Vor einiger Zeit saßen wir in unserer Mütterrunde mit den Kindern zusammen, aus losen Kontakten sind mittlerweile enge Freundschaften entstanden, als eine Mutter erzählte, sie sei als Taufpatin angefragt worden und ob wir wüssten, was ihre Aufgaben seien. Gleich im Anschluss sprach sie mich ganz direkt an und fragte, ob unsere Töchter getauft seien. Ich war aus mehreren Gründen kurzzeitig überrumpelt. Zum einen fiel mir auf, dass wir uns scheinbar nie über Glauben unterhalten hatten, dann merkte ich anhand ihrer Frage zur Taufe unserer Töchter, dass ich auch scheinbar keine besondere Religiosität ausstrahle und dann unterhielten wir uns zum ersten Mal über Gott.

Obwohl ich erst einmal aus meiner Überraschung heraus „Ja, klar“ antwortete auf die Frage zur Taufe, merkte ich schnell, dass in unserer Runde scheinbar gar nichts „klar“ ist. Die Freundin, die als Taufpatin angefragt war, erzählte dann, dass ihre Tochter nicht getauft sei, sie sei zwar katholisch, aber ihr Mann erklärter Atheist. Bäm-was ne Aussage…

Verrückt. Da trifft man sich einmal in der Woche, unterhält sich auch privat und persönlich, tauscht Sorgen aus, hat auch mal Trost gesucht, es wurde nach einer durch wachten Nacht, weil drei Zähne gleichzeitig kamen, ein Tränchen vergossen, aber wir hatten uns nie über das Wesentliche unterhalten. Jetzt würden vermutlich schon alle Beteiligten diskutieren, ob Glaube denn überhaupt das Wesentliche ist. Ich denke, ja!

Ich fragte mich allerdings, wieso ich davon ausging, dass wir alle dasselbe glaubten oder auf demselben Stand seien. War das mein Tunnelblick oder war es doch das, was alle ausstrahlten und wo sich „Werte leben“ und Glaube in irgendeiner Grauzone vermischen? Karl Rahner prägte den Begriff des „anonymen Christen“, also jemanden, der im Prinzip wie ein Christ lebt, sich aber selbst weder so bezeichnet noch davon weiß, dass er wie ein Christ lebt.

Nun steht für mich diese Aussage dem Verkündigungsauftrag eines jeden Christen gegenüber und nur weil jemand sich sozial adäquat verhält, ist er eben noch kein Christ. Das ist man tatsächlich qua Taufe und das ist auch gut so, da das Christentum eben von jener bewussten, freiwilligen Entscheidung im Wesentlichen geprägt ist. Jene Freiheit spiegelt eben Gottes bedingungslose Liebe wider.

Nun saß ich da mit meinem Verkündigungsauftrag und meiner kurzfristigen Sprachlosigkeit, ob dieser neuen Thematik für unsere Runde. Schließlich hatten wir ein gutes Gespräch darüber, was uns Glauben bedeutet, wie wir Glauben leben und dann auch darüber, was die Aufgaben einer Taufpatin sind. Das war dann wieder schwierig, weil sie tatsächlich die einzige im Umfeld der Taufeltern ist, die wenigstens noch auf dem Papier katholisch ist. Doch ihre Rolle in der Glaubensbildung ihres Patenkindes mit Leben zu füllen stand dann wieder auf einem anderen Blatt.

Ich fragte mich auf dem Heimweg, inwiefern die Kirche heute in der Verantwortung ist, Eltern auf dem Weg zur Taufe anders zu begleiten, als es vielleicht vor einigen Jahren noch nötig gewesen ist.

Vor einigen Jahren haben wir bei uns in der Pfarrei in einem Ausschuss darüber gesprochen, wie der Zugang zu den Sakramenten gestaltet ist. Kommunion und Firmung werden groß angekündigt, es gibt monatelange Vorbereitungskurse, schriftliche Einladungen an alle und zum Schluss eine zentrale feierliche Messe mit anschließendem Sektempfang. Das hat was-da kommen die Leute hin. Auf die Idee sein Kind taufen zu lassen, muss allerdings jeder selber kommen. Die Taufen finden im Familienkreis in privaten Messen statt, die Gemeinde sieht die Täuflinge nicht und die Eltern können ihr Kind taufen lassen, ohne je Kontakt zur Gemeinde oder anderen Taufeltern gehabt zu haben.

Alle unsere drei Kinder sind in katholischen Krankenhäusern zur Welt gekommen. Nie haben wir einen Vertreter der Gemeinde, der Kirche oder dem pastoralen Dienst gesehen. Dabei wäre es so einfach Eltern zu ihrem Kind zu gratulieren und sie einzuladen in die Gemeinschaft der katholischen Kirche, da gerade sie auf der Suche sind nach Halt, nach Sinn und Werten, die sie ihrem Kind mitgeben wollen.

Vielleicht spiegelt das alles aber auch die zunehmende Anonymisierung unserer Gemeinden wider. Als mein Mann die Taufe unserer frisch geborenen Tochter nur 3 Wochen nach ihrer Geburt anmelden wollte, gab es erst mal große Verwunderung im Pfarrbüro. Bürokratische Hürde war die noch fehlende Geburtsurkunde, dann die Frage, warum wir so früh taufen lassen wollten, das wäre heute aber ungewöhnlich.

Mmmh, was ein Erstkontakt zur Kirche. Wenn ich nicht wild entschlossen gewesen wäre und vielleicht mit einigen Unsicherheiten und Berührungsängsten dort angerufen hätte, hätte ich mich vielleicht abschrecken lassen.

Kirche soll also wieder einladender werden und sie braucht Menschen, die andere Menschen an die Hand nehmen, sie begleiten und so tatsächlich greifbar machen, was wir mit der communio meinen, in die jeder Mensch mit der Taufe aufgenommen wird.

Mit meiner Freundin habe ich dann auch nochmal alleine gesprochen und sie gefragt, wie das für sie ist, dass ihre Tochter nicht getauft ist und ihr Mann nicht nur neutral, sondern negativ der Kirche gegenübersteht. Sie wusste keine richtige Antwort darauf und kannte auch nicht den Grund für seine Ablehnung. Es war aber für sie Anreiz darüber nachzudenken und mit ihm darüber zu sprechen. Verkündigung wäre hier jetzt etwas zu viel gesagt, aber wir sind im Gespräch und das ist wohl das Beste, was Menschen mit Überzeugungen tun können.

Alle bisherigen Blogposts von Elisabeth Illig finden Sie hier im Überblick

 Das könnte Sie auch interessieren:

Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansicht des Autors wider, nicht unbedingt der Redaktion von CNA Deutsch.