"Das Böse darf und wird nicht das letzte Wort haben": Mit dieser dramatischen Aussage hat der deutsche Militärbischof erklärt, warum er angesichts des russischen Angriffs das deutsche Umdenken in der Sicherheitspolitik unterstützt. 

Die "neue Realität", so Bischof Franz-Josef Overbeck (57) gegenüber der "Rheinischen Post" am heutigen Freitag, "bedeutet, mit der Wirklichkeit eines Krieges nicht nur zu rechnen, sondern auch damit umgehen zu müssen".

Der Essener Bischof hat diese Woche auch die zusätzlichen 100 Milliarden Euro Ausgaben für die Verteidigung begrüßt.

Zwei entscheidende Fragen

Wie aber damit der Bundeswehr konkret geholfen wird, ihrer Rolle – auch als Bündnispartner – wieder gerecht werden zu können? Das ist nur eine entscheidende Frage angesichts des neuen Kriegs in Europa. Mit der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz einer Kehrtwende in Berlin ist es noch lange nicht getan: Deutschland steht nach Einschätzung von Oppositions-Politiker Friedrich Merz (CDU) vor einem "Scherbenhaufen der deutschen und europäischen Außen- und Sicherheitspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte".

Eine andere – nicht weniger entscheidende – Frage ist die Rolle, die "Staatsbürger in Uniform" in der Coronavirus-Krise, bei Hochwasser und anderen Notfällen leisten: Warum wird das Engagement junger Menschen für den Klimaschutz und Solidarität, für Umwelt und Sicherheit nicht grundsätzlich aufgenommen und als Pflicht umgesetzt, wie der starke Bundesfreiwilligendienst und "FSJ" bereits als "Kür" anbieten? 

Wer das eine nicht gegen das andere ausspielen will, wird eine gemeinschaftliche Lösung suchen. Eine solche könnte die Einführung eines "Allgemeinen Gesellschaftsdienstes" sein.

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) spricht sich für die Einführung eines solchen "Allgemeinen Gesellschaftsdienstes" aus.

Keine "reine Wehrpflicht"

Die Ausführungen der Bundesministerin für Verteidigung im ZDF, in denen sich Christine Lambrecht (SPD) gegen die Wiedereinführung einer "reinen Wehrpflicht" ausgesprochen hatte, sich aber wohlwollend für ein "allgemeines Engagement für diesen Staat" geäußert hat, greife die GKS auf, um erneut dazu aufzurufen, über die Einführung eines verpflichtenden Allgemeinen Gesellschaftsdienstes in Deutschland zu diskutieren.

Bereits im Jahr 2018 hat sich die GKS für eine zügige Planung und Einführung einer solchen allgemeinen Dienstpflicht für junge Männer und Frauen ausgesprochen.

Vorbild Frankreich

Das von der GKS entwickelte Modell, das sich an der Idee des in Frankreich praktizierten Service National Universel orientiert, umfasst dabei vielerlei Einsatzmöglichkeiten die im Bereich der Bundeswehr, aber auch des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie im sozialen und caritativen Bereich liegen können. So ist es auch vorstellbar, Teile der Dienstpflicht im europäischen Ausland abzuleisten und damit zum Erhalt einer robusten, wehrhaften und gesellschaftlich-engagierten Demokratie auf europäischer Ebene beizutragen.

Die Einführung eines Allgemeinen Gesellschaftsdienstes ist dabei aus Sicht der GKS nicht nur der Ausdruck der seit dem Angriffskrieg Russlands gegenüber der Ukraine drastisch veränderten Sicherheitslage in Deutschland, Europa und der Welt. Sie ist auch als Antwort auf die Lehren aus der Corona-Pandemie zu verstehen. So musste die Bundeswehr an vielen Stellen Amtshilfe leisten, um die bestehenden personellen Lücken im Katastrophenschutz sowie im sozialen Bereich zu schließen.

Ein allgemeiner Gesellschaftsdienst könnte solche Situationen zukünftig vermeiden und zusätzlich dazu beitragen, dass das Interesse für Berufe im sozialen Bereich gefördert und diese für unsere Gesellschaft wichtigen Tätigkeiten wieder mehr in den Blickpunkt junger Menschen gerückt werden.

Qualitätskontrolle statt "prekäre Verhältnisse"

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"Es ist an der Zeit, offen und vorbehaltlos über die Einführung eines allgemeinen Gesellschaftsdienstes für unsere jungen Männer und Frauen zu diskutieren und einen Weg zu finden. Wir als Gemeinschaft Katholischer Soldaten setzen uns dafür ein".

Die GKS weist in einem Thesenpapier zudem darauf hin, dass viele junge Menschen die Zeit zwischen Schule und Ausbildung bzw. Studium nutzen, "um sich in einem Freiwilligendienst zu engagieren, mehrmonatigen Auslandsreisen zu unternehmen oder im Rahmen von "work and travel" unterwegs zu sein".

Die Ausgestaltung der bereits vorhandenen freiwilligen Angebote bleibe dabei bisher häufig den jeweiligen Anbietern völlig überlassen. Eine Qualitätskontrolle finde nur spärlich statt, so dass manche Angebote eher prekären Arbeitsverhältnissen ähnelten "und mitnichten eine win-win-Situation für alle Seiten darstellen".

Die Chance der gezielten Weiterbildung und Förderung der jungen Menschen werde so häufig vertan.

Europäischer Dienst? 

In der Bundeswehr ist längst eine weitere Realität angekommen, die der Ukraine-Krieg mit blutiger Brisanz bestätigt hat – und seit der Pandemie zum Alltag gehört: Verteidigung und Sicherheit sind in Europa nur gemeinsam erreichbar. 

Wenn britische und deutsche Pioniere zusammenarbeiten, die deutsche Marine mit niederländischen kooperiert,  französische und deutsche Piloten gemeinsam Hubschrauber fliegen – dann muss die Frage gestellt werden, warum dies etwa mit einem ökologischen Dienst der Länder im Alpenraum nicht überfällig ist. 

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