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Zuverlässiger Partner: Der Heilige Stuhl erhält Beobachter-Status bei der WHO

Christian Peschken (li) im Gespräch mit Erzbischof Ivan Jurkovič

Die Weltgesundheitsversammlung (WHA) ist das Forum, durch das die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geleitet wird. Sie ist das höchste gesundheitspolitische Gremium der Welt und setzt sich aus den Gesundheitsministern der Mitgliedsstaaten zusammen.  Am 31. Mai während ihrer 74. Sitzung empfahlen 71 Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland,  angeführt von Italien der Weltgesundheitsversammlung in Genf, den Heiligen Stuhl offiziell aufzunehmen und zwar als 'Nicht-Mitgliedstaat Beobachter” bei der Weltgesundheitsorganisation.  

Der Vorschlag wurde anschließend offiziell angenommen. 

Der ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf Erzbischof Ivan Jurkovič: “Unsere Ideen werden auch von anderen geteilt. Und wir machen manchmal eine Arbeit, die für alle gut ist. Ich denke, das Sie in an der jetzigen Entscheidung sehen können, dass wir eine so große Unterstützung von vielen Ländern haben, die nicht katholisch sind.”

Am Montag, dem 31. Mai 2021, hat die Weltgesundheitsversammlung im Konsens die von Italien vorgelegte Resolution "Teilnahme des Heiligen Stuhls an der Weltgesundheitsorganisation" angenommen, die die Teilnahme des Heiligen Stuhls an der Arbeit der Weltgesundheitsorganisation als Nicht-Mitgliedsstaat-Beobachter formalisiert", so das Presseamt des Heiligen Stuhls in seiner  Erklärung.

Wir baten den Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UN Genf Erzbischof 
Jurkovic uns kurz eine Erläuterung des vorherigen Status bei der Weltgesundheitsorganisation zu geben.  

Erzbischof Ivan Jurkovič: “1949 war das erste Treffen der Weltgesundheitsversammlung in Rom. Und der Papst hat dort eine sehr feierliche Ansprache gehalten, in der er die Gründung der neuen Organisation, die auch heute noch besteht, die Weltgesundheitsorganisation,  sehr begrüßt hat. 
Der Heilige Stuhl hatte damals nie die Absicht, dieser neuen Organisation strukturell oder auf irgendeiner anderen Ebene oder in einer bestimmten Kategorie beizutreten... wir sprechen jetzt über 1949.  Aber der Heilige Stuhl, der Papst hat sofort seine Begrüßung ausgedrückt, und diese Organisation in der Gruppe der Nationen willkommen geheißen um zu sehen, was wir gemeinsam für das Gesundheitswesen tun können. Seit den vielen Jahre die folgten, praktisch bis heute, wurde der Heilige Stuhl Jahr für Jahr vom Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation eingeladen, an der Weltgesundheitsversammlung teilzunehmen.  Die Weltgesundheitsversammlung ist jedes Jahr das wichtigste und einzige Treffen der Organisation, wo alle Entscheidungen getroffen werden, alle Verpflichtungen der Nationen eingegangen werden, und wir senden im Allgemeinen dorthin auch immer eine sehr hochrangige Vertretung. Das bedeutet also, dass der Heilige Stuhl an dieser Organisation teilgenommen hat, aber auf einer informellen Ebene, ohne eine Vereinbarung mit der Organisation zu haben, um institutionell teilzunehmen.Was wir also tun:  wir werden eingeladen, wir kommen und die Teilnehmer wissen, dass wir uns in so vielen Angelegenheiten auf verschiedenen Gebieten engagieren... und so nehmen wir teil. 

Ab jetzt jedoch, aufgrund des Beschlusses, haben wir den Status Ständiger Beobachter-Mitgliedstaat, also ähnlich, wie wir ihn bei vielen anderen internationalen Organisationen haben, sodaß wir nun mehr institutioneller arbeiten können in vielen  Bereichen in denen wir bereit schon in der Vergangenheit gearbeitet haben. 

Gab es einen Grund, dass der Heilige Stuhl gerade jetzt ofizieller Beobachter wurde bzw. zugestimmt hat es zu sein?  

