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UN-Blog: Digitaler Handel und digitale Kluft

Erzbischof Ivan Jurkovic im EWTN-Interview mit Christian Peschken.
Poster der Veranstaltung
Der Konferenzraum mit dem Podium, auch "Arabischer Raum" genannt, bei der UN in Genf.
Die Vereinten Nationen in Genf

Im April strömten internationale Expertengruppen zur 'eCommerce Woche' bei den Vereinten Nationen in Genf. Mehr als 1000 Teilnehmer und 387 Regierungsvertreter tauschten sich über "E-Kommerz, Digitale Wirtschaft" aus. Auch der Heilige Stuhl war dabei.

EWTN-Korrespondent Christian Peschken sprach mit dem Apostolischen Nuntius, Erzbischof Ivan Jurkovic, über das Thema.

Eure Exzellenz, obwohl die Zahl der Internet-Nutzer zwischen 2010 und 2015 um 60 Prozent stieg, ist mehr als die halbe Welt immer noch offline. Eine der globalen Zielvorgaben der "Nachhaltigen Entwicklungsziele" der UN ist es, niemanden auszuschließen. Was meinen Sie: Warum nehmen diese superreichen Mega–Internetanbieterfirmen nicht einfach einen kleinen Bruchteil ihres Geldes und schließen die ganze Welt an?

Erzbischof Ivan Jurkovic, Ständiger Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf: "Diesen Aspekt kann man sicherlich kritisch sehen, aber wir müssen auch verstehen, dass erstmals die gemeinsamen Interessen der Unternehmen oder Anbieter und Nutzer sehr stark ineinandergreifen…Das bedeutet, dass obwohl sie als die reichsten Unternehmen der Welt hier nicht genug tun, doch einiges passiert - schließlich sehen wir ein enormes Wachstum… Ich denke, die Gelegenheit ist günstig, die Chancen stehen gut. Natürlich reicht das, was bisher getan wurde, noch nicht aus, aber ich denke da positiv."

In seiner Rede vor der Experten Runde hob der Erzbischof hervor, dass die Digitalisierung nicht nur kleine und mittelgroße Unternehmen vor Ort an Absatz- Märkte anzuschließen kann, "sondern auch der Bevölkerung Dienstleistungen anzubieten, die für sie andernfalls nicht zugänglich wären."

Erzbischof Ivan Jurkovic: "Lassen Sie uns etwas zur Sicht der Kirche, zur geistlichen Botschaft dessen, worüber Sie sprechen, sagen: Es ist gut, dass wir Menschen auf diese Weise erreichen können. Plötzlich sind wir auf vielerlei Weise verbunden, haben viele Webangebote. Ich denke zum Beispiel daran, dass sie dir sogar die Möglichkeit bieten, Angebote diskret zu nutzen, mit deinen Ideen voranzukommen, Bildung, und so weiter…deshalb ist es wichtig, großzügig zu sein.  Und deshalb ist auch das, was wir hier sehen, wichtig. Denn jeder muss daran erinnert werden, dass ohne Großzügigkeit gegenüber Allen die Zukunft düster aussieht. Davon bin ich überzeugt."

Ein weiterer Aspekt der Rede des Erzbischofs: Kleinen und mittelgroßen Unternehmen sollte die "Digitalisierung helfen, Wachstumshindernisse zu überwinden. Sie sollte die Expansion kleinerer und mittlerer Unternehmen erleichtern, indem sie Möglichkeiten zur Verfügung stellt, überprüfbare, eingetragene Online-Geschäfte zu tätigen, was helfen kann, neue Kunden und Geschäftspartner anzuziehen und auch neue finanzielle Chancen bietet."

Das ist dann auch schon fast eine Fortsetzung meiner vorherigen Frage: Sind nicht diejenigen Unternehmen, die diese digitalen Systeme entwerfen – um zum Beispiel Finanzgeschäfte zu tätigen – auch genau diejenigen, die den Markt kontrollieren oder kontrollieren wollen? Wie sehen Sie das?

Erzbischof Ivan Jurkovic: "Privatunternehmen werden sehr unsolidarisch vorgehen, wenn wir uns nicht für Solidarität stark machen. Das ist die Aufgabe des Staates: nicht anzuklagen, um jemanden besser zu machen, sondern denen zu helfen, die dadurch ins Hintertreffen geraten. Das ist vielleicht etwas Neues in diesen "Wirtschaftsgewässern". Wir glauben, die katholische Kirche glaubt, dass alle Wirtschaftsmodelle gut sind. Aber hinter dem guten Wirtschaftsmodell muss die klare Vorgabe der Menschenwürde stehen. An dieser Vorgabe wird sich alles festmachen.  Zum Beispiel von einem Lohnausgleich sind wir noch Jahre entfernt, aber auch das wird sich dann finden. Ich denke also, wir sollten noch nicht kritisieren, dazu ist es noch zu früh. sondern die Gelegenheiten nutzen Gelegenheiten zählen jetzt. Aber natürlich wird auch der Verantwortungsbereich der Behörden größer. Eine Verantwortung, die sehr wichtig ist und die es früher noch nicht so gab."

Das war der erste Teil unseres Interviews. Im zweiten Teil sprachen wir unter anderem über Themen wie 'digitale Inklusivität' und 'die Gestaltung eines besseren und effektiveren Systems internationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit'.

Die Chefin der britischen 'Risikokonformität' brachte es auf den Punkt. Sie sagte; nur Eheschließungen, -scheidungen und Hausverkäufe macht man nicht digital…noch nicht.

