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Für Weihnachtsgottesdienste mit Phantasie und Hygienevorschriften

Martin Rothweiler, Geschäftsführer und Programmdirektor des katholischen Fernsehsenders EWTN.TV in Deutschland.

Soll die katholische Kirche wegen der Corona-Pandemie auf öffentliche Werktagsmessen in den kommenden Wochen wirklich verzichten und nur noch an Sonn- und Feiertagen die Mitfeier zulassen? Wer in Deutschland Werktagsmessen des Öfteren besucht, weiß, dass die Gefahr, an Werktagen die Abstandsregeln nicht einhalten zu können, gegen Null tendiert. Sollen Oberhirten ihren Pfarrern wirklich anraten: "Bitte zelebriert vorerst werktags nicht mehr öffentlich." Soll man den wenigen Gläubigen, die werktags an der Eucharistiefeier teilnehmen, weil sie daraus Kraft für ihren Alltag in schwierigen Zeiten schöpfen, wirklich sagen: "Lasst es lieber bleiben, weil das letzte Restrisiko einer Ansteckung mit dem Virus nicht auszuschließen ist." Oder: "Verzichtet lieber darauf, weil die Gesellschaft uns, die Kirche, kritisch beäugt." Die Gesellschaft beäugt die Kirche kritisch wegen ganz anderer, und zwar trauriger und bestürzender Dinge. Da kann man doch nur dankbar auf diejenigen schauen und sie ermutigen, die "trotz allem" sogar werktags zur Kirche gehen. Der kritische Blick der Gesellschaft ist kein grundsätzliches Handlungskriterium. Das wäre fatal.

Das "Offenhalten" der Werktagsmesse eignet sich im Gegenteil doch gerade als Chance dazu, deutlich zu machen, dass der Mensch nicht vom Brot alleine lebt, dass es ganz andere tief menschliche Grundbedürfnisse gibt, die letztlich nur Christus stillen kann. Und wenn wir wirklich daran glauben, dass Christus in der Eucharistie real präsent ist und darin in ganz unvergleichlicher Weise zu uns kommt und uns nahe sein will, dann macht der freiwillige Verzicht darauf, nur um kritische Blicke der Gesellschaft zu vermeiden, nicht wirklich Sinn. Ich kenne einige dieser treuen Seelen, die werktags in die Messe gehen, egal in welcher Kirche des Pfarrverbands sie stattfindet. Ich bin sicher, dass ihr Gebet der Kirche und der Gesellschaft hilft. Mir scheint bisweilen, als ob im innerkirchlichen Diskurs auf diese Werktagskirchgänger als frömmlerische Quantité négligeable von oben herabgeschaut wird.

Und wie schaut es an Weihnachten aus? Sollen wir, um Menschenleben zu retten, an Weihnachten lieber zu Hause bleiben und auf die Christmette und den Weihnachtsgottesdienst verzichten? Oder sollen wir die Phantasie aufbringen, das Angebot an Messen zu erweitern, damit bei Einhaltung aller Hygienevorschriften möglichst viele gehen können. Gott sei Dank geschieht das vielerorts. Der Protest der bayrischen Bischöfe gegen die Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr in Bayern am Heiligabend und der Wunsch, dass am Heiligen Abend so viele Gottesdienste wie möglich gefeiert werden sollen, ist ein positives, ermutigendes Zeichen. Und an Phantasie fehlt es hier und da auch nicht: Ist es nicht großartig, wenn ein Pfarrer – wie in meiner Nachbarschaft geschehen – auf Herbergssuche geht, weil seine Kirche zu klein ist und er nur 30 Personen Zutritt gewähren dürfte. Er hat sich entschlossen für die Christmette in eine große Scheune, gleichsam einen einfachen Stall umzuziehen, damit wenigstes 170 Gläubige daran teilnehmen können. Gehen wir auf Herbergssuche! Bieten wir mehr Heilige Messen um die Weihnachtszeit an. Und da, wo es einfach nicht geht, weil es die Anmeldezahlen nicht zulassen, gibt es das Angebot zahlreicher Christmetten, Weihnachtsgottesdienste und Sondersendungen im Fernsehen und im Internet, was in großem Umfang gerade die privaten kirchlichen Sender wie EWTN.TV anbieten. Der Lockdown während des Osterfestes hat gezeigt, wie wichtig diese Angebote sind. Um den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zu zitieren: "Einen Lockdown der Seele darf es nicht geben!"

Zuerst veröffentlicht als "Standpunkt" bei "katholisch.de"

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