Erzbischof Ivan Jurkovič: “Es war viele Jahre lang so, dass der Heilige Stuhl eine gewisse Absicht und ein Bestreben hatte, Beobachtermitglied zu werden, vor allem, weil, wenn man in internationalen Organisationen nicht institutionell präsent ist, sie einen nicht richtig verstehen. Man verstand den Heiligen Stuhl als eine humanitäre Organisation, nicht als international anerkannte souveräne, juristische Einheit. Wir sind jedoch hier als eine souveräne juristische Einheit, nicht als eine NGO. Und das war kein großes aber kleines Hindernis. Ich denke es gab zwei Gründe, warum wir uns in diesem Jahr entschieden haben. Der erste war sicherlich die starke persönliche Unterstützung des Papstes für den Multilateralismus. Der Papst ist davon überzeugt, dass Gesundheit ein wirklich universelles Problem ist und dass Multilateralismus, zumindest auf einer gewissen Ebene, die einzige Antwort auf ein solches Problem ist. Jede Trennung, jede Regionalisierung der Gesundheit in der Welt ist problematisch.Und wir sehen, dass das praktisch in diese Richtung geht. Und der Papst ist entschieden dagegen.  Wir die Delegation hier in Genf bei der UNO,  hatten eine High-Level-Veranstaltung organisiert über das Engagement des Heiligen Stuhls für den Multilateralismus, und sie war erfolgreich und wurde von allen geschätzt. Es ist irgendwie die Fähigkeit des Papstes als bekannter religiöser Führer, solche Ideen zu verkünden oder zu fördern. Das Bekenntnis zum Multilateralismus wird sehr geschätzt und ist für die internationale Gemeinschaft sehr nützlich. 
Das zweite Grund war sicher Covid 19. Wenn wir jetzt nicht entscheiden, wann dann, wissen Sie, nach so vielen Jahren, dass wir ein echtes globales Problem haben, und das ist leider so, oder dass wir dieses Problem überall haben, dass die entwickelte Welt, die so leicht Probleme der anderen vergisst, jetzt ein Problem in ihrem eigenes Haus hat. Es war also wichtig das wir uns jetzt entscheiden. 
Ich möchte in dem Zusammenhang auch erwähnen,  dass der Heilige Vater in Rom eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat, eine Covid Arbeitsgruppe, eine Organisation, eine kleine Gruppe von Leuten, jungen Leuten, die dort nicht nur den sanitären oder medizinischen Aspekt der Krankheit studieren, sondern auch den sozialen und wirtschaftlichen und alles was wir in Zukunft auf uns zukommen könnte. 
Ich denke, die Krise und das Drama, in dem wir leben, die dramatische Situation, die wir durchleben, ist sicherlich ein guter Grund und rechtfertigt, dass der Heilige Stuhl beschlossen hat, in diesem Jahr Ständiger Beobachter-Mitgliedstaat zu werden.”



In dem Beschluss der Weltgesundheitsversammlung heißt es unter anderem, das der Heilige Stuhl nun das Recht hat an der allgemeinen Debatte der Gesundheitsversammlung teilzunehmen;
bei jeder Plenarsitzung der Gesundheitsversammlung Reden zu halten  und er hat das Recht auf  Erwiderung. Allerdings hast er kein Recht die Entscheidung des Vorsitzenden anzufechten; abzustimmen oder Kandidaten vorzuschlagen. im Grunde also ähnlicher Status wie den der der Heilige Stuhl bei den Vereinten Nationen hat.  

Da die Weltgesundheitsorganisation Teil der Vereinten Nationen ist, die Frage an Erzbischof Jurkovic ob es Pläne gäbe in der nahen Zukunft, dass der Heilige Stuhl bei der UNO in Genf seinen Beobachterstatus ändert, um ein regulärer Mitgliedstaat zu werden? 

