Der Botschafter des Souveränen Malteserordens zur Überwachung und Bekämpfung des Menschenhandels bedauerte, dass die Pandemie Covid 19 von der Misere des Menschenhandels ablenkt. Er rief Regierungen dazu auf, die Dinge ins rechte Licht zu rücken. Ich sprach mit Professor Michel Veuthey in Genf, der seit November 2011 stellvertretender ständiger Beobachter des Malteserordens bei der UNin Genf 

und seit 2017 auch als Botschafter zur Überwachung und Bekämpfung des Menschenhandels eingesetzt wurde. Da der Frieden eine Voraussetzung für die Sicherheit ist, einschließlich des Menschenhandels, fragt ich ihn, ob die aktuelle Pandemie und die Auswirkungen der Covid 19 Regeln und Vorschriften eine Bedrohung für den Frieden darstellen?    

Michel Veuthey,  Abgesandter des Malteserordens zur Beobachtung und zum Kampf gegen Menschenhandel: "Wissen Sie, der Frieden ist ein sehr komplexes Thema welches aus unterschiedlichen Komponenten besteht.  Ich nenne hier an erster Stelle die Denkweise, den Geist. Natürlich ist die Gesundheit ein wichtiges Thema. Natürlich ist Sicherheit ein wichtiges Thema, aber ich würde sagen, mehr als Gesundheit und Sicherheit brauchen wir den Geist des Respekts für andere Menschen, also den Geist der Zusammenarbeit, der wichtiger ist als jedes andere Thema, denn mit einem Geist des Respekts, mit einem Geist der Zusammenarbeit, können wir tatsächlich viele Probleme bewältigen... einschließlich Covid-19."

Menschen müssen nicht über Grenzen transportiert werden, damit Menschenhandel stattfindet. Tatsächlich definiert der Transport oder die Verlegung des Opfers den Menschenhandel nicht - er kann innerhalb eines einzelnen Landes oder sogar innerhalb einer einzelnen Gemeinde stattfinden. Menschen können auf vielfältige Weise gehandelt und ausgebeutet werden, z. B. durch sexuelle Ausbeutung, Arbeit, Betteln, Kriminalität (z. B. Drogenhandel), häusliche Knechtschaft, Heirat oder Organentnahme.

Die COVID-19-Pandemie hat Menschenleben, die Weltwirtschaft und die Bildungssysteme verwüstet.  Immense finanzielle Not für Familien, die massenhafte Bewegung von Menschen und die Schließung von Schulen sind Umfeld in dem der Menschenhandel gedeiht. 

Michel Veuthey: Definitiv!  Leider verschlimmert es die Verwundbarkeit der Opfer, es verschlimmert die Anfälligkeit  der Einzelperson,  es verschlimmert die Empfindlichkeit der Gesellschaft, und es stellt auch Hindernisse für die Hilfe und den Schutz der Opfer dar.  Deshalb denke ich, dass Covid-19 ein sehr ernstzunehmendes Thema ist jedoch nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Impfung gesehen werden sollte, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Respekts und der Zusammenarbeit. Respekt für jeden Menschen und besonders für die Opfer von Menschenhandel, denn sehr oft sind die Opfer von Menschenhandel Menschen, die nicht genug Schutz, nicht genug Hilfe erhalten. 

Heutzutage wo die Gesundheitssysteme, und sogar die Regierungschefs durch die Covid-19-Pandemie überfordert und ganz vereinnahmt sind, sage ich, das es wichtiger denn je ist eine neue  Betrachtungsweise zu entwickeln und die Dinge ins rechte Licht zu rücken und zu sagen: Jeder hat ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben, jeder hat ein Recht nicht nur auf Anerkennung, sondern auch Respekt für seine Gesundheit, Respekt für seine Arbeit, Respekt für seine Unterkunft, für seine Nahrung,  kurzum Ehrfurcht vor seinem Leben."

Viele Prominente wie z.B. Hollywood-Star Ashton Kutcher setzen sich gegen den Menschenhandel, moderne Sklaverei ein. So sagte er 2017 vor dem Ausschuss für auswärtige Beziehungen des US-Senats über die Beendigung moderner Sklaverei und Menschenhandel aus. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf einen oft unterschätzten Aspekt des Menschenhandels 

Schauspieler Ashton Kutcher: "Kinder in Pflegefamilien sind viermal mehr gefährdet, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden. Das ist ein Nährboden für Menschenhandel, das verspreche ich Ihnen, das ist ein Nährboden für Menschenhandel." 

Während Strafverfolgungsbehörden, Philanthropen und der private Sektor bei der Bekämpfung des Menschenhandels sehr wichtig sind, scheint die wichtige Rolle einer Gruppe, obwohl sie an vorderster Front dieses Kampfes steht, nicht verstanden oder gewürdigt zu werden: Glaubensbasierende Organisationen. 

