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"Wir haben der Liebe geglaubt"

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Vielleicht kennen Sie diese freundlich vorgebrachten, oft auch freundlich gemeinten Hinweise von sympathischen Lehrkräften aus der Elternsprechstunde: "Ihre Tochter, Ihr Sohn sollte mehr aus sich herausgehen, sich stärker am Unterrichtsgespräch beteiligen und – ich sage das mal so – sich selbst auch besser verkaufen, sich einfach vermarkten. Wie man das heute so tut. Man muss doch auffallen und sich erfolgreich präsentieren, geschmeidig sein, darauf kommt es an. Macht doch jeder. Oder finden Sie nicht?" Nun, ich wüsste, was ich darauf erwidern würde – mit allem gebotenen Respekt.

Möglicherweise erinnern Sie sich auch, ebenso wie ich, an entsprechende Einträge in den Zeugnissen: belehrende Motivationsfloskeln, strenge oder nett verpackte Ermahnungen, die zu Aktivität, Partizipation und einer Einübung in den Karrierismus unter Kindern und Jugendlichen dienen sollten. Ich erinnere mich an Worte wie: "Trau dir doch mal etwas zu! Trau dich! Sag doch auch was, wenn du es nicht genau weißt." Das machten aber schon so viele andere. Möglicherweise sind Sie auch genauso uneinsichtig wie ich: Noch immer bin ich überzeugt davon, dass Stille und Zurückhaltung – in der Schule und anderswo – vernünftige Gründe haben können. Einige bleiben gern für sich und schauen sich die im Wind wiegenden Bäume vor den Fenstern an, auch weil sie vieles hören und sich anhören müssen, von Lehrern und von Mitschülern, an dem Ort, dem niemand von uns vor der Zeit entrinnen konnte – in der "Zwangsanstalt Schule" (Thomas Mann). Ich kann den leisen Rückzug in die innere Emigration nur zu gut verstehen.

Auch die Kirche unseres Herrn Jesus Christus erinnert zuweilen an ein Dialogtheater. Die Dauerredner von heute – die Erfolgsmenschen von morgen? Gilt das nicht auch in der Kirche? Sich ins Gespräch bringen, ist das zeitgemäß und notwendig? Heute heißt es oft, dass Mitglieder der römisch-katholischen Kirche ihre Mündigkeit behaupten, beweisen und wortreich präsentieren sollen. Viele wortgewandte Christen sind überzeugt, dass sie für einige, für viele oder für alle sprechen, besonders für jene, die im Grunde nur scheu und schüchtern sind. Viele selbstbewusste Christen formulieren oder unterschreiben Wunschlisten und Programme für Kirchenreformen, -reformationen, -revolutionen und -resolutionen.

Viele Kleriker, manche Bischöfe und auch Ordensleute predigen heute einen unklaren Aufruf zum Aufbruch. Einige Generalvikare fühlen sich dazu berufen, offene Briefe zu schreiben. Wir alle kennen die traditionell kritischen Thesen und Themen gesellschaftlich etablierter Katholiken und kirchlicher Protestgruppen, und wir alle kennen auch die Vordenker der traditionalistischen Opposition, die ganz anders und doch so ähnlich einen antirömischen Affekt kultivieren, der zuweilen in einen Imperativ umgeformt wird. Auch hier kann ich den leisen Rückzug vieler Katholiken in die innere Emigration nur zu gut verstehen. Wir müssen auch nicht überall dabei, nicht überall im Dialog oder im Gespräch sein. Verborgen vor der Welt lässt sich übrigens gut beten.