Erzbischof Ivan Jurkovič:  “Ja, die Teilnahme des Heiligen Stuhls, am multinationalen, multilateralen System der Vereinten Nationen und den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen ist auf seine spezifische Natur zurückzuführen. Der Heilige Stuhl ist nicht einfach ein Staat. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass die Interessen und die Art und Weise des Handelns, die Art und Weise der Integration, die Art und Weise  der Zurverfügungstellung der Ressourcen des Heiligen Stuhls nicht auf einem nationalen Interesse beruhen, welches so typisch für die Mitgliedsstaaten ist. Sie haben nämlich legitime, nationale Interessen und sie verfolgen diese Interessen. Sie sind auch großzügig. Sie tun viele Dinge für die anderen. Sie sind an der regionalen Zusammenarbeit interessiert, aber es ist immer mit einem bestimmten nationalen oder zumindest regionalen Interesse verbunden. 
Das trifft auf den Heiligen Stuhl nicht zu. Das heißt unsere Beteiligung bei den Vereinten Nationen ist spezifisch  anders. Ich denke, wir müssen das verteidigen, sonst könnte man das missverstehen, oder falsch interpretieren, dass das, was wir tun, nur im Interesse unsres eigenen 'Landes' ist. Das wäre schlecht.  Den Eindruck, den wir bei unseren Konsultationen gewonnen haben, ist, dass viele anerkennen, dass unser Handeln im Bereich der Wohlfahrt, sagen wir mal, im Bereich Gesundheit und Wohlfahrt, nicht ausschließlich auf die Katholiken beschränkt ist.

Ich habe hier neulich mit einem sehr wichtigen Botschafter gesprochen. Ich sagte zu ihm : Wissen Sie, wir haben unsere Einrichtungen, wir haben Krankenhäuser. Und er meinte: Exzellenz, erzählen Sie mir nichts, denn ich wurde in einem katholischen Krankenhaus geheilt und meine Tochter wurde in einem katholischen Krankenhaus geboren. Und er war kein Christ. Wissen Sie, er war ein muslimischer Botschafter. Und ich denke, es ist interessant zu sehen, dass das, was wir tun, irgendwie anders ist, als das was die anderen tun. 

In der Vergangenheit war es einfacher, weil es zumindest ein paar Nicht-Mitgliedstaaten oder Beobachter gab, und wir waren in dieser Gruppe.  Aber jetzt sind fast alle Mitglieder wie zum Beispiel die Schweiz, die in der Vergangenheit auch Beobachter war, sehr national auf sich selbst ausgerichtet..   Man schaut also nun auf uns und sieht das wir uns sehr spezifisch und einzigartig in der internationalen Gemeinschaft präsentieren. Und diese Qualität, und ich denke, die wird so eindrucksvoll aufgenommen, das ist unsere Art zu sein und wir werden so bleiben.



Viele der Ziele der Weltgesundheitsorganisation sind nicht mit dem Katholischen Glauben zu vereinbaren. frage an de Nuntius ob er glaube in Zukunft mit irgendwelchen moralischen Herausforderungen konfrontiert zu werden?

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Erzbischof Ivan Jurkovič: “ Es ist eine Frage, die schon in einigen Zeitungen aufgeworfen und angesprochen wurde, und einige Organisationen haben angefangen, uns so etwas zu sagen oder uns Fragen zu stellen oder uns unter Druck zu setzen, dass wir etwas anderes sagen sollen, als dass wir normalerweise als Kirche sagen  nämlich die Lehre der katholischen Kirche.

Man muß verstehen, und wir wiederholen es immer, dass die Existenzberechtigung der Weltgesundheitsorganisation nur eine ist, und diese resultiert aus ihren Statuten: Es geht um globale Gesundheit für alle, um die Gesundheit für alle. Das ist das Ziel, nichts anderes. 

Und deshalb können auch wir als Beobachterstaat dabei zu sein, weil sie wünschen jeden in der  Organisation zu haben der aktiv mithelfen kann das so schwierige Ziel zu erreichen, nämlich  Gesundheit für alle. In gewisser Weise ein Schirm der uns Schutz vor allem anderen gibt.

Nun, bedingt durch kulturelle Veränderungen und auch, die allgemeine Wahrnehmung, gibt es  unterschiedliche Vorschläge wie ein optimaler Gesundheitszustand erreicht werden kann. 
Aber wir müssen eines verstehen das es nicht nur die katholische Kirche, oder der Heilige Stuhl sind, die hinter bestimmten moralischen Standards, starken moralischen Überzeugungen stehen. Es gibt viele andere. Aber das sollte die Weltgesundheitsorganisation nicht daran hindern, das Ziel Gesundheit für alle zu finden und zu erreichen. 

