In seinem neuen Buch, das der Autor Paul Badde unter dem Titel „Die Lukas-Ikone. Roms verborgenes Weltwunder“ im Christiana-Verlag herausgebracht hat, nimmt er uns an die Hand und führt uns auf der Suche nach der ältesten vom Evangelisten Lukas gemalten Marienikone – derjenigen der Maria Advocata – durch sein bewegtes Leben. Von Land zu Land, von Kloster zu Kloster, von Kirche zu Kirche hat er sich auf die Suche begeben, immer wieder von Kennern auf weitere Ikonen hingewiesen, immer wieder auf neue Spuren gesetzt.

In Polen suchte er, in Mexiko, in Jerusalem, wohin ihn seine Korrespondententätigkeit verschlagen hat, und er hoffte, in Rom das Geheimnis um die älteste Ikone lüften zu können. Viele haben ihm auf der Suche geholfen, unbekannte Zeitgenossen, die in der Stille eines Klosters durch ihr kontemplatives Leben in der Anbetung Gottes ihr Lebensziel zu erreichen hoffen, aber auch bekannte Literaten und Wissenschaftler, die ebenfalls den Urgrund ihres Lebens zu entdecken hoffen. In der Gemeinschaft der Sinnsucher bewegte sich der Autor, um sich dem Ziel seines jahrelangen Bemühens nähern zu können, unverdrossen und angetrieben aus einem tiefen Glauben heraus, der seit seiner Kindheit sein Leben bestimmt hat. In anrührenden Worten gedenkt er voller Dankbarkeit und Liebe, aber auch Ehrfurcht seiner Eltern, die ihn auf diesen Weg geführt haben. In den Reminiszenzen an seine Eltern lässt der Autor durchscheinen, wie prägend ein christliches Familienleben sein kann, ja, wie wichtig die einfühlsame Seele der Eltern für die Weitergabe des Glaubens ist – dieses Vorbildsein, das die Kinder zur Nachahmung anzuregen imstande ist.

Der Autor hat sich auf eine lebenslange Suche nach der ältesten Lukas-Ikone begeben. Im Alter – endlich – konnte er sich von den beruflichen Zwängen lösen und sich ausschließlich dieser Suche hingeben. Auf ihr bewegt sich der Autor nicht nur von Ort zu Ort, er lässt uns auch teilhaben an seinen Überlegungen über das Wesen der Ikone, über das „Schreiben“ dieser Bilddokumente. Diese sind mehr als nur die Darstellung einer Person, viel mehr als nur ein Porträt – sie sind Ausdruck einer Frömmigkeit und ein Dokument des Glaubens, aus dem heraus der Künstler die Ikone der Welt geschenkt hat. Es sind heilige Bilder, die nicht in erster Linie die Kirchenräume und Andachtsräume verschönern sollen, sondern einen spirituellen Gedanken in sich tragen und deshalb den Betrachter zur frommen Reflexion anregen möchten. Auch wenn Ikonen jetzt oft profane Räume schmücken – sie sind trotzdem als liturgische Gegenstände immer Teil eines Gottesdienstes, schließlich wurden sie auch von Gebeten begleitet geschrieben, so wie der Priester Gebete sprechen soll, wenn er die liturgischen Gewänder anlegt.

Auch wenn sich Badde auf die Suche nach einer Ikone begeben hat, die der Apostel Lukas gemalt haben soll, weiß er, dass Lukas nur der Legende nach als Maler angesehen wird – nur aus dem Wunsch heraus, die Ikone, da der Urheber unbekannt ist, als von einem sehr guten Künstler geschaffen bezeichnen zu können. Wer diese Ikone tatsächlich gemalt hat, verliert sich im Dunkel der Geschichte und in der gewollten Anonymität der Ikonenmalerei. Da in den Anfängen des Christentums auf den Ikonen und Bildern keine Menschen abgebildet werden sollten, gleichwohl aber Porträts gemalt worden sind, nahm der Volksglaube an, dass es sich um einen mystischen Künstler gehandelt haben müsse. Die Nennung des Apostels ist deshalb eher eine Metapher, mit der nicht nur höchstes Lob ausgesprochen, sondern auch die namenlose Kunst aus der Anonymität herausgehoben und benannt werden soll, schließlich soll durch den Verweis auf den Apostel Lukas die Sphäre der Transzendenz und der Immanenz, aus der das Bildwerk nach dem Glauben des Volkes stammen muss, sinnbildlich aufgezeigt werden.

