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UN-Videoblog: Der Heilige Stuhl bei der UN-Waffenkonferenz

Christian Peschken (EWTN) im Gespräch mit Erzbischof Fortunatus Nwachukwu, Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den UN Genf

Wer Nachrichten aus dem Vatikan liest, konnte sehen, dass Erzbischof Fortunatus Nwachukwu, der Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, von Papst Franziskus auf einen neuen Schlüsselposten berufen wurde.

Bevor wir zu unserem heutigen Thema kommen, nämlich der UN-Waffenkonferenz, die Mitte des Monats in Genf stattfand: Der Papst hatte Erzbischof Nwachukwu am 17. Dezember 2021 zum Nuntius bei der UN in Genf ernannt, und vor wenigen Tagen zum Sekretär der Sektion für die erste Evangelisierung und die neuen Ortskirchen im Dikasterium für Evangelisierung berufen.

Für uns bei EWTN und CNA Deutsch eine eher nicht so gute Nachricht, für Sie jedoch eine sehr erfreuliche. Der Papst hat also neue Pläne für Sie, Exzellenz. Sind Sie denn bereit, weiterzuziehen?

Nun, ja, der Papst überrascht uns und wir sind hier, um zu dienen. Wir sind wie Pflanzen. Wo immer wir gepflanzt werden, versuchen wir Wurzeln zu schlagen, wir versuchen zu wachsen, Blüten und Früchte zu tragen. Ich bin also wie ein kleiner Tänzer. Ich tanze zu der Musik, die mir vorgespielt wird. Manchmal, wenn ich denke, dass ich die Tanzschritte gelernt habe, wird die Musik geändert. Dann muss ich wieder neu lernen zu tanzen. Also, so geht’s , wir sind hier, um zu dienen. Und wenn die Kirche ruft, wenn der Heilige Vater ruft, dann sind wir hier. Wir sind hier, um zu dienen. Ich danke Ihnen, ich danke all den Menschen, die mein knappes Jahr hier in Genf zu etwas Unvergesslichem gemacht haben. Ja, ich bin bereit, weiterzuziehen.

Exzellenz, wer unsere wöchentlichen Berichte hier verfolgt, weiß, dass Sie Bibelwissenschaftler sind. Die Verbindung Ihrer Arbeit in Genf bei der UN mit den Botschaften der Bibel haben Sie mehr als einmal hier in unseren Gesprächen meisterhaft unter Beweis gestellt. Vielleicht war auch das einer der Gründe, warum Papst Franziskus Sie zurück ins Hauptquartier in Rom gerufen hat?

Ich danke Ihnen. Ich weiß nicht, warum der Papst mich ernannt hat, aber ich weiß, dass ich eine große Leidenschaft für die Heilige Schrift, für die Bibel habe. Und diese Leidenschaft wuchs mit meinem Studium der Heiligen Schrift am Bibelinstitut in Rom und an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Aber eine besonders große Rolle spielte dabei meine Zeit in Sankt Georgen, in Frankfurt, wo ich das große Privileg, das einzigartige Privileg hatte, einen Teil meiner Ausbildung bei Norbert Lohfink zu machen. Norbert Lohfink hat mich mit seiner Leidenschaft angesteckt, und ich habe viel von dieser Leidenschaft aufgesaugt. Wenn Sie also von meiner Begeisterung für die Heilige Schrift sprechen, dann verdanke ich einen Großteil davon Lohfink, dem ich immer dankbar bleibe. Ich war vorletztes Wochenende bei ihm. Er ist jetzt 95 Jahre alt und immer noch quicklebendig. Es war eine wunderbare Zeit, mit ihm zusammen zu sein. Und als er hörte, dass der Papst mich zum neuen Dikasterium berufen hat, schrieb er mir eine wunderbare, wunderbare E-Mail.

Also, ja, ich danke Ihnen für Ihren Kommentar, aber ich danke auch Norbert Lohfink und den Deutschen, die auch meine Zeit der Spezialisierung unter Norbert Lohfink in Sankt Georgen finanziert haben.

Erzbischof Nwachukwu ist jetzt zweiter Mann in der Sektion, für die früher die Missionskongregation zuständig war. Sein Chef ist der philippinische Kardinal Luis Tagle. Bevor der Erzbischof schon in Kürze nach Rom abreist, nämlich Ende April, werden wir noch ein oder zwei Gelegenheiten haben, mit ihm in seiner Kapazität als Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf zu sprechen.

