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Die unbegreifliche Schönheit des Heiligen Geistes

Der Heilige Berg Athos: Gemälde von Alfons Mucha

„Steigt der Geist auf unerklärliche Weise zu dem Einen auf, der jenseits des Begreifens ist, so ist es ihm unmöglich, sich nicht in  diesen zu verlieben. Denn er begegnet einer unsäglichen und unbegreiflichen Schönheit, die aus Ihm entströmt wie aus einer mächtigen Quelle. In diesem Zustand, eingetaucht ins göttliche Licht, ähnelt der Geist einem Fischernetz, das wegen des Gewichts der vielen Fische, die es enthält, zu reißen droht. In Staunen steht der Geist vor Gottes Schönheit und ist berauscht wie von Wein. Wie von Sinnen gerät er außer sich und wird er von einer Bewunderung erfasst, die alles Begreifliche übersteigt; denn er ist außerstande, die Schau solch außergewöhnlicher Schönheit über aller Schönheit zu ertragen. Darum ist er von der Liebe Banden gebunden und brennt er vor lauter Durst nach Gott“ (Philokalie, Kapitel 24, hl. Kallistos über die geistliche Wonne).

Diese unbegreifliche Schönheit des Heiligen Geistes und den Durst nach Gott wollen die „Ratschläge für das geistliche Leben“ vermitteln. Sie entstammen der Feder des heiligen Nikodemos vom Berg Athos, auch Nikodemos der Hagiorite genannt, der 1749 auf der Insel Naxos auf (Kykladen, Griechenland)  geboren wurde. Er studierte in Smyrna (heutige Ízmir) und wurde anschließend Sekretär an der Metropoliankirche des Metropoliten von Naxos.  Hier lernte er Mönche aus verschiedenen Athos-Klöstern kennen und ging 1775  selbst auf den Berg Athos, wo er Mönch wurde im Groß-Kloster Dionysiou. Gestorben ist Nikodemos im Alter von 60 Jahren am  14. Juli 1809. 1955 wurde er heiliggesprochen und gilt als großer geistlicher Lehrer.

Der heilige Nikodemos hat eine Vielzahl von Schriften von großem spirituellem Wert hinterlassen. In der postbyzantinischen Zeit jener Epoche war es sein Anliegen, die geistigen Schätze der Orthodoxie zu bewahren, die vor allem im Innern von vielfältigen Angriffen, aber auch vom Vergessen der eigen Tradition gefährdet waren. Heute nehmen die Schriften  dieses Heiligen in der Orthodoxie weltweit eine zentrale Position ein.

Zahlreiche seiner Werke wurden in vielen Sprachen übersetzt. Nun liegen uns seine „Ratschläge für das geistliche Leben - Symboleutikon Enchiridion“ in deutscher Sprache vor, die von dem rührigen deutschen Verlag „Edition Hagia Sophia“ herausgegeben wurden. Ein Biograph bezeichnet diese Arbeit nicht nur als „Erzeugnis des Gedächtnisses und des Verstandes“; vielmehr sei sie „das Erzeugnis des Gedächtnisses der Seele, die von Gott durchtränkt“ sei. 

Nikodemos weiß als gebetserprobter Mönch wovon er spricht. Was er schreibt beruht ganz auf der christlichen Tradition wie auf der Gebetserfahrung eines reichen Mönchs- und Eremitenlebens.

In zwölf großen Kapiteln  werden wesentliche Aspekte des geistlichen Lebens behandelt. Es ist beeindruckend, dass dieses Werk vom heiligen Nikodemus auf einer einsamen Insel niedergeschrieben wurde, wo er sich für einige Zeit aufhielt und wo er keinerlei Bücher zur Verfügung hatte. Die vielleicht reifste geistliche Frucht seines asketischen Lebens fasst in diesem sicheren Wegweiser für das geistliche Leben die reichen Erfahrungen der Heiligen Väter zusammen.

Der fromme und gelehrte Mönch wird neben der theoretischen Beschreibung immer auch ganz praktisch und bezieht sich stets auf das wirkliche Leben und die Einflüsse, denen der fromme, suchende Mensch ausgesetzt ist. Auch für heutige, moderne Menschen taugen die Ratschläge des Athos-Mönches.

Als einen kleinen Einblick sei auf das 9. Kapitel hingewiesen: „Wie man über die Phantasie wacht“. Wir lernen, dass die Phantasie Leidenschaften erzeugt und wir darum prüfen müssen, wie sich Phantasie von den Sinnen unterscheidet. Die moderne Welt erzeugt permanent Phantasien und regt ununterbrochen die Sinne an. Dabei sind die Bilder die sich ihnen einprägen oft teuflischer Natur, denn der Teufel verwendet die Phantasie als „Organ der Verblendung“. Die Welt gaukelt dem Menschen alles Mögliche vor, vor allem jenes, das ihm nicht gut tut, das, was gegen die göttliche Ordnung verstößt. Darum ist es wichtig zu erfahren, „wie man die Phantasie gebrauchen sollte“.

Nikodemus schreibt deshalb: „du müsstest über deine Phantasie ebenso wachen wie über die äußerlichen Sinne“,  eigentlich sogar noch mehr „über unsere Phantasie […] als über unsere Sinne“.

„Leidenschaftsbestimmte Phantasie hat größere Kraft und Gewalt über den Menschen als die Sinne selbst. Hat eine leidenschaftsbestimmte Phantasie einmal vom Menschen Besitz ergriffen, so wird er zum willigen Knecht dieser Vorstellung. Er wird nicht mehr imstande sein zu sehen, obschon er den Sehsinn hat, zu hören, obgleich er Ohren hat, zu riechen oder zu tasten. Obschon er all seine Sinne offen hat, macht er den Anschein, sie verschlossen und vollauf untätig zu halten.“

Vor uns liegt ein leidenschaftliches und geisterfülltes Buch für leidenschaftliche Gottsucher.

Heiliger Nikodemos vom Berg Athos, "Ratschläge für das geistliche Leben – Symboleutikon Enchiridion", ist bei Edition Hagia Sophia erschienen und hat 256 Seiten. 

sgsgd

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