18 März, 2023 / 9:00 AM
Einer der beiden Autor des vorliegenden Buches ist der aus Belgien stammende Priester Stefaan Lecleir. In seiner Zeit als Programmdirektor von „Radio Maria Nederland“ (2010-13) führte er zahlreiche Gespräche mit der Co-Autorin, der leiblichen Schwester des aus Vietnam stammenden Kardinals Nguyen Van Thuan, Frau Elisabeth Nguyen Thi Thu Hong. In der Folge dieser Begegnungen entstand einige Jahre später diese eindrucksvolle Lebensgeschichte.
François-Xavier Nguyen Van Thuan wurde am 17. April 1928 in Vietnam in eine katholische Familie geboren. Er trat ins Priesterseminar ein und wurde 1953 zum Priester geweiht. Seine Studien setze er danach in Rom bis zu seiner Promotion fort. Wieder in seiner in der Heimat zurückgekehrt, wurde er Professor am Priesterseminar, dann Generalvikar der Diözese Hue und Bischof der Diözese Nha Trang (1967).
Als er am 15. August 1975, kurz nachdem er von Papst Paul VI. zum Koadjutor des Erzbischofs von Saigon ernannt war, wurde er zunächst als freier Mann von den kommunistischen Behörden vorgeladen. Dann wurde ihm vorgeworfen, als Spion des Vatikans und für andere ausländische Mächte tätig zu sein.
Nur Stunden später wird Van Thuan als Gefangener, ohne jegliches persönliche Eigentum von den Vietkong (kommunistische Machthaber) inhaftiert. Es beginnt ein 13 Jahre andauernder, schmerzhafter und zermürbender Überlebenskampf, den der Bischof ohne Prozess und ohne Verurteilung, zwischen Hausarrest, neunjähriger Isolationshaft, Gefangenenlagern und Folter jeglicher Art zu überstehen hatte.
Als François-Xavier Nguyen Van Thuan am 21. November 1988 endlich frei kam, wurde er sofort des Landes verwiesen. Er flüchtete nach Rom ins Exil. 1994 wurde er Vizepräsident und 1998 Präsident der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (Justitia et Pax). 2001 kreierte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal. Am 16. September 2002 erlag Kardinal Nguyen Van Thuan einer heimtückischen, seltenen Krebserkrankung.
Sein Seligsprechungsprozess begann am 8. März 2010. Am 4. Mai 2017 genehmigte Papst Franziskus das Dekret, mit dem François-Xavier Nguyen Van Thuan für ehrwürdig erklärt wurde.
Wer in dreizehn Jahren in kommunistischer Gefangenschaft nicht zerbricht, muss entweder eine starke Persönlichkeit sein oder über einen festen, durch nichts zu erschütternden Glauben verfügen. Auf François-Xavier Nguyen Van Thuan trifft beides eindeutig zu. Der frühere Bischof von Saigon galt bereits während des Vietnamkrieges vielen Christen seiner Diözese als tiefgläubige und inspirierende Persönlichkeit. Dies umso mehr, als er nach der Niederlage Südvietnams gegen die Vietkong zum Gefangenen des kommunistischen Regimes wurde. Hier galt er ihnen als eine Art „lebender Märtyrer“.
Während seiner langen Gefangenschaft gelang es François-Xavier Nguyen Van Thuan immer wieder, handgeschriebene kurze Botschaften, die sein Volk nicht verzweifeln lassen sollten, hinauszuschmuggeln. Diese Papierfetzen wurden von den Vietnamesen als Kopien weiterverbreitet. Später wurde daraus ein Buch, das in Deutschland bekannt wurde unter dem Titel: „Hoffnungswege. Botschaft der Freude aus dem Gefängnis“ (1993 Schönstatt, 2008 Patris-Verlag).
Das uns vorliegende Buch „Auf den Spuren von Kardinal Nguyen Van Thuan“ basiert auf zahlreichen Erinnerungen, die seine Schwester Elisabeth Nguyen Thi Thu Hong sammelte und aufzeichnete. Zusammen mit Stefaan Lecleir ist ein sensibles und menschliches Porträt entstanden. Die Leser lernen einen frommen und intelligenten Mann kennen, der trotz seines Leides mit viel Humor ausgestattet war, immer optimistisch, sehr aufmerksam und großzügig gegenüber seinen Mitmenschen.
Im ersten Teil des Buches wird seine Lebensgeschichte erzählt, während im zweiten Teil sein familiäres Umfeld beleuchtet wird. Der dritte Teil fasst die besonders turbulenten historischen Ereignisse zusammen, die sein Leben begleiteten (Zweiter Weltkrieg, Indochinakrieg, Vietnamkrieg, das kommunistische Regime).
Die Person von Kardinal Nguyen Van Thuan, ein Mann von großer Menschlichkeit und beeindruckender Widerstandskraft, wird zu einer Symbolgestalt für Gerechtigkeit, Frieden und Hoffnung in dieser leidenden Welt.
„Mein Bruder“, erzählt seine Schwester, schrieb, „dass alle Gefangenen jeweils zu zweit aneinander gekettet waren“. Sie wurden auf ein Schiff gebracht, das zuvor mit Kohle beladen war. Sie standen vor einer Reise von 1700 Kilometern.
„Das einzige Licht kam von einer Öllampe, ansonsten waren sie in völliger Dunkelheit.“ … „Er verbrachte die erste Nacht in schrecklicher Angst. Am nächsten Morgen drang ein wenig Sonnenlicht ins Schiffsinnere und er betrachtete die verzweifelten Gesichter der Gefangenen um ihn herum. Einige von ihnen riefen ihn, weil ein Mann versucht hatte, sich mit Hilfe eines Eisenkabels zu erhängen. Thuan sprach mit ihm und am Ende öffnete sich der unglückliche Gefangene seinem Rat.“
Als die Gefangenen wussten, „dass Nguyen Van Thuan unter ihnen war, kamen viele … um ihrer Not Ausdruck zu verleihen. Er verbrachte seine Zeit damit, diesen Unglücklichen zuzuhören und sie, so gut er konnte, zu trösten.“
„In der zweiten Nacht … in der Dezemberkälte des Pazifischen Ozeans, begann ich zu verstehen, dass dies für mich eine neue Etappe meiner Berufung war“, so der Bischof. „Ich verbrachte … die Reise damit, meine Mitgefangenen zu unterstützen und über die Passion Jesu zu meditieren … Nun geht es für mich darum, mit ihm extra muros zu sterben, außerhalb des heiligen Bezirks.“
Elisabeth Nguyen Thi Thu Hong & Stefaan Lecleir: Auf den Spuren von Kardinal Francois-Xavier Van Thuan; FE-Medienverlag 2023; 280 Seiten; 14,80 Euro; ISBN 9783863573690
(Die Geschichte geht unten weiter)
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