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Zum Kontext: Die Geschichte des Umgangs mit dem Verbrechen sexuellen Missbrauchs

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Sexueller Missbrauch von Kindern ist in Deutschland gemäß § 176 Strafgesetzbuch nicht nur irgendeine Straftat, sondern aufgrund der hohen Mindeststrafe ein Verbrechen.

Diese Tat steht im seit 150 Jahren gültigen Strafgesetzbuch in Deutschland unter Strafe. Es gab allerdings eine Phase in der deutschen Geschichte, in der eine Abschaffung des Sexualstrafrechtes, zumindest beim Kindesmissbrauch, diskutiert wurde. 

Es entstand sogar in Teilen der Öffentlichkeit ein Klima, Kindesmissbrauch sei nicht schädlich. In den Blickpunkt gelangte nicht nur die Partei die „Grünen“, sondern auch bedeutende Politiker anderer Parteien, vor allem aber gemeinnützige Organisationen wie Pro Familia und der Humanistische Bund.

Untersuchung des Instituts für Demokratieforschung

Über die Verstrickung der Partei „Grüne“ wurde im Auftrag des Parteivorstandes ein 118-seitiges Gutachten des Instituts für Demokratieforschung der Universität Göttingen erstellt und 2013 veröffentlicht. Zur Einordnung formulieren die Gutachter, es sei „entscheidend, in welchem gesellschaftlichen Umfeld die Grünen agiert und wie gesellschaftliche Bewegungen auf die Grünen eingewirkt haben“. Es sei „erforderlich, die mutmaßlich einwirkenden Bewegungen, Organisationen und Institutionen ebenfalls ins Visier zu nehmen.“

Auch heute ist es interessant, darauf den Blick zu richten, welche gesellschaftlichen Stimmungen in dieser Zeit vorhanden waren. Die Gutachter der Universität Göttingen waren im Jahr 2013 tätig. Ins Rollen kam die Diskussion erst im Jahr 2010 durch den damaligen Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertens. Er machte den dortigen Pädophilie-Skandal öffentlich. Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte offenbar Schweigen. Und in der Aufarbeitung tat sich nicht nur die katholische Kirche schwer, sondern offenbar alle Beteiligten. Darauf deutet die Tatsache hin, dass Missbrauchsskandale immer erst nach Jahrzehnten an die Öffentlichkeit kamen.

Heute denkt jeder, der von Kindesmissbrauch hört, an die katholische Kirche. Mit deutlichem Abstand steht sie stärker im Fokus als alle anderen. Wobei es einen Unterschied gibt: In ethisch-moralischer Hinsicht hat die Kirche dieses Verbrechen immer verurteilt, allerdings Täter vielfach geschützt. 

Forderungen, pädophile Neigungen ausleben zu dürfen und Legitimationshilfen kamen von anderer Seite. „Sie fanden sich in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen, wie Pädagogik, Rechtswissenschaft, Sexualwissenschaft, Psychologie und auch in der Medizin. Politisch vermittelte sich viel davon in das grün-alternative Milieu“, beschrieben die wissenschaftlichen Gutachter der Universität Göttingen und fügten hinzu: „Doch handelte es sich um keine originär grüne Affinität, vielmehr waren die pädophilen Avancen in der Grünen Partei Resultat eines breiten und lang geführten Diskurses, der über das mit 1968 chiffrierte linke Lager hinaus reichte und liberale Gruppierungen des Bildungsbürgertums umfasste. Hier wurde mit Verve von der Befreiung des Sexuellen gesprochen.“ 

Der Spitzenkandidat der „Grünen“ bei der Bundestagswahl 2013, Jürgen Trittin, hatte 1981 presserechtlich ein pädophilenfreundliches Wahlprogramm verantwortet, was er im Wahljahr bedauernd einräumte.  Im gleichen Jahr räumte der SPD-Bundestagsabgeordnete und und Sprecher der Arbeitsgruppe Menschenrechte, Christoph Strässer, als Vorsitzender der früheren FDP-Jugendorganisation Jungdemokraten eine radikal geführte Debatte zur Abschaffung des Sexualstrafrechts ein, berichtete 2013 die Zeitung „Welt“. Das Amt als Chef der FDP-Jungdemokraten hatte Strässer von 1977 bis 1982 inne.