Auf seiner Suche stellt uns Badde eine Vielzahl von bekannten, aber auch selbst Eingeweihten unbekannten Ikonen vor und ermöglicht uns Lesern, diese näher kennenzulernen, was ein spirituelles und gleichzeitig ein intellektuelles Vergnügen darstellt und uns das liturgische Moment, das den Ikonen immer innewohnt, erkennen lässt. Dem Autor ist es gelungen, sein stupendes Wissen über Ikonen dem Leser weiterzugeben und es ihm zu ermöglichen, viel über die Theologie der Ikonen zu erfahren.

Die Suche nach der Lukas-Ikone fand zufällig ihren Abschluss, als der Autor unerwartet auf dem Monte Mario in Rom ein von Pflanzen überwuchertes Schild entdeckte, auf dem ein Hinweis auf das Kloster S. Maria del Rosario zu erkennen war – auf das Kloster, in dem die Lukas-Ikone Maria Advocata aufbewahrt und von Dominikanerinnen bewacht wird. Er wollte diese sogleich sehen, die Klosterpforte war jedoch verschlossen. Dennoch wurde er von einer Ordensfrau darauf hingewiesen, dass er die Ikone nach der Frühmesse am nächsten Morgen besichtigen könne. Pünktlich erschienen seine Frau und er zur Messe, und wie der Autor dann seine Begegnung mit dieser wohl ältesten Ikone Roms beschreibt, was er empfand, als er sie, nur dreißig Zentimeter von ihr getrennt durch ein festes Gitter, studieren konnte, gehört zu den schönsten und eindringlichsten Passagen dieses Buches. Sein Bericht ist wie die Inkarnation seiner Marienfrömmigkeit – wie das Offenlegen seines Glaubens. In diesem Bild der Madonna sieht Badde die una sancta ecclesia, die eine, zur Zeit der Entstehung der Ikone noch nicht getrennte Kirche. Westliche und östliche Einflüsse erkennt er in ihr, transzendente und immanente Anklänge sieht er, und er meint, in diesem ersten und frühen Höhepunkt christlicher Kunst noch einmal die Anfänge des Christentums nachempfinden zu können. Er wusste in diesen Momenten, dass er einem geheimen Weltwunder gegenübersteht, einem verborgenen Zeugnis des Gottesglaubens, der nur vollständig ist, wenn die Madonna in den Glauben an den Dreifaltigen Gott mit einbezogen wird. „Wir waren am Ziel!“, wie er bekennt, seine Frau und er – am Ziel ihres rastlosen Suchens nach dem Eigentlichen ihres Glaubens.

Er hatte die „Braut des Heiligen Geistes“ gefunden, deren Porträt Lukas im Jahr 48 beim Apostelkonzil „geschrieben“ hatte, in dessen Verlauf die zwölf Apostel die Öffnung des Judentums zur großen Welt des Hellenismus mit der Formel dekretierten, es habe „dem Heiligen Geist und uns gefallen“. Es war eine revolutionäre Entscheidung. Bei dieser Gelegenheit hatte Lukas mit Paulus die Gottesmutter Maria und ihren angenommen Sohn Johannes getroffen, die aus Ephesus nach Jerusalem gekommen waren. Es war eine Begegnung, die die Welt veränderte.

Und es ist faszinierend zu erleben, wie das Bilddokument dieser Begegnung heute auch noch die Sicht des Autors veränderte, der sich zwanzig Jahre lang im Einklang mit allen Experten unmöglich vorstellen konnte, dass der Schreiber Lukas wahrhaftig die Gottesmutter gemalt haben könnte. „Hier sehen wir sie vor uns“, sagt er uns in seinem letzten Buch.

Es gibt kein Evangelium Mariens, doch seit der Ikone des Evangelisten Lukas gibt es Bilder von ihr. Und diese Bilder drücken durch die Bildsprache das aus, was die Evangelisten in Worte gefasst haben: Dass das Ziel unseres Lebens die Verherrlichung des Dreifaltigen Gottes ist, der marianische Gehorsam gegenüber Jesus Christus. Im Anblick der Maria Advocata sieht Badde den Weg zu Gott vor sich ausgebreitet.

Sein Buch zu lesen ist eine Begegnung mit einer Form von Frömmigkeit, die berührend ist und zugleich zum Nachdenken über das eigene Leben und über den eigenen Glauben anregt. Die Lektüre der Frucht seines jahrelangen Suchens nach der Nähe zur Gottesmutter ist ein Gewinn und ist deshalb wärmstens zu empfehlen. Möge sein Buch viele Leser finden, und möge es ihnen die Welt des Glaubens erschließen, die, zumal im Westen, sich allmählich im Nebel der Prinzipienlosigkeit aufzulösen scheint.

Der Beitrag wurde zuletzt am 25. Juli 2025 um 11:38 Uhr aktualisiert

Paul Badde: Die Lukas-Ikone. Roms verborgenes Weltwunder; Christiana-Verlag 2024; 272 Seiten; 19,80 Euro; ISBN: 9783717113805.

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