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Ein Leben für die Kultur: Reinhard Raffalt hätte 2023 seinen 100. Geburtstag gefeiert

Reinhard Raffalt

Das Buch „Ein Leben für die Kultur“ ist anlässlich des 100. Geburtstags von Reinhard Raffalt, der am 15. Mai 1923 in Passau geboren wurde, in zweiter Auflage erschienen. Zu diesem Anlass wurde es von seinem Autor Julian Traut neu durchgesehen und erweitert. Freunde gelungener Biografien über Persönlichkeiten von Format können sich freuen.

„Reinhard Raffalt (1923–1976) zwischen Bayern, Deutschland und Italien“ lautet der Untertitel des beim Verlag Pustet herausgegebenen Werkes. Damit wird bereits der geografische Wirkungsbereich des hochgebildeten bayerischen Schriftstellers und Journalisten umschrieben. Doch es gibt noch weitere Wirkungsbereiche, die von der Person Raffalts beackert wurden: Musik, Kunst und Kirche.

Der studierte Kirchenmusiker promovierte in seinem Fach und war vielfältig als Organist unterwegs. Mit dieser seiner ersten Liebe verdiente er sich nicht nur während seines Studiums den Lebensunterhalt. In Rom sollte er später die Stelle eines Organisten an der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima erhalten; ebenso einen Lehrauftrag für Kirchenmusik am Collegium Romanum. Mit den weiteren Studienfächer Philosophie und Kunstgeschichte ausgestattet erhielt Raffalt die Stelle eines „Vatikankorrespondenten“ der „Passauer Neuen Presse“.

„Ganz ohne Zweifel übte Rom mit seiner Geschichte und Kultur, mit dem Vatikan als Zentrum des Katholizismus und seinem kosmopolitischen Charme eine enorme Anziehungskraft auf den jungen Raffalt aus.“

In Rom entstanden die berühmten fünf Italien-Büchern von Raffalt, die zu Bestsellern wurden und den Autor erstmals in Deutschland bekannt machten. (Rom. Leben mit Rom. 5 Bände: Concerto Romano, Fantasia Romana, Sinfonia Vaticana, Cantata Romana. Römische Kirchen, Divertimento Romano. Leben in Rom).

Das Römische Institut der Görres Gesellschaft stellt die Frage, wer dieser Mann war, „der in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayern, Deutschland und auch Italien einen so klingenden Namen hatte“, und warum er heute beinahe vergessen ist.

Die Antwort: „Journalist, Schriftsteller, Kulturvermittler und Musiker – Reinhard Raffalt (1923–1976) war ein Mann mit vielen Begabungen. Mit seinen Büchern, Hörfunksendungen und Filmen begeisterte er Millionen Menschen nördlich und südlich der Alpen. Er war Bayerns Stimme in Rom. Zudem gestaltete er in den 1950er-, 60er- und 70er-Jahren die auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland mit.“

Tatsächlich war Raffalt ein unermüdlich Wirkender. So weiß heute fast niemand mehr, dass er für die junge Bundesrepublik „Sonderbeauftragter des Auswärtigen Amtes für die deutschen Kulturinstitute in Asien und Afrika“ gewesen ist.

Der „Deuter der romanischen Welt“, so Michael Kunze in der Tagespost über Raffalt, war in der katholischen Kirche zu Hause. Ganz in ihr sozialisiert, hatte er selbstverständlich auch eine Meinung zu den Geschehnissen, die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zusammenhingen. Obwohl Raffalt das Papsttum akzeptierte, verehrte er doch besonders Pius XII. und Johannes XXIII.

Mit Paul VI. hatte er seine Schwierigkeiten. Insbesondere dessen Öffnungspolitik gegenüber den sozialistischen Staaten brachte Raffalt dazu, 1973 ein brisantes Buch zu schreiben: „Wohin steuert der Vatikan?“ Für ihn war es Anbiederung an den Kommunismus.

Raffalt trauerte „über das Verstummen der gregorianischen Choräle“ und das „Ende römischen Brauchtums“. Mit der Liturgiereform ging er hart ins Gericht und sah in ihr den Ausverkauf des Lateinischen und die Banalisierung des Heiligen.

Raffalt kritisierte den Verfall der katholischen Tradition. „Die Liturgiereform sei Ausdruck einer gewollten neuen Formlosigkeit und ‚progressiver‘ Kulturfeindlichkeit, die im Ausverkauf der weltumspannenden Kultsprache Latein ihren Ausdruck finde. Dies war in Raffalts Augen ein sinn- wie würdeloses Opfer vor den Götzen des Zeitgeistes und die Aufgabe von althergebrachter ‚Schönheit‘.“ Nach Traut kritisierte Raffalt „interne Disziplinierungsversuche durch Paul VI. in der innerkirchlichen Diskussion, welche für ihn nur Steigbügelhalter für die Verwirklichung einer pro sozialistischen Politik waren. Raffalt beschrieb Paul VI. als einen Papst, der sich innerkirchlich konservativ verhielt, um außenpolitisch progressiv verfahren zu können.“

Indes war es Reinhard Raffalt nicht vergönnt, seinen Landsmann Joseph Ratzinger auf dem Stuhl Petri zu sehen; andererseits ist ihm erspart geblieben, den Niedergang des katholischen Erbes in einem noch viel größerem Maße erleben zu müssen, als er dachte, es bereits zu erleben.

Reinhard Raffalt wurde im Jahr 1975 schwer krank. Ein Leberleiden vergiftete seinen Körper. Nach leidvollen Monaten starb er in München am 16. Juni 1976 im Alter von 53 Jahren.

Die Lektüre des Buches „Ein Leben für die Kultur“ bildet und macht reich. Es stellt uns einen Menschen, eine Persönlichkeit vor, die uns Deutschen heute Not tut. Aber es ist schön, von dieser gebildeten Persönlichkeit zu erfahren.

Zum Ende des Buches ist ein umfangreiches Register angefügt, das sowohl zu Hörfunk- und Fernsehsendungen von Raffalt führt, als auch zu gedruckten und ungedruckten Quellen und Publikationen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Julian Traut: Ein Leben für die Kultur. Reinhard Raffalt (1923-1976) zwischen Bayern, Deutschland und Italien; Verlag Pustet, 2. erweiterte Auflage 2023; ISBN 978-3791734408; 312 Seiten; 39,95 Euro

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