorben ist. Das glaube schließlich jeder: "Das Wichtige ist, daran zu glauben, dass er von den Toten auferstand." Oder anders gesagt: Nicht der Tod bezeugte ihn als Sohn Gottes, sondern die Auferstehung!

Trotzdem konzentriert sich die Ausstellung immer noch vor allem auf das Grabtuch, dessen Entstehung zugegebenermaßen wunderbar genug ist. Rätselhaft! Weniger rätselhaft wird es, wenn man weiß, dass es unter den ernstzunehmenden Reliquienforschern eine Fraktion gibt, die die Existenz der Schweißtuchs einfach in Abrede stellt und im Schleier von Manoppello ein Gemälde der Renaissance zu erkennen glaubt. Das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht der Besucher dieser Ausstellung wäre es aber auch gewesen, den Schleier von Manoppello wesentlich umfassender dargestellt vorzufinden, dass sie sich selbst ein differenziertes Bild der "wahren Ikone" (Vera Ikon) vom Antlitz Christi machen könnten. Stattdessen wird ihnen - aus welchen Gründen auch immer - diese Information vorenthalten. 

Da passt es ganz gut, dass am kommenden Sonntag "Omnis Terra" Kardinal Gerhard Ludwig Müller, sowie Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto und Erzbischof Salvatore Joseph Cordileone von San Francisco dem Schleier von Manoppello ihre Reverenz erweisen wollen und damit eine Ergänzung zum – bei aller Kritik erfreulichen – Ausstellungsbeginn in Münster setzen. Denn wie gesagt: Tod und Auferstehung Christi sind die Kernbotschaft des christlichen Glaubens. Lässt man eine dieser "Komponenten" weg, dann zeigt man nur die halbe Wahrheit.

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Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten der Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch. Letztes Update 14. Januar 2019.