Michel Veuthey: "Ich war schon immer der Meinung , daß glaubensbasierte Organisationen unterschätzt werden, dass sie nicht auf dem Radarschirm der Massenmedien erscheinen ...obwohl sie doch eine so wichtige, großartige Arbeit leisten. Sie leisten nicht nur regional wichtige Arbeit sondern sie sind auch weltweit gut vernetzt. Und besonders in der jetzigen Zeit und bei all dem, was jetzt passiert, brauchen wir eine werteorientierte Gesellschaft. 

Wir brauchen wertebasiertes Handeln. Wir brauchen Menschen, die zusammenarbeiten können. Das ist es, was der Malteserorden tut, indem er versucht, mit anderen religiösen Organisationen zusammenzuarbeiten, nicht nur mit Katholiken, nicht nur mit Christen, sondern auch mit Muslimen, Hindus und vielen anderen, weil wir glauben, dass es wichtig ist mit denen zusammen zu arbeiten mit denen wir viele Werte teilen... den Respekt vor dem Leben, und dem Respekt vor der Menschenwürde. Und das gilt auch für den Kampf gegen den Menschenhandel." 

Alle religiösen Traditionen, alle spirituellen Traditionen teilen die goldene Regel, und die goldene Regel wird auf zwei Arten ausgedrückt , nämlich 'Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.'  und die negative Fassung die auch ist als gereimtes Sprichwort bekannt ist: 

"Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu."

Botschafter Veuthey appeliert an die Regierungen es ernst zu meinen mit der Verhütung und Strafverfolgung von Menschenhandel. 

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Michel Veuthey: "Wir fördern die Sklaverei (also auch Menschenhandel) indem wir konsumieren, indem wir Gegenstände und Dienstleistungen kaufen, die nicht sklavenfrei sind. Einige Leute werden Ihnen sagen, oh ja, ich weiß genau, was wir brauchen, eine strafrechtliche Verfolgung von Menschenhändlern, ich würde sagen, warum nicht? Ich würde nicht sagen, dass es eine Priorität für den Malteserorden ist. Aber ich kenne Leute, Anwälte, auch Richter die ganz klar der Meinung sind, das ist ein Weg."

Am  2. Dezember 2014 war der Tag an dem die Internationale Erklärung gegen die moderne Sklaverei von Papst Franziskus, vom Erzbischof von Canterbury, von orthodoxen, protestantischen, muslimischen, hinduistischen und buddhistischen geistlichen Oberhäuptern unterzeichnet wurde. Sie alle forderten damals die Abschaffung des Menschenhandels bis 2020, also letztes Jahr.

Überflüssig zu sagen, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Es gibt also noch viel harte Arbeit für diejenigen, die den Menschenhandel bekämpfen, wie Botschafter Veuthey. 

Die Priorität im Aktionsplan des Malteserordens ist es, das Bewusstsein zu schärfen, denn es gibt immer noch zu viele Menschen, die sich dieses Verbrechens nicht bewusst sind, das keine Grenzen kennt und sogar in  jedem unsere Städte in Deutschland passieren kann, ja passiert. . 

Botschafter Veuthey wies darauf hin, daß besonders der Malteserorden, als religiöse Institution für die Opfer beten müsse, "und wir müssen für die Bekehrung der Menschen beten, die dieses Verbrechen begehen." 

Papst Franziskus mahnte in einem seiner 'Papst Videos' 2019, daß selbst wenn wir versuchen es zu ignorieren, die Sklaverei nicht der Vergangenheit angehöre.   

 "Angesichts dieser tragischen Realität können wir nicht unsere Hände in Unschuld waschen, wenn wir nicht Komplizen dieser Verbrechen gegen die Menschheit sein wollen, "so Papst Franziskus , "Wir dürfen nicht ignorieren, dass es auch heute Sklaverei in der Welt gibt;  so viel oder vielleicht sogar mehr als früher. Beten wir darum , das alle, die dem Menschenhandel und der Zwangsprostitution zum Opfer gefallen sind mit offenen Armen in unserer Gesellschaft aufgenommen werden. 

Der Menschenhandel in Zahlen: 51% der identifizierten Opfer von Menschenhandel sind Frauen, 28% Kinder und 21% Männer - 72% der in der Sexindustrie ausgebeuteten Menschen sind Frauen -  63% der identifizierten Menschenhändler sind Männer und 37% Frauen - 43% der Opfer werden innerhalb der Landesgrenzen gehandelt. (Schätzungen des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung  -UNODC.


Original Interview aufgenommen in Genf von Ignatius Mugwagwa. Redaktion, Übersetzung, Moderation und Schnitt : Christian Peschken für EWTN.TV.

Hinweis: Dieser Blogpost – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch.  

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