Vielleicht scheint in dieser Haltung auch ein paulinisches Motiv auf. Der Apostel schreibt an die Gemeinde in Rom: "Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!" (Röm 12,2) Paulus sagt also nicht: Passt euch den Gewohnheiten dieser Welt an, damit ihr auffallt, euch und eure Absichten, Pläne und Ideen erfolgreich durchsetzt. Er empfiehlt auch nicht, dass wir mit unseren Ideen und Meinungen die Welt verändern und verwandeln sollen. Der Apostel fordert nicht dazu auf, die Kirche postmodernistisch zu sanieren und zeitgeistlich zu illuminieren. Paulus rät zur Besinnung auf Christus, zu einer Erneuerung, die keine Angleichung an die Welt und ihre Gesetzmäßigkeiten ist, sondern dazu führt, Seinen Willen immer besser zu verstehen und unser Wollen Seinem Willen anzugleichen. Wir sollen, wie die Römer, nicht weltgewandter, sondern christusförmiger werden, nicht uns selbst verwirklichen – was immer das sein mag –, sondern den Plan erkennen, den er mit uns hat.

Manchmal ist dieser Plan übrigens ein Sakrament. Zuweilen erkennen Frau und Mann einander und ahnen oder hoffen, dass Gott auch mit ihnen einen ganz bestimmten Plan hat. Gottes Pläne sind oft sakramentale Wirklichkeiten – und das Sakrament der Ehe ist alles andere als eine Anpassung an die Zeit oder eine säkulare Erfolgsgeschichte. Es ist ein echter Aufbruch, der in der Folge oft genauso schön wie traurig sein kann. Was können wir eigentlich Liebenden mitgeben, die über einen Weg zu zweit nachdenken? "Gleicht euch nicht dieser Welt an."

Der heilige Johannes Paul II. hat diesen Gedanken am 15. November 1980 in Köln mit Blick auf die Ehe in unsere Zeit übersetzt: "Ehe und Familie sind zutiefst verknüpft mit der personalen Würde des Menschen. Sie entspringen nicht nur dem Trieb und der Leidenschaft, auch nicht allein dem Gefühl; sie entspringen vor allem einem Entschluss des freien Willens, einer personalen Liebe, durch die die Gatten nicht nur ein Fleisch, sondern auch ein Herz und eine Seele werden. Die leibliche und sexuelle Gemeinschaft ist etwas Großes und Schönes. Sie ist aber nur dann voll menschenwürdig, wenn sie in eine personale, von der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft anerkannte Bindung integriert ist. Volle Geschlechtsgemeinschaft zwischen Mann und Frau hat darum ihren legitimen Ort allein innerhalb der ausschließlichen und endgültigen personalen Treuebindung in der Ehe. Die Endgültigkeit der ehelichen Treue, die heute vielen nicht mehr verständlich erscheinen will, ist ebenfalls ein Ausdruck der unbedingten Würde des Menschen." Danach sprach er die unvergesslichen Worte: "Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen."

Versucht zu erkennen, was der Wille Gottes ist, und bemüht euch immer wieder neu, auf Ihn und Seine Kirche zu hören und nicht auf jene, die erfüllt sein mögen von den besten weltlichen Gestaltungsabsichten. Sie können Erfolge feiern. Sie können vielleicht manche Reform, manche Reformation und manche marktgerechten Anpassungen der kirchlichen Lehre an irgendwelche Trends der Zeit empfehlen, gutheißen, fordern und in ihren Gremien absegnen. Aber ob das im Wesentlichen eine Rolle spielt? "Gleicht euch nicht dieser Welt an!", mahnt der Apostel Paulus. Nur an Gottes Segen ist alles gelegen.

Dem Herrn dürfen wir trauen und ganz vertrauen, und Ihm vertrauen wir uns an. Er ist der Orientierungspunkt für jede wahre Erneuerung im Denken und Handeln. Christus sollen wir uns angleichen, nicht der Welt und ihren Weisheiten. Alle, die in Treue Gott und Seiner Kirche verbunden sind, werden auch, wenn sie gemeinsam das Credo sprechen, zugleich auf gewisse Weise verborgen das ausdrücken, was sie von innen her verbindet. Wie Benedikt XVI. in seiner Enzyklika "Deus caritas est" gleich zu Beginn schreibt: "Wir haben der Liebe geglaubt."

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