Sicherlich gibt es auch Leute, die unzufrieden damit sind und sogar aggressiv reagieren, besonders wenn sie politisch motiviert sind. Aber das entspricht nicht der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten, die an dieser Organisation beteiligt sind.

Ich denke also, dass die vielschichtige, ethische Bewertung die wir einbringen, für die Organisation sehr nützlich ist. Sie ist auch für die Mitgliedstaaten nützlich. Manchmal ist es so, dass wir lauter sind, wissen Sie, wir sind sichtbarer, aber das bedeutet nicht, dass unsere Ideen von allen anderen abgelehnt werden. 

Unsere Ideen werden auch von anderen geteilt. Und wir machen manchmal eine Arbeit, die für alle gut ist. Ich denke, das Sie in an der jetzigen Entscheidung sehen können, dass wir eine so große Unterstützung von vielen Ländern haben, die nicht katholisch sind.

Sie betrachten den Heiligen Stuhl als einen Mitstreiter nicht nur mit ethischen Überzeugung sondern auch mit enormen Kapazitäten. Der Heilige Stuhl verfügt über mehr als 100.000 Institutionen für  Gesundheitswesen, darunter 5000 Krankenhäuser, und 15000 Ambulante Dienste.  

Wir machen also so viele Dinge und die anderen sind davon überzeugt, dass der Heilige Stuhl ein nützliches Mitglied in der Gemeinschaft der Nationen ist und dass unsere Beiträge, so wie es auch der  Generaldirektor zum Ausdruck brachte, wertvoll sind und geschätzt werden. 

Es ist also nicht so das wir nur bestimmte kulturelle Standpunkte, die sicher auch legitim sind, verteidigen, sondern wir sind mehr im globalen Zusammenhang akzeptiert und nützlicher. 

Auf der anderen Seite müssen wir eine Sache wissen. Ich wiederhole das immer wieder. 
Es ist wichtig, dass wir vermeiden, dass internationale Organisationen ihre Verhaltensweisen  verschiedenen kulturellen, religiösen und traditionellen Umgebungen aufdrängen wollen.  
Das ist nicht richtig, wissen Sie. Dies sollte eine Sache auf nationaler Ebene sein, zu entscheiden, was man in Zukunft tun will oder was nicht.  

Eine internationale Sichtweise muss viel aufmerksamer sein, muss vielmehr auf die Überzeugung der anderen Rücksicht nehmen. Andernfalls laufen wir Gefahr dass wir statt eines in der Vergangenheit  wirtschaftlichen Kolonialismus, einen kulturellen Kolonialismus haben werden, dass wir die Menschen zwingen werden, sich zu ändern, nicht weil sie überzeugt sind, sondern nur weil wir möchten, dass sie unsere Ideen annehmen und akzeptieren. Und das sollte sicher nicht das Ziel einer internationalen Organisation sein. 

Deshalb denke ich, dass unsere Teilnahme an der Weltgesundheitsorganisation konstruktiv sein wird und das sie zuverlässig sein wird. Wir sind ein verlässlicher Partner und wir sind ein voll engagierter Partner für das gleiche Ziel : Gesundheit für Alle. 

Als Katholiken können wir sicher darüber diskutieren ob so eine Mitgliedschaft, so eine enge Verbundenheit mit einer Organisation die in vielen Angelegenheiten gegen unsere religiösen Überzeugungen handelt, ob das Sinn macht. 

Dazu ein Zitat des ehemaligen Nuntius bei den Vereinten Nationen, heute Kardinal Silvano Tomasi, der meinte, daß man ausgeschlossen, draußen vor der Tür gar nichts erreichen kann, sondern nur wenn man im Raum mit dabei ist und “unsere  Stimme gehört wird.”        

Übrigens wird man sicher die Stimme von Erzbischof Jurkovic dort nicht mehr hören... denn er wurde vor ein paar Tagen vom Papst zum neuen Botschafter in Kanada ernannt. Wir werden in der nächsten Ausgabe des Videoblogs mit dem Erzbischof darüber sprechen.     

Original Interview aufgenommen in Genf von Kameramann Andriy Ryndych. Redaktion, Deutsche Übersetzung, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN.TV 

(*) Hinweis: Dieser Blogpost – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.    

 

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