Bußliturgie beim Krisengipfel: 'Vater, ich habe gesündigt'

Papst Franziskus nahm an der Bußliturgie beim Krisengipfel im Vatikan am 23. Februar 2019 teil
Vincenzo Pinto/AFP/Getty Images

Mit einer Gewissensprüfung und Bußliturgie haben sich Papst Franziskus und rund 190 Bischöfe aus aller Welt gemeinsam dem Versagen der Kirche gestellt, ihre Sünden bekannt, die zu der Kirchenkrise geführt haben, und Reue bekundet. In der Sala Regia des Apostolischen Palastes baten sie Gott um Vergebung für den Verrat an der Lehre der Kirche und den Menschen in ihrer Obhut durch so viele Priester, Bischöfe und Kardinäle, die missbraucht, vertuscht und geschwiegen haben.

"Wir müssen prüfen", so der Papst während der Liturgie, "wo konkrete Maßnahmen für die Ortskirchen, für die Mitglieder unserer Bischofskonferenzen, für uns selbst erforderlich sind. Dies erfordert, dass wir die Situation in unseren Ländern und unser eigenes Handeln ehrlich betrachten."

Seinen Worten folgend, las ein Lektor eine Reihe von Fragen, unterbrochen von Pausen der Reflektion und Prüfung des Gewissens der Teilnehmer des Krisengipfels im Vatikan.

Gestellt wurden Fragen über das eigene Versagen und sündhafte Verhalten:

"Wie sind wir in der Kirche meines Landes mit Bischöfen, Priestern, Diakonen und Ordensleuten umgegangen, die wegen sexueller Übergriffe angeklagt sind? Welche Missbräuche wurden gegen Kinder und Jugendliche durch Geistliche und andere in der Kirche meines Landes begangen?"

Die Kardinäle und Bischöfe wurden auch aufgefordert, darüber nachzudenken, was "ich über die Menschen in meiner Diözese weiß, die von Priestern, Diakonen und Ordensleuten missbraucht und verletzt wurden".

Die Bischöfe wurden aufgefordert, ihr Gewissen hinsichtlich der Reaktion der Kirche in ihrem Land und des Umgangs mit denjenigen, die missbraucht wurden, zu überprüfen.

"Wie sind wir mit denen umgegangen, deren Verbrechen festgestellt wurden? Was habe ich persönlich getan, um Ungerechtigkeit zu verhindern und Gerechtigkeit herzustellen? Was habe ich nicht getan?"

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Die letzten Fragen blickten in die Zukunft: "Welche Maßnahmen haben wir in meinem Land ergriffen, um neue Ungerechtigkeiten zu verhindern? Haben wir daran gearbeitet, in unserem Handeln konsequent zu sein? Waren wir konsequent? Habe ich in meiner Diözese getan, was möglich ist, um den Opfern und denen, die mit ihnen leiden, Gerechtigkeit und Heilung zu bringen? Habe ich vernachlässigt, was wichtig ist?"

Nach der Gewissensprüfung machten die Bischöfe und andere religiöse Führungspersönlichkeiten ein Schuldbekenntnis und beteten: "Herr Jesus Christus, wir bekennen, dass wir sündige Menschen sind."

Nach jedem der neun Bekenntnisse beteten sie gemeinsam: "Kyrie, eleison."

"Wir bekennen, dass Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute in der Kirche Kindern und Jugendlichen Gewalt angetan haben und dass es uns nicht gelungen ist, diejenigen zu schützen, die unsere Fürsorge am meisten brauchten."

Sie gestanden, die Schuldigen gedeckt zu haben und die Geschädigten zum Schweigen gebracht zu haben, das Leiden der Opfer nicht anerkannt oder ihnen geholfen zu haben, und dass "wir Bischöfe oft unserer Verantwortung nicht nachgekommen sind". Sie schlossen, indem sie um die Barmherzigkeit Jesu Christi und um Vergebung für diese schweren Sünden baten.

Die Bußliturgie umfasste auch das Beten von Psalmen und anderen Gebeten; und Musik von einem begabten Violinisten, der auch sein eigenes Zeugnis als Missbrauchsopfer ablegte.

Die Bischöfe hörten auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn und eine Predigt von Erzbischof Philipp Naameh von Tamale, dem Vorsitzenden der ghanaischen Bischofskonferenz.

In seiner Predigt stellte Naameh fest, dass es für Bischöfe und Ordensleute "fast selbstverständlich" ist, Sündern über das Gleichnis vom verlorenen Sohn zu predigen, aber zu vergessen, die Schrift auf sich selbst anzuwenden.

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"Wie der verlorene Sohn im Evangelium haben auch wir unser Erbe gefordert, es bekommen, und jetzt sind wir damit beschäftigt, es zu verschwenden", sagte er. "Die aktuelle Missbrauchskrise ist Ausdruck dessen."

"Zu oft haben wir geschwiegen, in die andere Richtung geschaut, Konflikte vermieden", sagte der Bischof. "Wir haben damit das uns entgegengebrachte Vertrauen verspielt - insbesondere im Hinblick auf den Missbrauch im Verantwortungsbereich der Kirche, der in erster Linie in unserer Verantwortung liegt."

"Wir haben den Menschen nicht den Schutz gewährt, auf den sie Anspruch haben, haben Hoffnungen zerstört, und Menschen wurden in Leib und Seele massiv verletzt."

Er wies darauf hin, dass genau wie der verlorene Sohn seinen guten Ruf verloren hat, auch die anwesenden Entscheidungsträger der Kirche nicht überrascht sein dürfen oder sich gar darüber beschweren, dass sie dasselbe erleben, einschließlich Kritik, Misstrauen und dem Entzug finanzieller Unterstützung.

"Niemand kann sich davon befreien, niemand kann es sagen: Aber ich persönlich habe nichts falsch gemacht", sagte er. "Wir sind eine Bruderschaft, wir tragen Verantwortung nicht nur für uns selbst, sondern auch für jedes andere Mitglied unserer Bruderschaft."

"Was", fragte er, "müssen wir anders machen, und wo sollen wir anfangen? Lasst uns noch einmal auf den verlorenen Sohn im Evangelium schauen."

"Für ihn beginnt sich die Situation zum Besseren zu wenden, wenn er beschließt, sehr bescheiden zu sein, sehr einfache Aufgaben zu erfüllen und keine Privilegien zu verlangen. Seine Situation ändert sich, wenn er sich selbst erkennt und zugibt, einen Fehler gemacht zu haben, dies seinem Vater gegenüber gesteht, offen darüber spricht und bereit ist, die Konsequenzen zu akzeptieren", sagte der afrikanische Oberhirte.

"Es liegt ein langer Weg vor uns", schloss er und sagte, dass die Bischöfe, wie der verlorene Sohn es tun musste, "unsere Brüder und Schwestern in den Gemeinden und Gemeinschaften gewinnen, ihr Vertrauen zurückgewinnen und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit uns wiederherstellen müssen, um zur Errichtung des Reiches Gottes beizutragen".

Hannah Brockhaus trug zur Berichterstattung bei.

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