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Videoblog: Die Lage der Jesiden – Ein Blick nach der Irak-Reise von Papst Franziskus

Talal Salih im Interview mit Christian Peschken

Zusammenfassung der Schwerpunkte des Blogposts: 

– Anläßlich des Besuchs des Papstes im Irak rief der Jesuiten-Flüchtlingsdienst im Irak die UNO und internationale Gemeinschaft auf endlich zu handeln um die Auslöschung der ethnisch religiösen Gruppe der Jesiden durch den IS zu verhindern.    

– Aushebung der Jesiden Massengräber in dem kleinen Irakischen Dorf Kojo durch das  UN Untersuchungsteam  UNITAD.  Das UN Team  wird von dem britischen Anwalt Karim Khan geleitet der auch Vorsitzender des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag ist. 

- Aus unserem Archiv von 2014: Einen auf den Punkt gebrachten Kommentar des Patriarchen der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien über Politiker und Minderheitenverfolgung in seinem  Land – und wir sprechen mit einem Betroffenen, einem binnenvertriebenen Jesiden der für den Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Sharya Irak arbeitet. 

Der Völkermord des Islamischen Staats (IS) an Christen, Jesiden im Irak und Syrien ist durch die Reise von Papst Franziskus erneut ins Bewußtsein der westlichen Öffentlichkeit getreten.

Papst Franziskus sagte in seiner Ansprache beim Treffen mit dem irakischen Präsidenten: “Unter so vielen, die gelitten haben, sind meine Gedanken bei den Jesiden. Unschuldige Opfer von sinnlosen und brutalen Gräueltaten die wegen ihrer Religion verfolgt und getötet, und deren Identität und Überleben gefährdet wurden. “ 

Zur Erinnerung:  Am 3. August 2014 überfiel der IS, die Terrormiliz den Norden des Irak mit dem Ziel  die Christen, aber auch die jesidische Minderheit, vollkommen auszulöschen. Jesidische Männer, die sich weigerten, zum Islam zu konvertieren, wurden hingerichtet und in Massengräbern zurückgelassen. Verschleppung und Versklavung der Frauen und deren Kinder folgten.   

Dies war der Beginn des internationalen Kampfes gegen den "Islamischen Staat" IS. 

Nach Angaben des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes im Irak werden nach der Entführung von über 6000 Jesiden während des Überfalls heute immer noch 2.768 Menschen, zumeist Frauen, vermisst.

Im September 2014, also einen Monat nach dem Überfall auf den Irak durch den IS, angesichts der dramatischen Lage, trafen sich Religionsvertreter aus dem Nahen Osten bei der UNO in Genf. 

Der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche brachte seine Frustration über die weltweite Ignoranz der Verfolgung von Glaubensminderheiten im Irak zum Ausdruck. 

Seine Seligkeit Ignatius Joseph III. Younan: ist syrisch-katholischer Patriarch von Antiochien. “Als Zeugen des Glaubens sind wir im Stich gelassen worden, sogar verraten worden von westlichen Politikern, die nur nach opportunistischen Gelegenheiten Ausschau halten.”

Heute, nahezu 7 Jahre später scheint es als hätten weder die Vereinten Nationen, noch die internationale Gemeinschaft , und der Irak selbst, wenig , wenn überhaupt ernsthafte Absichten  die Vermissten Jesiden zu suchen. 

Wir sprachen mit einem der Betroffenen. Herr Talal Salih ist Binnenvertriebener Jeside und er arbeitet als Leiter für Sicherheit und Bildung im Gemeindezentrum des Jesuiten Flüchtlingsdienstes in Sharya im Irak, das hauptsächlich Jesiden betreut.     

Die Jesuiten gemeinsam mit über 30 Hilfsorganisationen forderten kürzlich auf ein Kommittee zu bilden um die vermissten Personen zu suchen. 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Talal Salih: “Soweit ich weiß, haben leider weder die Vereinten Nationen noch die internationale Gemeinschaft irgendetwas unternommen, um die verbleibenden ca. 2800 vermissten Jesiden zu retten, die sich noch immer in der Gefangenschaft des IS befinden.

Vor einigen Jahren waren der Jesiden Rettungsdienst der Kurischen Regionalregierung in Den Haag,  sowie das Militärbündnis Demokratischer Kräfte in Syrien die einzigen beiden Parteien, die die Rettung  unterstützt haben. Aber leider tun die beiden erwähnten derzeit nicht mehr so viel wie früher.

Mit anderen Worten, derzeit unternimmt keine nationale oder internationale Regierung irgendwelche Schritte zur Rettung der Vermissten Jesiden. 

Es gibt zwar einige Initiativen von Nichtregierungsorganisationen, jedoch ist eine Unterstützung durch die  Regierung und die internationale Gemeinschaft notwendig um voranzukommen oder weiterzumachen.”

Bei den Aushebungen der Jesiden Massengräber in dem kleinen Irakischen Dorf Kojo wurden am 15. August 2014 etwa 600 Männer vom IS, der terroristischen, salafistischen Miliz, ermordet und verscharrt. In Kodscho wurden bisher sechs Massengräber gefunden. 

Das Untersuchungsteam UNITAD zur Förderung der Rechenschaftspflicht für von Da'esh/IS begangene Verbrechen  wurde 2017 vom UN Sicherheitsrat eingerichtet. Ziel ist es, den Islamischen Staat zur Rechenschaft zu ziehen. 

