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Umfrage: Die meisten Eltern geben ihre Kinder aus finanziellen Gründen in eine Kita

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Mehr als 70 Prozent der Eltern wollen oder müssen ihre Kinder in eine Kita geben, um Geld zu verdienen. Einer neuen Umfrage der Bertelsmann Stiftung zufolge haben rund 22 Prozent der befragten Eltern Angst um ihren Arbeitsplatz. Abgesehen von wirtschaftlichen Gründen listete die politisch und gesellschaftlich einflussreiche Stiftung auch eine Reihe von kind- und elternbezogenen Gründen auf. 

Jeweils über 90 Prozent der Eltern versprechen sich vom Kita-Besuch, dass "mein Kind Neues entdecken" und "noch mehr in Kontakt mit anderen treten kann". Auch "für die Entwicklung meines Kindes" sei die Kita gut. Fast 40 Prozent gaben an, ihr Kind werde in der Kita "besser betreut". Andererseits war es nur bei einem Viertel der Eltern der Fall, dass das Kind einen entsprechenden Wunsch geäußert hatte.

Rund ein Drittel erwähnte als einen Grund, ihr Kind in die Kita zu geben, auf diese Weise "mehr Zeit für notwendige Besorgungen zu haben". Etwa 26 Prozent wollen, wenn das Kind in der Kita ist, "in Ruhe" den Haushalt erledigen. 18 Prozent sagen, sich so mehr Zeit für sich selbst nehmen zu können. Nur sechs Prozent der Eltern geben ihr Kind in die Kita, um dem Druck und den Erwartungen anderer zu entsprechen.

Die nackten Zahlen nahm die Bertelsmann Stiftung zum Anlass, für einen Ausbau von Kita-Plätzen in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu plädieren. "Das Ländermonitoring, in dem die Stiftung jährlich die Entwicklung des frühkindlichen Bildungssystems bilanziert, legt offen: Ein Drittel der Kinder in Deutschland unter drei Jahren (34,3 Prozent) sind in Kindertagesbetreuung; für die Hälfte (49,4 Prozent) aber benötigen die Eltern eigentlich einen Platz." 

Ein ähnlicher Mangel zeige sich bei einer Betrachtung der Fachkräfte: "Statt der von der Bertelsmann Stiftung empfohlenen drei Kinder betreut im Westen eine Fachkraft durchschnittlich 3,6 Kinder unter drei Jahren, im Osten 5,7. Zudem geben die Fachkräfte selbst an, dass sie allzu oft den Bildungsanspruch der reinen Aufsichtspflicht hintenanstellen müssen. Unter der unzureichenden Personalausstattung leidet demnach auch die Qualität in den Kitas."

"Die Corona-Pandemie zeigt, wie zentral Kitas für Kinder und ihre Eltern, aber auch für unsere Volkswirtschaft sind", erklärte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung und zuständig für die Bereiche Bildung und Integration. "Kitas brauchen mehr Personal und eine verlässliche Finanzierung, um professionell arbeiten zu können."

 

Interessenvertretungen von Eltern und Familien verorten das Problem indes anderswo. "Eltern sind gezwungen, ihre Kinder schon im Kleinkindalter abzugeben", so Hedwig von Beverfoerde, Chefin des Aktionsbündnisses Demo für Alle, einem Zusammenschluss verschiedener Familienorganisationen, politischer Vereine und Initiativen und Familien aus ganz Deutschland. "Das ist ein Skandal."

"Aufgrund der hohen Abgabenlast müssen nicht nur viele alleinerziehende, sondern auch verheiratete Mütter mindestens Teilzeit arbeiten", konstatierte von Beverfoerde gegenüber CNA Deutsch. "Und seit Ursula von der Leyens 'Krippenoffensive' ist es das erklärte Ziel der Politik, Mütter möglichst früh in Vollzeiterwerberstätigkeit und die Kinder entsprechend in Fremdbetreuung zu bringen."

Das müsse sich ändern: "Wir brauchen endlich echte finanzielle Wahlfreiheit für Eltern in der Kinderbetreuung. Eltern müssen frei entscheiden können, und zwar individuell zum Wohl ihres Kindes, ob, ab wann und von wem" sie ihre Kinder betreuen lassen möchten. Es könne auch sein, dass sie "lieber selbst die volle Erziehungsarbeit zu Hause" zu leisten bereit sind.