Die Gutachter der „Grünen“ schilderten: „Insbesondere die Debatten in der Pädagogik und Sexualwissenschaft boten reichlich ideologischen Stoff, dessen sich die Grünen - aber keineswegs nur sie – gern bedienten. Das linksliberale Milieu, das sich in den 1960er Jahren einflussreich konstituierte, beförderte über seine damaligen Leitmedien Erörterungen, die auf Beseitigung, zumindest Relativierung einer durch die staatliche Gesetzgebung und altbürgerliche Kulturhegemonie bis dahin äußerst restriktiv definierten Sexualmoral hinausliefen und welche die freie Entfaltung des einzelnen Bürgers zum Handlungsimperativ erhoben. Davon floss zunächst einiges in die zwischenzeitlich sozialliberal mutierte FDP, vor allem in ihren damaligen Jugendverband, die expressiv rebellisch auftretenden Jungdemokraten, hinein. Doch auch Beratungsinstanzen wie Pro Familia und der Kinderschutzbund waren für pädophile Interessen wichtige Brückenköpfe. Inwieweit pädophile Maximen in diesen Organisationen durch einen Entrismus von Kadergruppen der Pädophilieszene an Schwung gewannen, ist eigene Forschungsanstrengungen wert.“

Die Gutachter stellten weiter fest: „Politisch und programmatisch vorangetrieben wurden pädophile Forderungen nämlich stark von einer politisch und publizistisch zunehmend aktiven Bewegung, die international vernetzt agierte und sich ab Mitte der 1970er Jahre auch in Deutschland organisatorisch formierte. In ihrer besonders vitalen Phase ab Ende der 1970er Jahre fanden die Aktivisten dort mehrere Anknüpfungspunkte im medialen Diskurs, in der Wissenschaft, in politischen Organisationen und bei anderen zivilgesellschaftlichen Kräften, nicht zuletzt eben bei den Grünen. Doch darauf beschränkte es sich keineswegs. Das Bündnis mit der damaligen Schwulenbewegung war ebenso Bezugspunkt der Pädophilieaktivisten, die darüber hinaus mit Organisationen wie dem Kinderschutzbund, der Humanistischen Union und anderen die Kooperation suchten.“

Die Gutachter fügten hinzu: „Außerhalb der Grünen war das Thema keinesfalls mit Beginn der 1990er Jahre beendet. Die Debatte bei Pro Familia wie auch in der Humanistischen Union hält – nach bisherigen Erkenntnisstand – sogar länger an als bei den Grünen. Bei der Humanistischen Union sinnierte man noch zur Jahrtausendwende darüber, dass die „Freigabe der Pornographie und aller freiwilligen sexuellen Handlungen“ Grundvoraussetzung für die Verringerung von sexuell motivierter Gewalt sei.“

Justiz und Psychiatrie 

Nach Angaben der Göttinger Wissenschaftler agierte die bürgerrechtlich motivierte Humanistische Union (HU), eine 1961 gegründete Vereinigung, die zur Zeit des Gutachtens „im linksliberalen Milieu ein wichtiges Sprachrohr darstellte und der gegenwärtig etwa auch Renate Künast, Claudia Roth, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Burkhard Hirsch, Helga Schuchardt, Volker Beck, Rüdiger Lautmann, Klaus Hahnzog, Georg Schlaga, Rosemarie Will oder Hartmut von Hentig angehören“. Unter dem Eindruck der gesellschaftspolitischen Liberalisierungsdebatten seit Ende der 1960er Jahre debattierte man in den Reihen dieser Organisation über Sittengesetze, Abtreibungsrecht oder das Sexualstrafrecht. In einem Antrag für den Delegiertenkongress 1975 wurde für Straffreiheit plädiert.

Auch die erst allmählich entstehende Kinder- und Jugendpsychiatrie trug nach Angaben der Gutachter zur Debatte bei. 1968 veröffentlichte der später als Pionier des Fachs gefeierte Reinhart Lempp, seit 1971 vielfach geehrter Ordinarius an der Universität Tübingen, einen Aufsatz in der Neuen juristischen Wochenschrift, in dem die Ergebnisse von Untersuchungen an 87 Kindern vorgestellt und interpretiert werden: „Die selbstverständliche Annahme einer seelischen Schädigung der Kinder durch sexuelle Delikte geht in Wirklichkeit auf eine tradierte besondere Tabuisierung des Sexuellen überhaupt zurück.“ Das Belastende für die Kinder sei unbestreitbar die Reaktionsweise der sie umgebenden Erwachsenen.

