Das war doch mal positiv! Ton und Atmosphäre des Regionaltreffens des Synodalen Weges in München am vergangenen Freitag waren weitaus freundlicher und lockerer als bei der ersten Synodalversammlung, zuweilen blitzte sogar Heiterkeit auf. Wenn die Versammlung auch weiterhin politischen Charakter hat und von fröhlicher, geschwisterlicher Kirche nach wie vor wenig spürbar ist, es weiterhin an Transparenz mangelt: Das hat mich nicht mehr umgehauen, ich war darauf vorbereitet. Und diese Offenheit, die sich auch in den Pausen bei Plaudereien zeigte, war wirklich schön. Dieses Mal wurde jedem zugehört. Ich glaubte meinen Ohren nicht als am Morgen ein gewisser geistlicher Tiefgang die Beiträge kennzeichnete. Es ging um die Begegnung mit Gott, darum, dass Menschen Klarheit und Tiefe wollen, fragen, wie man wirklich Christ wird und darum, dass Kirche nicht nur irgendein Betriebssystem ist.

Leider war’s damit aber schon. Alles andere war wie erwartet. Die Forderungen nach einer neuen, bequemen Sexuallehre kamen sogar entschiedener und drängender und wurden wie Pistolenschüsse immer wieder abgefeuert. Beim Frauenthema verlegte sich die Forderung von der Priesterweihe für Frauen auf Laienpredigten. Ein bewusster Schwenk nach den letzten Papstschreiben? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls gibt es für sie keine Kompromisse: Sie wollen die Homilie, die Predigt innerhalb der Messe.

Klar ist, dass die Progressisten weiterhin ihr Ziel klar vor Augen haben. Klar ist, dass die Gräben zwischen zwei Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Standpunkten abgrundtief sind und die Mehrheit das Sagen hat: Die kirchliche Lehre gehört radikal geändert und zeitgeisttauglich aufpoliert. Die Mehrheit plädiert unter der Prämisse von Toleranz, Liebe und Glaubwürdigkeit begeistert dafür, dass die Lehre der Kirche umgekrempelt wird. Sünde wird eliminiert. Aus Kirche wird Kuschelkirche. Bald können wir jubeln: Heilig werden war noch nie so einfach! 

Besonders ein Homosexueller traf ins Schwarze, als er bei der Diskussion über Sexualität den Anfang machte - und damit dem weiteren Gesprächsverlauf einen Stempel aufdrückte: Auf sein hoch emotionales Zeugnis über sein aktives Leben als Homosexueller mit einem Partner und seinen Forderungen nach einer Anpassung der Sexuallehre an das homosexuelle Leben folgte langes tiefes Schweigen; nein erst kam der Applaus wie das Amen in der Kirche. Dann die Stille.

Was sollte und durfte man jetzt überhaupt noch sagen zum Thema Sexualität und Kirche? Natürlich hat Kirche Fehler gemacht und muss sich entschuldigen, aber muss man gleich eine ganze Lehre den Lebensformen der Welt anpassen, damit Sünde nicht mehr Sünde ist und jeder die Sexualität leben kann, wie er will? Darin scheinen sich die meisten Synodalen, inklusive viele Bischöfe, einig zu sein. Wer dann keusch leben wolle, solle es eben tun, sagte eine junge Teilnehmerin. 

Bewusst wiesen einige darauf hin, dass heutzutage besonders diejenigen diskriminiert und gemobbt werden, die keusch leben und mit der Sexualität warten bis zur Ehe. Es war ein seltsames Gefühl und kostete Mut, überhaupt noch etwas anderes zu sagen als die Meinung der Masse abzubilden, in der Heilige wie Johannes Paul II. und seine Theologie des Leibes keinen Platz zu haben scheinen. Immerhin werden Alternativmeinungen aus dem Forum ins Papier mit aufgenommen.

Dennoch rollt der Synodale Weg unbeirrt und schnurstracks weiter in Richtung Kirche der ungeahnten Möglichkeiten. Mir ist immer noch nicht klar, warum sich die katholische Kirche so sehr der protestantischen angleichen soll. Die Protestanten haben in den letzten Jahrzehnten 2 Millionen mehr Gläubige verloren als die Katholiken, und das, obwohl es dort wie im Schlaraffenland nichts gibt, was nicht geht: Frauenpriester, Scheidungen, neu heiraten, Sex vor der Ehe, Priester heiraten.

Ich vermisse feste Zeiten für stilles Gebet und echtes Ringen um das Erkennen von Gottes Willen, ich wünsche mir, dass wir betende statt redende Kirche werden und auch die Gedanken von Heiligen und Kirchenvätern mehr miteinbeziehen. Ich traue mich kaum noch zu fragen, ob wir im Rahmen einer Versammlung nicht eine Messe feiern könnten – wenigstens zusätzlich zu den Wortgottesfeiern. Geht es überhaupt noch darum, Christus zu begegnen und auch andere für Christus zu begeistern? Selber erfüllt zu sein von der Liebe den Herrn, zu brennen für IHN?

Das Schockerlebnis von der ersten Versammlung im Januar ist einem Gefühl des "ok, not chance" gewichen; Parteipolitik statt lebendige Kirche. Das ist die Zukunft? Ich fühle mich einerseits hilflos, andererseits erfüllt mich immer wieder eine große Freude und Hoffnung:

Der tiefe Riss, der die katholische Kirche spaltet, tut weh. Aber wir haben doch immer noch Jesus. Und er ist diese so gewaltig große Hoffnung, dass wir uns doch freuen können!! Gott hat seine Kirche in der Hand. Er wird seine geliebte Kirche niemals untergehen lassen. Wenn jemand einen guten Plan hat, dann er. Darum dürfen wir glauben und vertrauen, dass auch dieser Synodale Weg in seinem Plan der Liebe enthalten ist. Und irgendwann wird die Kirche doch wieder blühen. Denn Kirche, das ist nicht der Synodale Weg allein. Irgendwann werden immer mehr Menschen Gott erkennen als den, der uns eine ewige Heimat gibt, voller Hoffnung, Liebe und einem Glauben, der ein Anstoß sein wird zur Faszination über reine Liebe, ungeahnte Schönheit, glücksbringende Wahrheit. Vielleicht ist die Kirche gerade wie eine kleine Knospe, aber sie wird blühen und der Glaube als Bündnis der Liebe Gottes wird sich zur vollen Pracht entfalten!

Sämtliche Tagebucheinträge von Dorothea Schmidt zum "Synodalen Weg" finden Sie hier in der Übersicht. 

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