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Als Ordensfrau auf den Spuren von Charles de Foucauld in Algerien

Schwester Martine Devriendt in Tamanrasset

Am 27. Mai 2020 hat Papst Franziskus das zweite Wunder anerkannt, das dem seligen Charles de Foucauld (1858–1916) zugeschrieben wird, und hat so den Weg für dessen Heiligsprechung geebnet. Der berühmte französische Eremit und ehemalige Offizier, der in Tamanrasset im Herzen der Sahara im Süden Algeriens getötet wurde, bekehrte sich im Alter von 28 Jahren radikal zu einem kontemplativen Leben, ganz dem Willen Gottes hingegeben und auf die Eucharistie zentriert.

Mit 32 Jahren ist er Trappistenmönch, gibt jedoch sieben Jahre später das Leben als Zisterzienser auf, um drei Jahre lang in Nazareth als Klosterknecht bei den Klarissen zu arbeiten. Dort verbringt er seine Zeit abwechselnd mit körperlicher Arbeit, im Gebet und mit Meditation über die Heilige Schrift, insbesondere über das verborgene Leben Jesu in Nazareth, und beschließt, es ihm im Stillen gleichzutun.

Ein Leben mit den Tuareg

Einem inneren Drang folgend, akzeptiert er es, Priester zu werden, um zu den Völkern in entlegenen Regionen gelangen zu können. Nach seiner Priesterweihe am 9. Juni 1901 lässt er sich im Süden Marokkos in Béni-Abbès nieder. Dort erbaut er nicht etwa eine Einsiedelei, sondern gründet eine Fraternität – "Khaoua" –, also eine Heimstatt, die für alle offen ist: für Christen, Muslime, Juden. Er ist für die Armen da, kauft Sklaven frei, gewährt allen Reisenden Gastfreundschaft und verbringt seine Zeit viele Stunden im Gebet (besonders nachts), mit körperlicher handwerklicher und landwirtschaftlicher Arbeit und mit Besuchern.

Charles de Foucauld lässt sich schließlich 1905 in Tamanrasset, im Hoggar-Gebirge, nieder, um bei jenen Männern und Frauen zu leben, die durch die Wüste von der Welt abgeschottet waren: den Tuareg. Dort will er der Bruder aller sein, ohne etwas zu verlangen, ohne zu predigen, respektvoll und ohne Ansehen von Religion oder Herkunft, indem er ein gewöhnliches, karges Leben führt.

"Ich lebe seit über 20 Jahren in Tamanrasset und die Ankündigung der Heiligsprechung von Charles de Foucauld weckt in mir eine innere Freude, erneuert meinen Glauben und stärkt meine Präsenz in einem muslimischen Land", bekennt Schwester Martine Devriendt von der Kongregation der Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen von Charles de Foucauld, deren Spiritualität vom künftigen Heiligen inspiriert ist, gegenüber der internationalen Stiftung ACN.

"Die Ankündigung dieser Heiligsprechung bestätigt die Einsichten dieses Mannes offiziell in der Kirche, umso mehr, als die auf diesen Einsichten beruhenden Leitlinien nach meinem Empfinden überall, wo auch immer wir leben, sehr aktuell sind: Gebet, ein genügsames Leben, Freundschaft, Nähe zu Menschen in prekären Lebensumständen."

Und in Tamanrasset – zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein kleines Dorf, das sich inzwischen zu einer kosmopolitischen Stadt mit 150.000 Einwohnern entwickelt hat – zeigt sich diese Berufung noch heute, wie zu Zeiten Charles de Foucaulds: durch eine Fraternität, die sich durch zurückhaltende, kontemplative Präsenz im Dienst an anderen inmitten der Muslime des Landes auszeichnet, ohne jegliche Missionierungsbestrebungen, ganz im Sinne von Charles de Foucauld, der in seinen Carnets de Tamanrasset schreibt: "Mein Apostolat muss das Apostolat der Güte sein. Wenn man mich beobachtet, soll man sich sagen: ‚Wenn dieser Mensch so gut ist, muss seine Religion gut sein.‘ Wenn man mich fragt, warum ich mich so mild und gut verhalte, muss ich antworten: ‚Weil ich der Diener eines bin, der viel besser ist als ich. Wenn ihr wüsstet, wie gut mein Meister JESUS ist.‘".

"Frauen können zu allen gehen"

Die Kongregation der Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen von Charles de Foucauld ist eine von etwa einem Dutzend Ordensgemeinschaften, die sich, so wie auch Laiengruppen, auf die Spiritualität des künftigen Heiligen berufen. Die Kleinen Schwestern, die mitten in der Welt ein kontemplatives Leben führen, sind 1933 zur selben Zeit wie die Die Kleinen Brüder Jesu entstanden und 1952 nach Tamanrasset in der Nähe der Einsiedelei des Seligen gekommen, der dort die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte.