Unser heutiges Thema ist die UN-Waffenkonferenz, die Mitte des Monats in Genf stattfand und an der Erzbischof Nwachukwu teilnahm. Bereits seit 2014 verhandeln die Vertragsstaaten der UN-Waffenkonvention in Genf (Convention on Certain Conventional Weapons, CCW) über eine Regulierung bzw. ein Verbot autonomer, selbstständiger Waffensysteme. Ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag ist jedoch bis heute nicht zustande gekommen, weil die Fronten zwischen den Akteuren sich zunehmend verhärten.

Bringen diese Treffen etwas, sind diese Treffen überhaupt notwendig?

Ich muss sagen, sie sind notwendig und wichtig, denn die Vereinten Nationen bieten uns ein Forum, in dem die Nationen zusammenkommen, um zu diskutieren, auch wenn sie nicht einer Meinung sind. Wir wissen, wie schwierig es selbst für Einzelpersonen ist, die sich nicht einig sind, wie schwierig es für sie ist, zusammenzukommen und zu diskutieren.

Wir können das gleiche auch auf die Ebene von Staaten übertragen, die unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Ideologien haben. Die Tatsache, dass sie sich in einem Forum zusammensetzen und miteinander reden, ist bereits ein Schritt zum Erfolg. Aber darüber hinaus hatten wir auch konkrete Erfolge zu verzeichnen. Zuallererst wurde 2015 der Vorschlag zur Einrichtung einer Gruppe von Regierungsexperten gemacht, nicht nur vom Heiligen Stuhl, sondern auch von einer Reihe anderer Staaten. Und es sollte drei Gruppen von Regierungsexperten geben, eine zu tödlichen autonomen Waffensystemen, eine weitere zu Explosivwaffen, dem Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten, auch als EWIPA bezeichnet, und eine weitere zu Brandbomben.

Mittlerweile, um Ihnen die Fortschritte aufzuzeigen, wurde die Gruppe der Regierungsexperten für tödliche, autonome Waffensysteme eingerichtet und ist aktiv. Die Einsetzung der Gruppe der Regierungssachverständigen für Explosivwaffen gestaltete sich schwierig. Und so hatte die irische Regierung beschlossen, einige verhandlungsbereite Staaten einzuladen, um zu einer politischen Vereinbarung zu gelangen. Das ist also auch ein Fortschritt. Bei den Brandwaffen haben wir noch keine großen Fortschritte gesehen.

Und lassen Sie mich auch erwähnen, dass bei den Treffen der Gruppe der Regierungsexperten zu tödlichen autonomen Waffen ebenfalls konkrete Fortschritte erzielt werden, insbesondere im Hinblick auf das Verständnis, was diese Waffensysteme sind und was genau ihr Zweck ist.

Und dann gibt es noch die Dimension, die ethische Dimension, die von der Delegation des Heiligen Stuhls eingebracht und von einer Reihe anderer Delegationen unterstützt wurde. Ja, es wurden Fortschritte erzielt. Denken Sie nur daran, dass das Europäische Parlament im Jahr 2018 in einer seiner Entschließungen auf den Vorschlag des Heiligen Stuhls zum Verbot dieser Art von Waffen Bezug genommen hat.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Ja, die Dinge verschlechtern sich, weil die Lage in der Welt immer problematischer zu werden scheint. Aber werden auch Fortschritte in den UN-Foren gemacht, ja, es wurden Fortschritte erzielt.

Sind sie notwendig? Ja, sie sind notwendig, denn wir müssen im Gespräch bleiben. Das ist besser, als sich zu entfremden oder entfremdet zu bleiben.

Eine Gruppe von 28 Staaten plädiert für ein sofortiges Verbot von Erforschung, Entwicklung und Einsatz von sogenannten Killer-Robotern (also etwa Drohnen, Roboterfahrzeuge oder U-Boote). Diese 28 Staaten, worunter Deutschland ist, fordern deren völkerrechtliche Ächtung. Sie werden unterstützt von Tausenden von Wissenschaftlern und führenden KI- und Robotik-Experten, mehr als 100 international aktiven NGOs, 21 Friedensnobelpreisträgern, dem UN-Generalsekretär sowie dem Europaparlament.