Außerhalb der Grünen war das Thema Straffreiheit für Pädophilie keinesfalls mit Beginn der 1990er Jahre beendet. Die Debatte bei pro familia wie auch in der Humanistischen Union hält – nach Erkenntnisstand der Göttinger Gutachter – sogar länger an als bei den Grünen: „Bei der Humanistischen Union sinnierte man noch zur Jahrtausendwende darüber, dass die Freigabe der Pornographie und aller freiwilligen sexuellen Handlungen Grundvoraussetzung für die Verringerung von sexuell motivierter Gewalt sei.“

(Die Geschichte geht unten weiter)

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"Ein gefragter Gerichtsgutachter 

Drei Jahrzehnte lang brachte das Berliner Jugendamt Kinder bei offen pädokriminellen Pflegevätern unter. Mentor des „Experiments“: der Reformpädagoge Prof. Helmut Kentler.  Über die damalige Schlüsselfigur berichtete die Zeitschrift „Emma“: „Er galt als Star der Sexualpädagogik, als mutiger Kämpfer gegen die spießige Sexualmoral der 1950er Jahre. Besonders bejubelt wurde er von den 68er-Revolutionären als Befreier der kindlichen Sexualität. Der linke Pädagogik-Papst verkehrte jedoch auch in wichtigen Kreisen, zum Beispiel beim Berliner Innensenator, dessen polizeipsychologischer Berater er war, und er referierte an evangelischen Akademien. Mitte der 1970er (bis 1996) wurde er Professor an der Technischen Universität Hannover, ein paar Jahre später auch Präsident der „Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung“. Und: Er war ein gefragter Gerichtsgutachter.” Erst Jahrzehnte später wurde die Frage gestellt: Wie konnte das passieren?

Die Zeitschrift „Emma“ berichtete weiter: „Der Reformpädagoge mit der hervorragenden Reputation war ein begeisterter Befürworter ausgeübter Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern. Und das keineswegs klammheimlich. In aller Offenheit pries Kentler den sexuellen Missbrauch als besonders fortschrittliche Pädagogik. „Ich habe in der überwiegenden Mehrheit die Erfahrung gemacht, dass sich päderastische Verhältnisse sehr positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Jungen auswirken können, vor allem dann, wenn der Päderast ein regelrechter Mentor des Jungen ist“, schrieb der offen homosexuelle Kentler. Dieser Satz stand in einem Bericht über ein Projekt, das er 1969 in Berlin ins Leben gerufen hatte. Denn der Psychologe schrieb nicht nur, er handelte auch.“ Im Jahr 2019 hat die Universität Hannover ein 238-seitiges Gutachten über ihren umstrittenen und langjährigen Dozenten veröffentlicht.

Die Rolle von Pro Familia 

Der Verband Pro Familia, der sich in Deutschland führend um Sexualität und Familienplanung kümmert und 180 Beratungsstellen betreibt, veröffentlichte in den 80er-Jahren Artikel, die Sex zwischen Erwachsenen und Kindern rechtfertigten. Das berichtete die Tageszeitung „Welt“ im Jahr 2013. Das fiel den Göttinger Gutachtern auf, nachdem sie nach Gegenpositionen zur Liberalisierung des Sexualstrafrechts gesucht hatten. Das Ergebnis ging ihnen „an die Nieren“, berichtete „Die Welt“. Der Deutsche Kinderschutzbund und die Beratungsorganisation Pro Familia müssten doch klar Stellung bezogen haben gegen Sex mit Kindern. Die Ergebnisse der Recherche entsetzten die Göttinger Forscher: Der frühere Vorsitzende des Kinderschutzbundes, Walter Bärsch, war Gründungsmitglied des pädophilenfreundlichen „Arbeitskreises Humane Sexualität“, so „Die Welt“. Es habe Abhandlungen gegeben über die „liebevolle Sorge, die pädophile Männer für ihre kindlichen Partner empfinden“ und Mahnungen, man müsse zwischen „tatsächlichen sexuellen Zwangshandlungen“ und „individuellen Formen sexuellen Verhaltens“ unterscheiden. 

