Wird der Zika-Virus genutzt, um Frauen Angst zu machen und für Abtreibung zu werben?

Eine schwangere Frau
Pexels via Pixabay (Gemeinfrei)

Es soll Frauen Angst machen und unter dem Deckmantel des Virus die Abtreibung in Südamerika durchsetzen: Mit dieser Kritik haben Vorsitzende von Lebensschutzorganisationen in Lateinamerika auf die Forderung des Vorsitzenden der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) reagiert, für Frauen, die mit dem Zika-Virus infiziert sind, schnellere Abtreibungen zu ermöglichen.

In einer Stellungnahme vom 26. April beschrieb der Generalsekretär der OAS, Luis Almagro, den Ausbruch von Zika in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern als "Chance auf gleiche Rechte" und betonte, im Fall infizierter  schwangerer Frauen "könne man den legalen Schwangerschaftsabbruch rechtfertigen."

Diese Rechtfertigung, erklärte Almagro, bestehe in "der Lebensgefahr für die Mutter aus der Sicht ihrer Würde, der materiellen Bedingungen ihres Lebens und ihrer Existenz, aber vor allem ihre Fähigkeit, Entscheidungen selbständig über ihr Leben und ihre Gesundheit sowie die Zukunft ihren Nachtwuchs und ihre Kernfamilie zu treffen."

Die OAS ist eine Organisation aller 35 unabhängigen Staaten auf dem amerikanischen Kontinent, mit dem selbst-erklärten Ziel der Förderung von Demokratie, Menschenrechten, Sicherheit und Entwicklung.

Der erste Fall einer Zika-Erkrankung auf dem amerikanischen Kontinent wurde im Mai 2015 aus Brasilien gemeldet. Seitdem verbreitete sich das Virus über Lateinamerika bis in die Vereinigten Staaten.

Der Zika-Virus wird am häufigsten durch die Aedes aegypti-Fliege übertragen. Die Infektion verursacht normalerweise keine ernste Krankheit, aber es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Virus und der Mikrozephalie: Einem Defekt, bei dem Kinder mit abnormal kleinen Köpfen und oft mit einer verzögerten Entwicklung des Gehirns aufwachsen; es scheint, dass die Infektion von der schwangeren Mutter auf ihr ungeborenes Kind übertragen werde.

"Wiederaufleben einer eugenischen Mentalität"

Gegenüber CNA sagte Jesús Magaña von der kolumbianischen Bürgerplattform "Vereinigt für das Leben" als Reaktion auf die Erklärung des OAS-Generalsekretärs, dass "wir erneut das Wiederaufleben der eugenischen Mentalität beobachten."

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Nach dem Dafürhalten Magañas möchte die OAS die Zika-Epidemie nutzen, und das "nicht mit einem Blick auf die Gesundheit der schutzlosesten Bevölkerungsschichten, der ärmsten Frauen, aber vielmehr, um die Kinder der Armen zu vernichten, um die Armut  durch Vernichtung, durch Abtreibung der Armen loszuwerden."

Und Luis Losada Pescador, Kampagnenleiter der internationalen Lebensschutzplattform CitizenGo, kritisierte auch, dass dieOAS  "in ihrer Erklärung über das 'Ausnutzen der Möglichkeit' für das, was sie 'gleiche Rechte' nennen, redet."

"Wo ist das Recht auf Leben, das in Artikel IV der Interamerikanischen Konvention über Menschenrechte anerkannt wird? Stimmen die Mitgliedsstaaten dem zu, dass diese internationale Organisation die Mandate umgehen kann, um einer ideologischen Agenda zu folgen?" fragte er.

Marcos León, Vizepräsident der Lebensschutzgeneration in Paraguay, nannte den Vorfall wörtlich "eine völlige Schande". Der Generalsekretär der OAS dürfe sich nicht für Abtreibung einsetzen, "während er einer Organisation vorsteht, deren Hauptziel die Verteidigung fundamentaler Menschenrechte ist".

