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Katholische Frömmigkeit pur

Betende Frau in der Kirche

Meine vor langer Zeit verstorbene Großmutter schenkte mir zur "frommen Erinnerung", wie es in der Widmung heißt, an meine Erste Heilige Kommunion ein "Gotteslob", das mich durch mein Leben im Glauben hindurch begleiten sollte. Mittlerweile hat das bewährte Gebet- und Gesangbuch gewissermaßen fromme Gesellschaft bekommen, in Gestalt des "Laudate Patrem" und der Neuausgabe des "Gotteslobs". Fromme Erinnerung … Was ist eigentlich – Frömmigkeit? Mit Frömmigkeit bezeichnen wir eine innere Haltung, ja einen Habitus. Wir denken an Rituale, an den Sonntagsgottesdienst, an religiöses Brauchtum, an den Rosenkranz und kleine Andachtsgegenstände, vielleicht sogar – wie vor mehr als 100 Jahren Friedrich von Hügel formulierte – an ein "Leben im Gebet". Für uns heute ist das nahezu abstrakt geworden.

Auch hat Frömmigkeit einen mitunter negativen, fast despektierlichen Beiklang. Sie mögen den Begriff "Frömmelei" kennen. Vor vielen Jahren wurde ich gefragt, wie mir eine Predigt gefallen hat, und ich antwortete damals: "Es frömmelte halt mal wieder so dahin." Mit Frömmeleien meinen wir geistliche Weisheiten, die etwas Patina angesetzt zu haben scheinen. Aussagen wie diese bezeugen zudem noch etwas anderes: Ich gab damit das aufrichtige Eingeständnis meiner während der Homilie durchs Kirchenschiff schweifenden Gedanken. Ich war anwesend abwesend. Aber ich dachte auch an meine Sehnsucht nach Klarheit, die mir durch die strenge Form des wohlklingenden Credos zuteil wurde. Der Gregorianische Choral frömmelt nämlich ganz und gar nicht – und seine Schönheit lernen wir auf vielerlei Weise kennen, schätzen und lieben.

Viele von uns tun sich heute zuweilen schwer mit dem Begriff Frömmigkeit und den Formen, in denen wir ihr begegnen. Der lateinische Begriff "pietas" aber weist daraufhin, dass eine Haltung der Distanz, eine Wahrung des Abstandes besonders auch in der Kirche angemessen, wertvoll und wichtig ist. Wie verhalten wir uns im Gottesdienst? Wie betreten wir das Haus Gottes? Ist uns bewusst, dass wir uns in der Gegenwart Gottes bewegen? In welcher Disposition feiern wir die heilige Liturgie mit? Lassen wir uns in rechter Haltung hineinnehmen in die Feier der Eucharistie – oder sind wir nur präsent, ohne von innen her teilzuhaben? Benedikt XVI. empfahl eine mystagogische Katechese, um Eucharistie und Anbetung neu und wahrhaft zu verstehen. Ein Katholik, der sich heute indessen geistliche Vertiefungen und ein Nachdenken über Formen von Frömmigkeit und Anbetung wünscht, mag an den Kongress "Adoratio" in Altötting denken, bleibt aber oft in den Kirchen vor Ort eher verwaist und ratlos. Wer etwa die Frage stellt: "Wann besteht in der Pfarrkirche die Möglichkeit zur Anbetung?", der wird vielleicht hören, dass der zuständige Liturgieausschuss darüber beraten werde, wenn eine schriftliche Anfrage gestellt worden sei. Vielleicht sind uns Formen der Frömmigkeit und die innere Haltung der Ehrfurcht verlorengegangen?

Benedikt XVI. schrieb in "Sacramentum caritatis" im Jahr 2007: "Ein überzeugendes Zeichen für die Wirkung, die die eucharistische Katechese auf die Gläubigen ausübt, ist mit Sicherheit ihr zunehmendes Empfindungsvermögen für das Mysterium des unter uns gegenwärtigen Gottes. Das kann durch spezifische Ehrfurchtserweise gegenüber der Eucharistie festgestellt werden, in die der mystagogische Weg die Gläubigen einführen muß. … In Anpassung an die legitime Verschiedenheit der Zeichen, die im Zusammenhang der unterschiedlichen Kulturen praktiziert werden, soll jeder das lebendige Bewußtsein haben und zum Ausdruck bringen, daß er sich in jeder Feier vor der unendlichen Majestät Gottes befindet, die auf demütige Weise in den sakramentalen Zeichen zu uns kommt. … Die Eucharistie empfangen heißt, den anbeten, den wir empfangen; gerade so, nur so werden wir eins mit ihm und bekommen in gewisser Weise einen Vorgeschmack der Schönheit der himmlischen Liturgie."

Und es gibt gute Nachrichten in Sachen Frömmigkeit. Sehr positiv ist, dass mitten in der Diaspora Rüdiger Wala, ein erfahrener Journalist der "Kirchenzeitung für das Bistum Hildesheim", vor wenigen Wochen in der Basilika St. Clemens in Hannover fünf Gottesdienste, darunter auch eine heilige Messe in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus mitgefeiert und anschaulich für die Leserschaft beschrieben hat. Sie können den Bericht hier kostenfrei nachlesen. Der klug verfasste Beitrag über die heilige Messe trägt die bezeichnende Überschrift: Frömmigkeit. Die eine oder der andere von Ihnen mag ähnlich denken wie ich denken: Was er beschreibt – das ist katholische Frömmigkeit pur.

Zuerst veröffentlicht am 10. März 2020.  

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