Das Team sammelt Beweismaterial, das Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord darstellt. 

Der Leiter des Untersuchungsteams  ist Karim Khan.  Herr Khan ist ein britischer Anwalt mit mehr als 25 Jahren Erfahrung im internationalen Strafrecht und in Menschenrechten, und ab Juni diesen Jahres auch Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.

Der päpstliche Besuch bringe eine Botschaft der Heilung für die vom IS Betroffenen, sagte er. 

Wir fragten Talal Salih ob er als Betroffener, als Jeside, mit der Arbeit von Karim Khan und UNITAD  zufrieden sei?    

Talal Salih: “Ich persönlich bin ich mit der Arbeit von Karim Khan zufrieden und schätze seinen Einsatz für die Jesiden , vor allem die Unterstützung durch UNITAD bei der Aushebung der Massengräber.  Allerdings erwarten die Jesiden mehr und ich denke sie verdienen auch mehr.

Wir wollen die Verbrecher vor einem internationalen Gericht sehen, welches auch die Zeugenaussagen der jesidischen Überlebenden anhört und der Gerechtigkeit Genüge tut. 

Wir möchten auch alle Ergebnisse der UNITAD Untersuchungen einsehen dürfen .

Und wir warten immer noch darauf, dass UNITAD die Verbrechen des IS an den Jesiden als Völkermord anerkennt.  

Außerdem möchten wir, dass die noch verbleibenden Massengräber ausgehoben werden. 

Ich schätze die Arbeit von Karim Khan auch deshalb so weil er sich für Reformen im irakischen Recht einsetzt, um internationale Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzubeziehen.

Talal Salih arbeitet für den Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS), eine internationale Hilfsorganisation. Jesuiten. Im vergangenen Jahr feierte der Flüchtlingsdienst sein 40 jähriges Bestehen zu dem ihm auch 2020 der gerade neugewählte Amerikanische Präsident gratulierte.  

“Ich freue mich sehr, mit Ihnen allen den Jesuiten-Flüchtlingsdienst und sein vierzigjähriges Bestehen zu feiern, sagte Joe Biden. “ Dies ist eine großartige Organisatio die gegründet wurde  um die Bedürfnisse einiger der verletzlichsten unter den Flüchtlingen und Vertriebenen zu erfüllen. Der Jesuiten Dienst glaubt, dass wir im Fremden tatsächlich unserem Nächsten begegnen.”

Der Besuch von Papst Franziskus hat viel Aufmerksamkeit auf die Jesiden gelenkt.  Kann und wird der Papst helfen, Maßnahmen zu ergreifen?

Talal Salih: “Nun, Papst Franziskus hat oftmals darüber gesprochen, und er ein Herz für die Jesiden habe. Ich selbst als Jeside und wir alle waren sehr glücklich, als wir das hörten. Es bedeutet uns natürlich sehr viel, aber wir wollen nicht nur das er ein Herz für uns hat, sondern er ein Fürsprecher auf der ganzen Welt für uns ist und auch entsprechend handelt. “

Der Papst ist wieder zurück in Rom und die Schlagzeilen über die anhaltende Not der Jesiden verschwinden...Was kann, was muss jetzt getan werden?

Talal Salih: “Ich denke, dass der Irak, einschließlich der Region Kurdistan, sowie die internationale Gemeinschaft eine moralische Verpflichtung haben, dafür zu sorgen, dass nach diesem Völkermord die Jesiden sich vollständig rehabilitieren können. 

Es ist nun mehr als sieben Jahre her und noch immer lebt fast ein Drittel der Jesiden in Lagern im Nordirak, in der Türkei, in Kurdistan und in einem anderen Gebiet Kurdistans als Binnenvertriebene. 

Auch die Situation im Großraum von Sindschar wird jeden Tag schlimmer. Dort bestehen viele Konflikte, die Lage ist nicht stabil , die Menschen haben Angst in ihre Heimat zurückzukehren. Ausserdem fehlen dort lebensnotwendige Dienstleistungen. Die Infrastruktur ist zerstört. Viele Häuser wurden vom IS  ruiniert und bis heute nicht wieder aufgebaut und viele von ihnen sind leider mit Sprengfallen versehen. 

Tatsache ist, dass ohne die Unterstützung der internationalen Koalition weder die irakischen noch die kurdischen Streitkräfte in der Lage sein werden, die Jesiden und andere Minderheiten vor dem nächsten Völkermord im Irak zu schützen.”

Die Verbrechen der Islamisten an den Christen, Jesiden und anderen Minderheiten wurden zwar international als Völkermord anerkannt. Jedoch damit der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag unter Führung von Karim Khan den Völkermord offiziell vor Gericht bringen kann, wartet er nun zunächst auf die abschliessenden Untersuchungsergebnisse seines UN Untersuchungs Teams UNITAD. 

“Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben,” sagte einst der politische Kabarettist Dieter Hildebrandt, “man muss auch mit der Justiz rechnen.”

Hoffen wir, daß der Irak Besuch von Papst Franzikus und sein Einfluss endlich die internationale Gemeinschaft zum Handeln bewegt damit es nicht zu einem weiteren Völkermord im Irak kommt. 

Original Interview aufgenommen in Kojo. Irak vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst.Redaktion, Übersetzung, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN .TV 

(*) Hinweis: Dieser Blogpost – seine Inhalte sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.  Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Redaktion von CNA Deutsch wider.  

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