Ein Verbot lehnen jedoch folgende Staaten ab: die USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien, Israel und Indien. Insgesamt verweigern zwölf Staaten jede Form von Regulierung der Killer-Roboter und blockieren damit jede Entscheidung, da dafür Einstimmigkeit erforderlich wäre.

Sie haben vor den Vereinten Nationen erneut bekräftigt, ich zitiere: „Es ist wichtig, anzuerkennen, dass ein autonomes, also selbstständiges Waffensystem niemals ein moralisch verantwortliches Subjekt sein kann. Eine Maschine kann Anweisungen und Regeln ausführen, aber es ist ein Fehler zu sagen, dass sie ‚entscheiden‘ oder ‚urteilen‘ kann.“ Es scheint, dass einige Staatsvertreter wirklich glauben, dass Maschinen in der Lage sind oder sein werden, selbst zu entscheiden und zu urteilen. Steckt dahinter nicht das Ziel, die menschliche Verantwortung – rechtlich und anderweitig – zu verdrängen und stattdessen eine Maschine für alles verantwortlich zu machen, die jedoch letzten Endes nie zur Verantwortung gezogen werden kann?

Lassen Sie mich aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen und auch aus dem Verlauf dieser Treffen, die ich entweder direkt oder über meine Mitarbeiter verfolgt habe. Ich möchte Ihnen sagen, dass sich die Staaten bei diesen Treffen auf eine Reihe von Dingen geeinigt haben.

Erstens: Das Leitprinzip für diese tödlichen autonomen Waffensysteme muss das humanitäre Völkerrecht sein. Sie sind sich alle einig, dass die Richtschnur das humanitäre Völkerrecht ist. Und in einer anderen Sache sind sie sich auch einig und es besteht ein Konsens darüber, dass diese Waffen nicht als menschlich zu betrachten sind. Man darf sie nicht behandeln wie Menschen. Mit diesen übereinstimmenden Punkten können wir dann auch die Tatsache erwähnen, dass diese Staaten alle die gleichen Punkte der Verantwortung und Rechenschaftspflicht betonen.

Aber es gibt Differenzen, vor allem zwischen den Staaten, die diese Waffen entwickeln, denn wie soll diese Frage der Verantwortung und Rechenschaftspflicht auf die neu entwickelten Waffensysteme angewandt werden, die ein höheres Maß an Einsatzmöglichkeiten haben, wie sollen Verantwortung und Rechenschaftspflicht auf sie angewendet werden?

Ja, es gibt Bereiche, in denen wir uns nicht einig sind, und es gibt sogar Bereiche, die blockiert sind. Aber es gibt übereinstimmende Grundsätze, wie ich bereits erwähnt habe, nämlich die Rolle des humanitären Völkerrechts und die Tatsache, dass diese Waffen nicht wie menschliche Wesen behandelt werden dürfen.

Und Sie haben auf der diesjährigen Konferenz auch gesagt, dass es von entscheidender Bedeutung ist, ethische und rechtliche Bedenken in konkrete Ergebnisse umzusetzen, bevor es zu spät ist. Die UNO selbst betreibt ein eigenes „Ethikbüro“, das eine ethische Organisationskultur fördert, die auf den Grundwerten der Integrität der UNO beruht. Ist es nicht ironisch, dass sich dieselbe UNO dann ständig mit der Ethik sehr schwer tut?

Ich muss anmerken, dass das Ethikbüro der Vereinten Nationen sich mit den internen Angelegenheiten der Organisation befasst, insbesondere in Bezug auf das Personal. Die Vereinten Nationen sind nicht dazu da, den Staaten ihre eigenen ethischen Grundsätze aufzuerlegen.

Die Staaten bestimmen über sich selbst, sie kommen zusammen, sie verhandeln Prinzipien, die ihre Aktivitäten leiten, und auch wir sind dabei. Der Heilige Stuhl versucht auch, die ethische Dimension einzubringen oder die Aufmerksamkeit der Staaten auf die ethische Dimension zu lenken.