"Finanziell wäre das leicht zu bewerkstelligen", sagte von Beverfoerde. "Die Finanzmittel, die der Staat für einen Krippen- oder Kindergartenplatz aufwendet, müssten lediglich in gleicher Höhe direkt den Familien zugewendet werden, sodass diese damit das von ihnen für ihr Kind angestrebte Betreuungs- und Erziehungsmodell finanzieren könnten."

Ute Steinheber, stellvertretende Vorsitzende beim Verband Familienarbeit, der sich für die Förderung der eigenständigen finanziellen und sozialen Absicherung häuslicher Eltern- und Pflegearbeit einsetzt, äußerte sich gegenüber CNA Deutsch ähnlich: Man sehe als Alternative zur Kita-Betreuung "ein Familienerziehungsgehalt, das den Kosten der Krippenunterbringung (ca. 1 000 Euro pro Monat) entspricht, mindestens aber eine Verlängerung des Elterngeldes auf drei Jahre nach Geburt eines Kindes." Dies solle auf einem Niveau geschehen, "das sich auch bei weiteren Geburten verlängert und nicht – wie zur Zeit üblich – auf Minimalniveau von 300 Euro Erziehungsgeld ausbezahlt wird." 

Eine weitere Alternative sei "eine familiennahe Form" der Betreuung, etwa Tagesmütter, da so "geringere Kosten für die Kommunen" entstünden und mehr Flexiblität bei gleichzeitig "weniger Personalwechsel" und "weniger Stress" gegeben sei.

Gerade hinsichtlich der Auflistung elternbezogener Gründe für einen Kita-Besuch in der Umfrage der Bertelsmann Stiftung sagte Steinheber: "Auch Mütter haben Bedürfnisse." Entsprechend könnten die angegebenen Gründe "eher zur Entspannung der Erziehenden dienen als rein egoistischen Motiven. Die Mütter sind dann wesentlich weniger gestresst." Nichtsdestotrotz wäre es "natürlich sehr wünschenswert, wenn Großeltern diese Zeiten familienintern abdecken könnten". Das stärke die innerfamiliäre Beziehung und den Zusammenhalt, sei indes aus verschiedenen Gründen leider nicht immer praktikabel.

Wichtiger als elternbezogene Gründe seien ohnedies die wirtschaftlichen, erklärte die Vertreterin des Verbands Familienarbeit. Mehr als 70 Prozent der Eltern mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 4 600 Euro pro Monat hatten trotzdem angegeben, sie müssten Geld verdienen und daher ihre Kinder in die Kita geben. "Die Frauen wollen einfach nicht (mehr) auf ihr gutes und eigenes Einkommen verzichten", stellte Steinheber fest. "Das finde ich wiederum egoistisch. Wenn so viel Geld im Haushalt ist, sollte die Zeit für Kinder unbedingt da sein und ein Erziehender zumindest nur Teilzeit erwerbstätig sein."

"Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger Emanzipation, bester Bildungschancen für Frauen, Gleichberechtigung, das wollen die Frauen nicht mehr aufgeben, sie wollen partizipieren", fasste sie zusammen. "Viele wollen trotzdem noch Mütter sein, eine Familie gründen, völlig blauäugig, was das tatsächlich bedeutet." Die Kollateralschäden, darunter gesundheitliche Probleme, Bindungsängste, Depressionen und Trennungen, seien schon lange feststellbar. "Gesunde, starke Familien kommen sehr viel besser durch die Pandemie und auch sonst durchs Leben."

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Steinheber sprach sich auch dafür aus, den Begriff Kita bzw. Kindertagesstätte differenzierter zu sehen: Es sei "ein ganz schwammiger Begriff, denn natürlich bestehen gravierende Unterschiede zwischen den Bedürfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten" der Kinder unter drei Jahren "und den Bedürfnissen und rasant wachsenden motorischen und feinmotorischen sowie geistigen und sozialen Entwicklungsschritten der Kinder im Kindergartenalter. Es sollte rein sprachlich immer unterschieden werden: Wird von Krippenbetreuung gesprochen oder ist von Kindergartenkindern die Rede? U3 oder Ü3?" 

Von "Bildung" könne man bei ganz jungen Kindern unter drei Jahren noch gar nicht sprechen: "Sie suchen Nähe, Sicherheit, Blickkontakt und brauchen feste Bezugspersonen (die ihnen jahrzehntelang zur Seite stehen und sie durch die unweigerlichen Lebenskrisen begleiten können). Das sind naturgemäß die eigenen Eltern, die primäre Bezugsperson ist die leibliche Mutter."

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