"Es kann nicht hingenommen werden, dass angesichts eines Problems wie Zika, dessen wahre Lösung in Vorbeugungsmaßnahmen und der Ausrottung der Vektorfliege liegt  und auf der Erziehung der Bürger und das Wecken ihres Bewusstseins liegt, dass die freiwillige Beseitigung von Menschen wieder als eine 'Lösung oder Linderung' des durch diese Krankheit verursachten Übels vorgeschlagen wird", betonte er.

"Man kann nicht über das Recht auf Tötung eines Menschen reden, nur weil er vorübergehend im Mutterleib ist, der so wehrlos ist, dass er sich nicht verteidigen kann und uns Erwachsene braucht", sagte Karla Martínez del Rosal de Rodríguez von der Lebensschutzpastoral der guatemaltekischen Erzdiözese Santiago de Guatemala.

Nach Meinung der guatemaltekischen Leiterin des Lebensschutzes "kann man nicht über Gleichheit sprechen, wenn über das Lebensrecht willkürlich entschieden wird; das leben ist das grundlegendste aller Rechte. Es wurde in der Universalen Erklärung der Menschenrechte anerkannt und  durch den Pakt von San José [der Interamerikanischen Konvention über die Menschenrechte] ratifiziert."

Unklarer Zusammenhang zwischen Virus und Mikrozephalie

Julia Regina de Cardenal von der salvadorianischen "Ja zum Leben"-Stiftung wies darauf hin, die wahren Zahlen widerlegten, dass die Fälle von Mikrozephalie, die mit dem Zika-Virus in Verbindung stehen, hoch seien.

Laut  dem britischen Fernsehsender BBC wird geschätzt, dass ein Prozent der Frauen, die während ihrer Schwangerschaft an Zika erkrankt waren, ein an Mikrozephalie erkranktes Kind gebären werden. Brasilianische Ärzte erzählten jedoch "dem britischen Fernsehsender BBC, nicht weniger als 20 Prozent der von Zika betroffenen Schwangerschaften zu einer Reihe weiterer Formen von Gehirnschädigungen am Baby im Mutterleib führen werde"; Regina de Cardenal kritisierte, dass "die Abtreibungslobby diese Gesundheitskrise ausnutzt, um die Abtreibungsindustrie zu legalisieren", und erinnerte daran, "dass das ungeborene Baby ein Recht hat, zu leben, auch wenn es an einer Krankheit oder einem Geburtsfehler leidet."

Panikmache als Taktik?

Sara Larín, Vorsitzende der Bewegung "VIDA SV" in El Salvador, sagte, dies "ist nicht das erste Mal, dass die Organisation Amerikanischer Staaten versucht, mit der Taktik des Furcht-Einflößens in lateinamerikanischen Ländern Abtreibung durchzusetzen."

Die Lebensschützerin weiter: "Sie machten es mit dem Thema Überbevölkerung, und nun gebrauchen sie mit großem Opportunismus die Gesundheitskrise rund um Zika, um betroffenen schwangeren Frauen Angst einzuflößen", sagte sie.

Der Vorsitzende der Lebensschutzplattform "ArgentinosAlerta", Martín Patrito, warnte, dass "eine schlechte Politik, einer Menge Ideologie, und ein wenig Wissenschaft seitens internationaler Organisationen wie der Organisation Amerikanischer Staaten und der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen im Spiel sind."

"Die Mikrozephalie hat zahlreiche Ursachen, es existieren eine Menge weiterer Viren, die sie verursachen können, und die Auswirkungen vieler Pestizide wurde noch nicht untersucht. Und auf jeden Fall muss die Fliege bekämpft werden, nicht die Kinder."

Der Ausbruch des Zika-Virus führte in den USA auch zu Debatten über das Helms Amendment, das Hilfen der US-Regierung zur Finanzierung von Abtreibungen ausschließt, wenn sie an außeramerikanische Firmen geleistet wird, die auf dem Gebiet der Reproduktionsgesundheit arbeiten.

Eine Impfung gegen Zika muss noch entwickelt werden, aber es gibt Vorschläge, dass eine Infizierung der Fliegen mit einem Bakterium helfen könnte, die Ausbreitung von Zika zu verhindern.