Wie Schwester Martine erklärt, ist die Präsenz christlicher Frauen in Tamanrasset wichtig, weil sie in die Familien gehen können und so Zugang zu allen Schichten der muslimischen Bevölkerung haben, insbesondere zu den Ärmsten und Schwächsten: zu Frauen, Kindern und vor allem Behinderten, die sehr zahlreich sind. Dies geschieht konkret dadurch, dass sie den Frauen zuhören, durch Hausbesuche, Besuche in Krankenhäusern, Gefängnissen, oder auch durch Hilfestellung bei bürokratischen oder medizinischen Schritten, in Momenten der Trauer oder anlässlich von Feiern.

"Seit 15 Monaten gibt es keinen Priester mehr für die Gemeinde"

Zudem ist Tamanrasset, ganz im Süden der Diözese Laghouat-Ghardaia gelegen, zu einem Knotenpunkt geworden, an dem sich "ganz Algerien und Afrika begegnen". Die Menschen der Region sind Harratin, Tuareg und sie treffen auf Algerier aus allen Teilen des Landes: Araber, Kabylen, Mozabiten ... Die Jahre des Terrorismus (1992 bis 2000) haben dazu geführt, dass viele Menschen aus dem Norden mehr Ruhe in dieser Region gesucht haben, in der es auch viele Migranten aus afrikanischen Staaten südlich der Sahara gibt. Nigerianer und Malier kommen zum Arbeiten und die anderen "Subsaharaner" hoffen, nach Europa zu gelangen. Unter ihnen gibt es sehr viele Christen.

Die Schwestern sind für sie eine Quelle des Trostes und der geistlichen Unterstützung. "Es ist eine gemeinsame Mission mit den drei Kleinen Brüdern Jesu von Tamanrasset und bald einem neuen Priester, der auf sein Visum wartet. Schon seit 15 Monaten gibt es keinen Priester mehr für die Gemeinde", erklärt die Kleine Schwester vom Heiligen Herzen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Seit fünf Jahren ist Schwester Martine die Einzige ihrer Gemeinschaft, die vor Ort lebt. Die älteren Schwestern mussten nach Frankreich zurückkehren. Für die Kongregation zeigte sich damals, dass das Wiederherstellen einer echten christlichen weiblichen Präsenz und Fraternität in Tamanrasset vordringlich ist.  "Unsere Realität sieht so aus, dass wir – ebenso wie viele andere Gemeinschaften, vor allem in den Grenzgebieten – diese nicht mehr allein aufrechterhalten können, weil uns Menschen fehlen, die neu hinzukommen. Wir können nicht mehr an Ordensgemeinschaften aus Schwestern derselben Kongregation oder derselben Spiritualität denken. Jetzt geht es darum, Fraternität in der Vielfalt der Charismen der Kongregationen und der Laienfrauen zu schaffen, die sich für eine bestimmte – mehr oder weniger lange – Zeit engagieren wollen", schrieben die Schwestern im September 2019.

"Der Aufruf ist immer noch aktuell!"

Daraufhin starteten sie einen Spendenaufruf, um die bestehenden Wohn- und Lebensbereiche wieder aufzubauen und so Frauen, die sich berufen fühlen, in Tamanrasset unter den dortigen Umständen zu leben, eine angemessenere Unterbringung (die Selbstständigkeit und Sicherheit gewährleistet) zu bieten.

ACN hat entschieden, dieses Projekt mitzufinanzieren. "Die Bewilligung ist mit der Ankündigung der Heiligsprechung von Charles de Foucauld gekommen, was eine segensreiche Fügung ist und unserem Projekt noch mehr Aktualität verleiht", hat Schwester Isabel Lara Jaén, Generalpriorin der Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen von Charles de Foucauld, an die Stiftung geschrieben.

Das ursprüngliche Gebäude aus Toub (Lehm) musste aufgegeben werden. Es war nicht sehr praktisch, schwierig instandzuhalten, kompliziert zu renovieren, ohne Komfort (kleine Räume, fehlende Belüftung und Licht, Außentoiletten ...) und wurde daher ganz abgerissen. Der Bau von vier kleinen Einzimmerwohnungen wird Frauen mit jeweils sehr unterschiedlichem Hintergrund die erforderliche Unabhängigkeit bieten, zwar mit viel Selbstständigkeit, aber auch mit einer gemeinsamen Mission: ein Leben des Gebets und des Füreinander-Einstehens unter Muslimen und christlichen Migranten aus Subsahara-Afrika zu führen.

Die Hauptarbeiten sind inzwischen beendet. Die Nachbearbeitung sollte Anfang Herbst abgeschlossen sein. Parallel zur Mittelbeschaffung im September 2019 hatten die Schwestern in der französischen katholischen Zeitung La Croix einen Aufruf gestartet und darin Laien- oder Ordensfrauen eingeladen, die für mindestens ein Jahr in der Fraternität leben möchten. "Es sollten eigentlich einige kommen und uns besuchen, doch die Covid-19-Pandemie hat in den letzten Monaten alle Reisen verhindert. Aber der Aufruf ist immer noch aktuell!" – Schwester Martine lässt sich trotz allem nicht entmutigen.

(*Erstveröffentlichung 09. Juli 2020)

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