Der Heilige Stuhl zeigte sich besorgt darüber, dass der Zugang zu den Serviceangeboten des digitalen Zeitalters für Entwicklungsländer trotz besserer Anschlussmöglichkeiten noch immer problematisch ist.

Hier der zweite Teil meines Gesprächs mit dem Nuntius.

 Sie bezeichneten es als "digitale Kluft", und sagten, was wir stattdessen bräuchten, sei "E-Kommerz Inklusivität". Setzt das nicht voraus, dass alle Beteiligten zustimmen und mitmachen. Kann das Ihrer Meinung nach erreicht werden?

Erzbischof Ivan Jurkovic: "Ich denke, die Allgemeinheit ist der Meinung, dass bestimmte Leute zu reich werden…zu viel Geld gemacht haben. Milliarden ohne Ende – aber warum?  Das was Sie ansprechen, bedeutet also genaugenommen, dass etwas schiefgelaufen ist. Es bedeutet, dass die technischen Veränderungen einen unverhältnismäßigen Reichtum gebracht haben. Aber genau das spürten einige – und das sind 'gute' Menschen, Menschen, die sich auch sozial verantwortlich fühlen."

(Die Geschichte geht unten weiter)

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In seiner Rede brachte der Erzbischof auch zum Ausdruck, dass er glaube, dass Soziale Entwicklung und ein höherer Lebensstandard und größerer Freiheit durch ein besseres und effektiveres System internationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit umgesetzt werden könne, "Dadurch würde die Aufteilung der Welt in Gebiete der Armut und des Überflusses beseitigt und Wohlstand für alle verwirklicht."

Die Aufteilung der Welt in Armut und Überfluss…Leider sieht es so aus, als ob die Menschheit zu allen Zeiten versucht hat, genau das aufrechtzuerhalten.

Erzbischof Ivan Jurkovic:" Ja, das ist vielleicht die schlechte Nachricht.  In der Vergangenheit war Reichtum mit Grundbesitz   verbunden, mit ich-weiß-nicht-welchen bestimmten Rohstoffquellen. Heute steht ein großer Teil des Reichtums in Verbindung mit Wissen – das ist viel besser. Und wir glauben, dass das in Zukunft immer mehr der Fall sein wird. Das bedeutet, dass es auf dich ankommt, nicht darauf, was du hast. Das lässt mich für die Zukunft hoffen… Ich hoffe auch, dass das allgemein zu einer anderen Sichtweise führen wird, wie man zu Wohlstand kommt. Und natürlich auch auf die Pflicht, zu teilen, wie ich schon erwähnt habe. Teilen ist eine Pflicht, keine Alternative."

Der Heilige Stuhl sei sich bewusst, dass künftige Ziele, neue Modelle wirtschaftlichen Fortschritts zu entwickeln, nur durch eine Zusammenarbeit erreichbar wären, "Sie sollten jedoch mehr auf das weltweite Allgemeinwohl ausgerichtet sein, wie der Papst sagte, auf Miteinbeziehung, ganzheitliche Entwicklung, die Schaffung neuer Arbeitsplätze, und Investitionen in menschliches Potential."

Sie zitierten hier den Papst: "Neue Modelle, die auf das Allgemeinwohl ausgerichtet sind", und Sie zeigen auch Wege zu diesem Ziel auf -  Haben nicht genau das alle Sozialenzykliken und Mahnungen der Päpste leisten wollen und uns zu vermitteln versucht, angefangen bereits 1891 mit Rerum Novarum von Leo XIII bis zu Papst Franziskus in Laudato Si im Jahr 2015?

Erzbischof Ivan Jurkovic: "Wir glauben vielleicht, die menschliche Gesellschaft könnte durch weniger Regeln in Ordnung gebracht werden. Ja, es gibt heute bestimmte Regeln und die haben etwas verbessert, es ist besser, aber noch nicht in Ordnung. Man tut etwas zur Verbesserung aber damit ist es noch nicht in Ordnung. Reiche Leute können den Armen immer etwas abgeben - und das ist gut so, denn sonst würden arme Menschen nie etwas abbekommen. Es ist dann besser. Aber das ist nicht genug. Das ist das Problem, oder? Was die Päpste ansprechen, ist, dass sich etwas in den Herzen ändern muss. Das ist Umkehr, sagt der Papst, Umkehr. Ein typisch geistlicher Begriff. Wenn du deine Prinzipien nicht änderst, oder sagen wir, die Basis deines Denkens, wenn du nicht anfängst, an das Allgemeinwohl zu denken, nicht daran, dass etwas nur gut ist, wenn es für alle gut ist, und dass es deine Pflicht ist zu teilen…dann wirst du das wahre Ziel nie erreichen. Dann wirst du nur oberflächlich reparieren, ähnlich wie wenn man ein Foto retuschiert: man ändert die Erscheinung, macht es aber nicht grundsätzlich besser. Deshalb geht es hier um den Ruf auf geistlich-natürliche Ebene. Aus diesem Grund muss sich die Kirche, der Heilige Stuhl immer, auch wenn es fast lächerlich scheint auch zum Thema 'E-Kommerz' äußern. Jedoch wenn wir uns nicht auf den wahren Wert des Menschen besinnen, werden wir das wahre Ziel nicht erreichen."

Durch E-Kommerz verbessern sich der allgemeine Wohlstand und die wirtschaftlichen Möglichkeiten vor Allem der Menschen in den Industrieländern…2017 wurden durch E-Kommerz rund 2,3 Billionen US Dollar umgesetzt. Zielsetzung ist es jedoch, auch die Menschen in den Ländern einzubeziehen, die weniger entwickelt sind.

Christian Peschken ist U.N. Genf-Korrespondent für EWTN. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins 'Vatikano'. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media

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