10 Februar, 2021 / 11:56 AM
Die Kritik an dem Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, betreffend seiner Beauftragung von Gutachten zum Umgang von kirchlichen Repräsentanten mit Missbrauchstaten erscheint mir eklatant von wenig Fairness und Respekt gegenüber der Person des Erzbischofs von Köln und auch gegenüber allgemein geltenden rechtsstaatlichen Grundsätzen geprägt zu sein.
Die seit Jahren bekannt gewordenen Fälle von sexualisierter Gewalt in vielen Bereichen unserer Gesellschaft und leider auch durch Menschen, die in der katholischen Kirche Vertrauenspersonen waren oder sind, bestürzen auch mich zutiefst und ich plädiere entschieden für Aufklärung und stehe auf der Seite der betroffenen Opfer. Derartige Straftaten Krimineller sind immer verabscheuungswürdig; besonders, wenn eine kirchliche Vertrauensposition ausgenutzt wird. Das muss transparent gemacht werden.
Deshalb hat als eine der ersten Institutionen die katholische Kirche in Deutschland damit begonnen, in den Bistümern die Verantwortlichkeiten von kirchlichen Repräsentanten beim Umgang mit den Missbrauchstaten und den Tätern detailliert zu untersuchen. Das Erzbistum Köln hat nun als erstes Bistum den Anwaltskollegen Prof. Gercke und Dr. Wollschläger den Auftrag gegeben, in einem neuen Gutachten alle Erkenntnisse über die Zeit seit 1975 bis auf den heutigen Tag nicht nur wie bei anderen Bistümern exemplarisch und zusammenfassend zu veröffentlichen, sondern mit allen Erkenntnissen zu tatsächlich j e d e m einzelnen untersuchten Verdachts- und Kriminalfall. Dieses Gutachten soll inklusive der Benennung von jeweils für den Umgang mit Tätern und Taten im Bistum Verantwortlichen am 18. März 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das erste in Auftrag gegebene Gutachten hätte demgegenüber nur eine geringe Auswahl von Fällen dargestellt. Kardinal Woelki bekennt sich zu einer lückenlosen Aufklärung aller Umstände, was ich sehr begrüße.
Die teilweise massive und auch verletzende Kritik an Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und damit verbundene Rücktrittsforderungen, sogar von Mitbrüdern im Bischofsamt, besorgen mich demgegenüber sehr. Diese Kritik erscheint mir sachlich ungerechtfertigt und persönlich verletzend, zumal Kardinal Woelki sogar dazu gedrängt wird, ein von mehreren renommierten Kollegen und Rechtsgelehrten unabhängig voneinander wegen äußerungsrechtlicher Mängel als nicht veröffentlichungsfähig bewertetes erstes Gutachten einer Münchner Kanzlei entgegen seiner Überzeugung von einer rechtssicheren, einwandfreien Methodik vorab nicht zu veröffentlichen. Hier schließe ich mich ausdrücklich der von dem bedeutenden Strafrechtler und Bundesrichter a.D. Prof. Thomas Fischer am 5.2.2021 im Magazin DER SPIEGEL geäußerten Verfahrenskritik an. Die Prinzipien des Äußerungsrechts gehören substanziell zum Persönlichkeitsrecht; dabei handelt es sich auch nicht um „juristische Spiegelfechtereien“, sondern um zentrale Grundlagen unserer rechtsstaatlichen Ordnung. Hier geht es um die Reputation und das öffentliche Ansehen von Mitmenschen, die ein Recht auf ein rechtlich einwandfreies Verfahren haben.
Ich plädiere entschieden für die Einhaltung aller relevanten rechtsstaatlichen Grundsätze und auch Klugheit, Gerechtigkeit, Fairness sowie das erforderliche Maß an Gründlichkeit bei der Aufklärung von Vorgängen im Umgang mit mutmaßlichen Straftätern und Beschuldigten. Nur so kann vor allem auch den berechtigten Anliegen der betroffenen Opfer Genüge getan werden. Es ist gut und richtig, die Veröffentlichung der neuen und umfassenden Studie am 18. März abzuwarten, bevor öffentlich aus den unterschiedlichsten Motiven derzeit nicht überprüfbare Vorwürfe und Anschuldigungen gegen Kardinal Woelki erhoben und verbreitet werden.
Der Hamburger Rechtsanwalt Roger Zörb ist Vorsitzender des Bundes Katholischer Rechtsanwälte.
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Hinweis: Dieser Gastkommentar – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.
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