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Neu im Videoblog: Geht es auch ohne Gott?

Christian Peschken im Gespräch mit Bischof Thomas Paul

Bischof Thomas Paul : “dass die UN säkular ist, ist natürlich ein Fehler, ein Fehler, den man begonnen hat zu beheben...Ich kritisiere schon lange öffentlich, habe das drei Mal den Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Sprache gebracht, dass es für Medien keine Haftung gibt. Ich rede nicht gegen die Pressefreiheit...Wer diese Welt als ein Ergebnis von säkularen Staaten und säkularen Institutionen sieht, die miteinander fingerhakeln, wird nicht besonders weit kommen.” 

Auszug aus unserem Gespräch mit dem Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), einer Einrichtung, die nach Angaben der New York Times weltweit 600 Millionen Menschen evangelikaler Überzeugung vertritt. Darüber hinaus ist er Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte .

Die Tageszeitung ‚Die Welt‘ nennt ihn einen der drei führenden Experten in Sachen Religionsfreiheit und „des Papstes liebster Protestant“.

Bischof Thomas Paul ist auch ein Professor und doppelt-promovierter Theologe; Schirrmacher gehört zu den führenden Menschenrechtsexperten weltweit und tritt regelmäßig in Parlamenten, Obersten Gerichten als Gutachter und Experte auf, so im Deutschen Bundestag, im House of Lords, im EU-Parlament, im US-Repräsentantenhaus und vor dem Obersten Gericht Brasiliens, sowie bei den Vereinten Nationen.  

Mit ihm wollen wir heute über seine Freundschaft mit Papst Franziskus, Religion bei der UNO und die Pressefreiheit sprechen, und die Frage stellen ob eine Gesellschaft die nicht Gottesausgerichtet ist trotzdem menschenwürdig funktionieren kann.

Auszug aus der Erklärung der Ständigen Vertretung des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Genf anlässlich der 49. Sitzung des Menschenrechtsrates
Interaktiver Dialog mit dem Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit
Genf, 10. März 2022 : “Der Heilige Stuhl ist besorgt über das Ausmaß, die Schwere und den systematischen Charakter der Menschenrechtsverletzungen gegen Christen, Juden, Muslime und Angehörige anderer Religionen, die auf deren religiöser Identität beruhen. Die Delegation verurteilt, dass in bestimmten Zusammenhängen repressive Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden, um die Rechte religiöser oder weltanschaulicher Minderheiten im Namen der Bekämpfung des "Extremismus" oder der Bedrohung der Sicherheit zu verletzen. “ 

Bischof Thomas Paul, Also auch für uns Christen scheint es immer enger zu werden. Was können die Vereinten Nationen überhaupt diesbezüglich tun, als schwerpunktmäßig säkular ausgerichtete Organisation?

Bischof Thomas Paul: “Nun, dass die UN säkular ist, ist natürlich ein Fehler, ein Fehler, den man begonnen hat zu beheben. Ich habe jetzt gerade stellvertretend für 6 Milliarden religiöser Menschen auf der UN Umweltkonferenz gesprochen. Die hat seit etwa 15 Jahren mit Face vor Ort eine ganz eigene Abteilung, wo die religiösen Vertreter mit ins Spiel kommen. Das ist bei vielen Bereichen der UN versäumt worden und ich meine nicht nur von der UN, es ist auch versäumt worden, von den Religionen selbst das einzuklagen. Nur ist da natürlich ein bisschen misslich, dass der Vatikan als Staat da informiert. Nicht, dass ich das schlecht finde. Das hat zwar immer eine gewichtige Stimme in der UN, aber dadurch kann der die katholische Kirche selbst so einen Vorschlag nicht machen. Sie ist auf Seiten der Staaten und eben nicht auf Seiten der der NGOs. Aber es gibt inzwischen einen Glaubensrat, "Faith Council" bei der UN, es gibt in etwa 2/3 der Zweige der UN, gibt es inzwischen Vertretungen der Religionen und ganz stark eben auch des Christentums. Und ich glaube, dass wir das im Bereich der Menschenrechte viel stärker noch einklagen müssen. Wir haben als weltweite Allianz ein recht großes Menschenrechts Büro in Genf.

Und da merken wir das immer stärker, dass also Religionsgemeinschaften, gerade große Religionsgemeinschaften, christliche Religionsgemeinschaften mit globalem Anspruch da noch viel, viel mehr machen können. Und der die UN hat ja den Special Report Schöpfer Freedom of Religion und Relief, mit dem wir als weltweite Allianz, aber natürlich auch der Vatikan oder Weltkirchenrat seit Jahrzehnten eng zusammenarbeiten. Das sind bisher immer abwechselnd Christen und Muslime gewesen. Auch mit den Muslimen haben wir sehr eng zusammengearbeitet und sehr viel Hilfe bekommen. Und ich glaube, dass die UN sich da natürlich noch bewegen muss, signalisiert, dass sie sich auch bewegen will. Aber ich glaube, dass auch die Religionen anders auftreten müssen. Und was ich meistens von Seiten der UN höre, wo sich von wenigen Ausnahmen die Christen von anderen unterscheiden, dass die meisten Religionen, die die UN nutzen, eben Religionsfreiheit nur für ihre eigene Gruppe wollen. Also als Rechtsvertretung der eigenen Gruppe. Das ist vor allen Dingen der Vatikan, die weltweite Allianz, der Weltkirchenrat, die stark auf Religionsfreiheit für jeden drängen. Und das muss man natürlich lautstark sagen, wenn man einredet, Religionsfreiheit macht nur Sinn, wenn sie für jeden gilt, wenn sie einfach ein Grundsatz Prinzip ist.