Ja, die Vereinten Nationen unterstützen, wenn nötig, die ethische Dimension, aber das sind oft Fragen, die ausgehandelt werden. Wir haben manchmal Schwierigkeiten, wenn ideologische Grundsätze eingebracht werden, um ethische Überlegungen zu beeinflussen. Aus diesem Grund ist der Heilige Stuhl anwesend, um auf bestimmte Prinzipien hinzuweisen, die als grundlegend gelten.

Nun wende ich mich an Sie als Bibelwissenschaftler, Exzellenz: Wer ist, wer sollte der Maßstab dafür sein, was Ethik ist und was sie nicht ist?

Ich muss Ihnen sagen, dass es zwei Ebenen von Antworten gibt. Die erste ist die Antwort auf Sie als Christ. Die andere antwortet Ihnen als Mensch. Als Mensch wird der Maßstab die menschliche Person sein. Als Christ, die Richtschnur … ich werde auf das grundlegende Buch der jüdisch-christlichen Tradition zurückgehen, und das ist die Bibel. Und was die Bibel betrifft, so möchte ich mich auf das Buch Genesis, Kapitel 2, Verse 16 und 17, beziehen. Als Gott den ersten Menschen in den Garten Eden setzte. Er gab ihm die Freiheit, von allen Früchten des Gartens zu essen, außer von einer. Und diese Frucht war die Frucht der Erkenntnis von Gut und Böse.

Gott sagte zu Adam: „An dem Tag, an dem du diese Frucht zu dir nimmst, wirst du sterben.“ Was soll das bedeuten? Gott will das Monopol für die Entscheidung, für das Urteil darüber behalten, was gut und was böse ist. Für einen Christen ist der Maßstab der Wille Gottes. Und dieser Wille Gottes findet sich entweder in den Geboten, die im heiligen Buch stehen, oder in dem Gebot, das Gott in unser Herz, in unseren Verstand gelegt hat. Dieses Gebot, die Quelle dieses Gebots, wird Gewissen genannt.

Also, wenn der Maßstab Gott ist – Gott hat uns, und ich verweise hier wieder auf Genesis, Kapitel 1, Verse 26 und 27, nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen. Er will also, dass wir ihn widerspiegeln. Und indem wir ihn widerspiegeln, werden wir mögen, was Gott mag, und hassen, was Gott hasst, oder ablehnen, was Gott ablehnt. Die Kirchenväter sprachen von dem Prinzip der vollkommenen Freundschaft. Idem velle, idem nolle: „Dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen.“

Was Gott will, müssen wir also auch wollen. Und was Gott ablehnt, müssen wir ablehnen. Das ist ein Grundprinzip für uns. Und was will Gott? Gott will das Wohl des Menschen, das Wohl der Schöpfung. Selbst wenn wir uns abseits des Christentums als Mensch nur auf den Mensch konzentrieren. Jeder Mensch will das Gute, das Gute der menschlichen Person.

Seit dem Altertum, der Antike wird dieses Gut durch den Grundsatz der Gerechtigkeit geschützt. Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu – seit der Zeit Hammurabis, auch davor und unter allen Völkern. Das ist das Gewissen, das das Wohl der menschlichen Person bewahrt. Und das ist auch der Grund, warum der Heilige Stuhl, sei es aus der Sicht des Christentums oder aus der Sicht des Naturrechts, d. h. in unserem Gewissen, immer für jene Rechte und jene Prinzipien gekämpft hat, die auf jenem ewigen Gesetz beruhen, das Gott in unser Gewissen über die Bewahrung des menschlichen Lebens, die Bewahrung und Verteidigung der Menschenwürde und die Bewahrung und Verteidigung des Gemeinwohls gelegt hat.

Das sind die Maßstäbe, ob wir vom Standpunkt des Menschen als menschliches Wesen oder des Menschen als Schöpfung Gottes, als Ebenbild Gottes, ausgehen. Für den Christen ist der Maßstab einfach Gott, der Wille Gottes. Für den Nicht-Christen ist der Maßstab allgemein das Wohl des Menschen, das Wohl der menschlichen Person und das Gemeinwohl.

Original-Interview aufgenommen in Genf von Kameramann Alex Mur | Deutsche Sprecher: Jan Terstiege, Matthias Ubert | Redaktionelle Bearbeitung, Übersetzung, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für Pax Press Agency im Auftrag von EWTN und CNA Deutsch.

Hinweis: Dieser Blogpost – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.

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