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Arius – in Nicäa hagelt es Ohrfeigen

Nikolaus von Myra verpasst Arius eine Watsche auf dem Ersten Konzil von Nicäa: Griechisch-Orthodoxe Ikone aus dem Mittelalter (Ausschnitt).

Wenn die Geschichte nicht wahr ist, dann ist sie wenigstens gut erfunden. Der Heilige Bischof Nikolaus von Myra soll auf dem Konzil von Nicäa dem Häretiker Arius eine schallende Ohrfeige verpasst haben.

Genützt hat die Watschn am Ende nichts. Die Lehre des Arius wurde zwar auf dem Konzil verurteilt, doch sie wirkte noch sehr lange nach seinem Tod noch weiter. Sie verbreitete sich sogar bis in unsere Gegend. Viele germanische Adelige waren Arianer, da sie von arianischen Bischöfen bekehrt und getauft worden waren.

Arius wurde um das Jahr 260 in der römischen Provinz Cyrenaica im heutigen Libyen geboren. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie, die damals schon christlich war. Nach dem Studium vermutlich in Antiochien wurde Arius in Alexandria zum Priester geweiht. Im Jahr 318 geriet der Priester Arius in Streit mit seinem Bischof, den er der Irrlehre des Sabellianismus bezichtigte. Sabellius war ein römischer Priester, der eine Variante des Modalismus vertrat. Schon hier sieht man die Bestrebung des Arius, eine besonders exakte Reinheit des monotheistischen Glaubens bewahren wollen.

Nicht selten ist der Kern einer Häresie gerade eine besonders hartnäckig verteidigte vermeintliche Rechtgläubigkeit. Die Diskussion um das Spannungsfeld von Trinität und Monotheismus war in vollem Gange. Der Glaube an die Dreifaltigkeit stand in der Antike immer unter Polytheismusverdacht. So mühten sich christliche Theologen darum, Dreifaltigkeit und Monotheismus mit Argumenten der Vernunft zu einem orthodoxen Bekenntnis zu vereinen. Mit Hilfe der alten griechischen Philosophen und darauf aufbauender spätantikern Schulen war man bestrebt, den Zusammenhang zwischen Glauben und Vernunft herzustellen. Die Wahrheit, also auch die Glaubenswahrheit, dies war in der Antike ein allgemeiner Konsens, ist vernünftig begründbar und darum von jedem erkennbar und einsehbar. Eine Kritik an der reinen Existenz von Wahrheit kannte die Antike nicht.

Arius selber war Platoniker. Ein bekannter Lehrer des Neuplatonismus, Porphyrios wird von Kaiser Konstantin mit Arius in Verbindung gebracht. Der Kaiser bezeichnete Arius als Porphyrianer, weil auch dieser die Gottheit Christi in einer Streitschrift gegen die Christen geleugnet hatte. Man erkennt, in welcher Weise die Lehren Platons insbesondere in der spätantiken Ausprägung den einen wie auch den anderen als Denkmuster dienten. Die Frage, auf die es im letzten hinaus lief, war die Frage der Gottheit Christi.

Ist nun der Logos, der Christus, Gott gleich oder ist er ihm nur ähnlich. Das Konzil von Nicäa beschäftigte sich intensiv mit der Frage der Gottheit Christi. Kaiser Konstantin hatte nach Einigung des Römischen Reiches dies Konzil im Jahr 325 einberufen, um zwischen Osten und Westen strittige theologische Fragen klären zu lassen. Wir kennen das Ergebnis. Im wesentlichen geht unser Credo auf dieses Konzil zurück. Die orthodoxe Lehre von Nicäa lautet: der Sohn ist dem Vater wesensgleich.

"Wir glauben […] an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt, das heißt aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich (griech. homoousios) dem Vater, …"

Konzil von Nicäa

Damit war der Streit entschieden könnte man denken. Doch das hat in der Kirchengeschichte noch nie so glatt funktioniert. Es gab aber auf dem Konzil von Nicäa eine große Fraktion von Arianern, die nach dessen Ende in ihren häretischen Glauben zurück fiel. Man nennt diese Zeit die Arianische Krise. Arius selbst wurde nach dem Konzil verbannt. Nachdem er ein Bekenntnis zur Theologie des Konzils von Nicäa abgelegt hatte, erlaubte ihm Bischof Athanasius von Alexandrien die Rückkehr. Athanasius war, noch als Diakon, Arius‘ härtester Gegenspieler auf dem Konzil. Zwar hatte der junge Diakon keine Stimme auf der Versammlung der Bischöfe, doch er war ein ausgezeichneter Theologe, der sehr viel zur Theologie der nizänischen Lehre beigetragen hatte. Arius starb jedoch bevor er nach Alexandrien zurückkehren konnte. Die Irrlehre des Arius wirkte allerdings noch lange weiter.

Der Arianismus wurde vor allem im Osten des römischen Reichen von vielen Bischöfen der nizänischen Trinitätslehre vorgezogen. Konstantin II., der folgende Kaiser und Bischof Eusebios von Nikomedia waren Arianer. Um 359 hatte sich der Arianismus durchgesetzt. Er war jetzt bis zum 1. Konzil von Konstantinopel im Jahr 381 die offizielle Glaubenslehre des Römischen Reiches. Erst das Konzil von Konstantinopel bestätigte Nicäa, was das endgültige Ende der Arianischen Irrlehre im Epikopat einläutete.

So war die überlieferte Ohrfeige des Heiligen Nikolaus von Myra zwar ein knallender Effekt und begründet eine gute Geschichte, konnte die Irrlehre jedoch nicht aufhalten. Arius und die arianische Irrlehre zeigen sehr deutlich, wie lange sich Irrtümer in der Kirche halten können. Es zeigt auch, wie massiv auch Bischöfe über eine ganze Epoche hinweg im Irrtum verharren können.

Die Gast-Kolumne "Häretiker des Monats" erscheint im Jahr 2020 einmal monatlich bei CNA Deutsch. Wiedergabe nur mit schriftlicher Genehmigung vorab.

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