Nicht komplizierte Theologie, auch  nicht schwere Lyrik waren die Ausdrucksweisen von Pater Flavian. Er war als typischer Kapuziner ein einfacher Mann mit einfachen und klaren Worten.

Bevor er bei Vinzentinerinnen und nach einem Schwächeanfall in einem Seniorenheim seine letzten beiden Lebensjahre verbrachte, wirkte er bis zum Weggang der Kapuziner im Jahr 2018, über zwei Jahrzehnte als Wallfahrtspater von "Ave Maria" in Deggingen auf der Schwäbischen Alb.

Wenige Monate vor seinem Tod erschien sein "Opuskulum", ein kleines Bändchen mit einigen seiner unzähligen Gedichte. Sie sind sein Vermächtnis an viele, die ihn kannten. 

In einem seiner frühen Gedichte erinnert er sich an seine Mutter. Sie starb, als ihr Sohn Otto gerade 16 Jahre alt war. Als Schüler des damals noch existierenden Internates der Kapuziner in Bensheim, dem "Fidelis-Kolleg", schrieb er als 19 jähriger das Gedicht "Deine Mutter":

"Der gute Geist in jedem Haus,

das ist das Mutterherz,

es sorgt für dich tagein, tagaus

in Freud und auch in Schmerz.

Es kennt nicht Ruh noch Müßigkeit,

hat keine Zeit dafür,

ist milde Schlichterin im Streit,

auch dafür danke ihr.

Läßt Gott sie lange bei dir sein,

dann dank für dieses Glück

und liebe sie durch folgsam sein,

zu spät denkst du zurück.

Wenn Gott sie ruft, so hadre nicht,

sie ist ja doch bei dir

mit ihrer Lieb, du siehst sie nicht,

und sorget weiter hier.

Dann denke auch in stiller Stund'

an sie oftmals zurück,

voll Lob und Rühmen sei dein Mund,

sie schenkte dir viel Glück."

Otto Ascher wurde am 4. März 1935 im Sudetenland geboren. Mit seiner Familie wurde er 1946 aus ihrer Heimat vertrieben und kam in den Westen. Bald nach dem frühen Tod seiner Mutter starb auch sein Vater. Nachdem Otto seine Schulbildung abgeschlossen hatte, wurde er 1957 Kapuziner. Bei der Einkleidung in Stühlingen erhielt er den Ordensnamen Flavian. 

Nach Ablegung der Einfachen Profess studierte er an den Kapuzinerhochschulen in Krefeld und Münster Philosophie und Theologie. Er legte am 17. September 1961 die Feierliche Profess ab und wurde am 24. August 1963 zum Priester geweiht. Sein apostolisches Wirken als Kapuzinerpater folge danach in den Klöstern Krefeld, Werne, Bensheim, Bebra und Ottersweier. 1992 fand er in Deggingen seine neue und letzte klösterliche Heimat. 

Hier notierte Pater Flavian, da er bereits seine Kräfte schwinden sah, rückblickend dankbar auf sein Leben zurück:

"Vor fünfundsechzig Jahren

schrieb ich die Verse hin,

hab Freud und Leid erfahren

und doch ich dankbar bin,

dass mich auf allen Wegen

begleitet Gottes Huld

mit ihrem reichen Segen.

Er hat mit mir Geduld.

Er ist mein lieber Vater,

hab mich ihm anvertraut.

Der Geist ist mein Berater,

helfend er auf mich schaut.

Jesus, der mich erlöst hat,

ihm dank ich allezeit,

als Priester ihm zu dienen,

bin ich auch gern bereit.

Ich weihte mich Maria

nach meiner Eltern Tod,

seither ist sie mir Mutter,

bittet für mich bei Gott.

Wie war ich doch so glücklich

an ihrem Gnadenort,

muss ich nun wirklich scheiden,

muss ich von hier nun fort?

Allein Gott kann es fügen,

wie es wird weiter sein,

er wird mich nicht betrügen,

ich füge mich darein."

Pater Flavian Ascher ist am 24. November in Deggingen verstorben. Im Totenbrief schrieben die Kapuziner über ihren Mitbruder: 

"Unter den Mitbrüdern nannte man ihn immer wieder ‚den guten Pater Flavian‘ und griff damit ein positives Urteil auf, das viele Menschen von diesem geduldigen und einfühlsamen Ordensmann hatten." 

Der letzte irdische Wunsch von Pater Flavian ging in Erfüllung. Am 1. Dezember 2020 wurde er nach dem Requiem in seiner Wallfahrtskirche "Ave Maria" in Deggingen, auf dem daneben liegenden Klosterfriedhof beigesetzt.


"Pater Flavian erzählt" ist im Manuela Kinzel Verlag erschienen und hat 136 Seiten.

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