"Seelsorge für das Leben" reagiert auf "Kultur des Todes": Bischof Algermissen im Gespräch

Bischof Heinz-Josef Algermissen
Bistum Fulda

Am Freitag wurde die neue Lebensschutzorganisation "Seelsorge für das Leben" gegründet. CNA Deutsch sprach mit dem neuen Vorsitzenden von "Seelsorge für das Leben", dem ehemaligen Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen.

Wieso ist gerade jetzt die Zeit reif für die Gründung von "Seelsorge für das Leben"?

Bischof Algermissen: Dieses Jahr 2022 könnte entscheidend dafür werden, wie wir als Gesellschaft mit dem Leben an seinem Beginn und an seinem Ende umgehen. Einige Zeit ging es vor allem um das Lebensende, bei dem in der Politik und in den Medien einer vermeintlichen Selbstbestimmung das Wort geredet wurde, als wäre es der höchste Ausdruck menschlicher Freiheit, sich etwa bei schwerer Krankheit selbst zu töten.

Jetzt hat man verstärkt den Beginn des menschlichen Lebens ins Visier genommen. Und auch hier wird, wie am 24. Juni 2021 im Beschluss des Europäischen Parlaments, im Zusammenhang mit dem "Recht auf Abtreibung" mit der "Selbstbestimmung " argumentiert: dass ein Kind nur dann erwünscht ist, wenn es zur persönlichen und beruflichen Situation "passt".

Die Gründung von "Seelsorge für das Leben" ist sozusagen eine Antwort von Seiten der Kirchen auf die sich breit machende "Kultur des Todes" (Papst Johannes Paul II.) und auf alle die ethischen Dammbrüche der letzten Jahre, um das Evangelium des Lebens zur Sprache zu bringen. Jedenfalls: Eine Gesellschaft, die achselzuckend und gleichgültig auf das Selbstbestimmungsrecht verweist, ist nicht frei. Sie ist zynisch.

"Seelsorge für das Leben" wählt einen ökumenischen Ansatz, nicht einen explizit katholischen. Warum?

Der ökumenische Ansatz ist fundamental angesichts des immer wieder feststellbaren Versuchs, die Kirchen in ethischen Fragen auseinander zu dividieren und damit das gemeinsame Zeugnis zu schwächen und zu verdunkeln.

Wie können sich Seelsorger angemessen für den Lebensschutz einsetzen – angefangen beim ungeborenen Kind bis hin zur Sterbehilfe bei alten Menschen?

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Seelsorgerinnen und Seelsorger müssen sich zunächst (theologisch und medizinisch) kundig machen, um im Diskurs der fundamentalen Fragen um das menschliche Leben ernst genommen zu werden. Da gibt es eine große Aufgabe für die Aktion "Seelsorge für das Leben".

Seelsorger helfen Menschen, aber dafür müssen sie entsprechend ausgebildet werden. Wo sehen Sie Schwachstellen – natürlich besonders im katholischen Bereich – und wie können diese behoben werden?

Wichtig für alle, die sich in der Aktion einsetzen, ist fachliches Wissen und geistliche Überzeugung. Dazu muss auch ein Wort des Hl. Augustinus umgesetzt werden: "In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst."

In den USA ist "Priests for Life" auch politisch stark präsent. Streben Sie ein derartiges Profil auch in Deutschland an?

Zunächst ist mir überzeugende Basisarbeit auf der Ebene unserer christlichen Gemeinden wichtig, dann auch politische Präsenz.

Wäre es im Sinne einer Seelsorge für das Leben geboten, dass alle Bischöfe deutlich gegen Abtreibung eintreten, beispielsweise wenigstens einmal pro Jahr in einer Predigt oder durch Teilnahme am Marsch für das Leben?

Ich kann nur für die deutschen katholischen Bischöfe sprechen: Alle sind deutlich und eindeutig gegen Abtreibung. In einer Predigt das zu thematisieren oder auch am "Marsch für das Leben" teilzunehmen, wäre ein klares Bekenntnis zur eigenen Überzeugung und sehr gut.

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