Auch die Organisation „Pro Familia“ hat in ihren Vereinsmagazinen in den 80er und 90er Jahren pädophilenfreundliche Ansichten verbreitet, berichtete der Berliner „Tagesspiegel“. „Beiträge, die Sex von Erwachsenen und Kindern gutheißen oder rechtfertigen, finden sich in mehreren Ausgaben des „Pro Familie Magazins“, schrieb der „Tagesspiegel“. Autor solcher Beiträge sei etwa der Soziologe Rüdiger Lautmann, der in seinen Analysen einen Unterschied zwischen Kindesmissbrauch und einvernehmlichen Sex zwischen Kindern und Erwachsenen forderte. Laut „Tagesspiegel“ schrieb er noch 1995 im Pro Familia Magazin von einer „natürlichen Willensübereinstimmung“: Der „echte Pädophile“ gehe „außerordentlich vorsichtig“ vor, eine Schädigung der Kinder sei „sehr fraglich“. Sein Buch „Die Lust am Kind“ wurde im Magazin der Beratungsstelle positiv besprochen –ebenso wie andere Pädophilie verklärende Publikationen.

Der Rechtsanwalt Norbert Lammertz, damals im Vorstand von Pro Familia, schrieb 1985 über eine Neuordnung des Sexualstraftrechts und spricht von einer Sexualität mit Minderjährigen, die „mit dem Willen des Kindes“ zustande käme und „gewaltfrei“ sei.

Im Jahr 2000 erklärte Pro Familia laut „Welt“, Pädophilie könne und dürfe „keine gelebte Lebensform“ sein. In früherer Zeit habe man sich vor allem bemüht, einen wissenschaftlichen Zugang zum Thema zu finden. Dies sei dem damaligen gesellschaftlichen Diskussionsstand geschuldet gewesen. Ende der 90er habe sich Pro Familia dann eindeutig von Positionen distanziert, die in früheren Magazinen angesprochen worden seien.

Angriffe an der Odenwaldschule 

Vorübergehende Schlagzeilen wegen pädophiler Vorwürfe machte auch die Odenwaldschule im hessischen Heppenheim, die der reformpädagogischen Bewegung nahe stand, im Jahr 1999. Obwohl es zu keinen strafrechtlichen Verurteilungen kam, wurde zunächst eine finanzielle Entschädigung für 50 betroffene ehemalige Schüler zugesagt. Mindestens 132 Schüler wurden zwischen 1965 und 1998 Opfer von Übergriffen durch Lehrer, so die Ermittlungen zehn Jahre später.

Über eine weitere Tätergruppe berichtete der Berliner „Tagesspiegel“ im Juni 2021. „Wir sind ein Täterarchiv, das muss man wissen“, zitiert die Zeitung Peter Rehberg, Archivleiter des Berliner Schwulen Museums, beim öffentlichen Symposium über „pädokriminelle Netzwerke“, veranstaltet von der „Unabhängigen Kommission für die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“. 

Nicht jeder Schwule finde es cool, wenn im Gefolge der Akteneinsichten Sensationsberichte sprießen, nach denen die Schwulen- und die Pädosexuellenbewegung Seit ́ an Seit ́ marschiert seien, erklärte Archivleiter Rehberg. Schwule unter 40 Jahren, vereinfachte Rehberg, könnten gar nicht verstehen, wie man gegen Aufklärung des pädosexuellen Arms der Schwulenbewegung sein könne. Schwule über 40 hingegen fragten, wie man nur für Aufarbeitung sein könne“, berichtete die Zeitung. Auch im Berliner Schwulen Museum lief die Aufarbeitung nicht reibungslos: Die Hälfte der Auswertungen, die zwei Forscherinnen im Auftrag der Unabhängigen Aufklärungs-Kommission recherchierten, landeten im Reisswolf, berichtete der „Tagesspiegel“.

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 15.701 Kinder als Opfer sexuellem Missbrauchs polizeilich erfasst. Die geschätzte Dunkelziffer liegt nach Schätzung des Bundeskriminalamtes bei 1:15. Zu zwei Drittel gehören die Täter der Familie oder deren nahem Umfeld an.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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