Der Staat soll sich gefälligst aus unserem Kopf heraushalten, aus unserem tiefsten Glaubensüberzeugung heraushalten. Dann wird ein Schuh draus.

Der Journalist Till. R. Stoldt schrieb in der Welt am Sonntag: „Des Papstes liebster Protestant“ „Zwei, die sich verstehen: der evangelikale Theologe Thomas Schirrmacher und Papst Franziskus“ Sie sind mit dem Papst gut befreundet ,  richtig?

Bischof Thomas Paul: “Ja. Ich habe ja ein ganzes Buch darüber geschrieben. Kaffeepausen mit dem. Mit dem Papst. Ob ich nun des Papstes liebster Protestant bin, das kann ich nicht sagen. Das sagt der Journalist von außerhalb. Ob er den Erzbischof von Canterbury, Welby, mehr Mag als mich? Also das muss man dann schon selbst fragen. Ich bezweifle, dass er da überhaupt seine Ordnung hat. Aber es ist richtig. Erstens, dass der Papst überhaupt mit protestantischen Leitern wie mir sehr gut kann. Ich kann auch sehr gut mit dem Papst. Es ist richtig, dass er im Gegensatz zu früher ist, nicht nur offizielle Dialoge und diplomatische Beziehungen gibt, sondern eben auch sehr persönliche Gespräche, in denen auch schon einige Dinge spontan entschieden worden sind, die dann später Wirklichkeit wurden. Ich habe da einiges in dem Buch beschrieben, was es früher so nicht gab. Und ja, also ich denke zwar einerseits, dass das irgendwie normal ist, wenn die Spitzen der beiden größten christlichen Gemeinschaften, die es weltweit gibt, auf Tour sind und miteinander reden.

Aber es ist natürlich in der Geschichte einerseits der katholischen Kirche nicht normal gewesen und andererseits natürlich hat es auch auf Seiten der weltweiten Allianz lange große Vorbehalte gegeben. Und mein Glück ist natürlich, dass sich die Beziehung zu Papst Franziskus schon hatte, lange bevor ich Generalsekretär geworden bin.

In seiner Enzyklika “Fratelli Tutti” aus dem Jahr 2020 , kritisiert Papst Franziskus auch die Medien. Unter der Überschrift „Die Täuschung der Kommunikation“ schreibt er, dass in der digitalen Welt „alles zu einem Schauspiel“ werde. „Das Leben wird einer ständigen Kontrolle ausgesetzt“, so Franziskus, dabei bröckele die Achtung vor den Mitmenschen, Schamgrenzen fielen, soziale Aggressivität breite sich aus. „Dies geschieht mit einer Hemmungslosigkeit, die bei einem Zusammentreffen von Angesicht zu Angesicht nicht vorkommen könnte, weil wir uns sonst am Ende gegenseitig zerfleischen würden“, schreibt der Papst in seiner Enzyklika.

Bischof Thomas Paul , die Darstellung von Vertretern, vor allem der christlichen Religionen, in den Medien ...Film und Fernsehen , ist überwiegend negativ, abwertend und meisten verfälscht. Gießen hier nicht Teile der Massenmedien Öl auf das Feuer von Hass gegen Religionen?

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Bischof Thomas Paul: “ Das ist nämlich eine Frage nach der, was soll ich mal sagen, Haftung der Medien. Ich kritisiere schon lange öffentlich, habe das drei Mal den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zur Sprache gebracht, dass es für Medien keine Haftung gibt. Ich rede nicht gegen die Pressefreiheit. Ja, aber ich bin der Meinung, eine Bank, die veröffentlicht, ist eine Zeitung, die veröffentlichen lässt, dass irgendeine Firma bankrott ist, die gar nicht bankrott ist, hat Anspruch auf Entschädigung. Nein, nicht die Zeitung. Eine Firma hat Anspruch auf Entschädigung, weil die Zeitung die Unwahrheit gesagt hat. Die Quelle Die Medien weigern sich, wenn sie Hass gegen Religionen säen, irgendeine Verantwortung zu übernehmen. Und ich nehme mal als Beispiel Vor Jahren hat also ein vermeintlicher Pastor einer Kirche einen Koran verbrennen wollen und er hat den de facto am Ende den Koran gar nicht verbrannt. Unter anderem haben das Mitglieder unserer nationalen amerikanischen Allianz verhindert, wo aus dem ganzen Tag Leute rumstanden, aufgepasst haben. Aber der hatte das noch nicht angekündigt, da ging es in den Weltmedien schon rum. Es wird mit Auseinandersetzung gerechnet. Die Muslime werden sicher dies und jenes so tun, als hätte man die angefleht. 

Und alles wartete auf den großen Showdown zwischen Christentum und Islam, der nicht kam. Zum Glück. Wir haben waren sehr aktiv mit dem Vatikan, mit dem Papst zusammen. Wir haben die Muslime in Al Jazeera angesprochen, gesagt So was machen Christen nicht. Es war also ein enormer Einsatz der der Religionen an dieser Stelle. Die Medien haben das immer weiter, immer weiter gepusht, ohne Gnade. Und am Ende hat es tatsächlich Tote gegeben, nämlich in Afghanistan, von denen ironischerweise keiner Christ war, da womit man gerechnet hat, sondern das sind einfach irgendwelche UN Mitarbeiter dann der Kollateralschaden gewesen, als es da Gewalt in Afghanistan gab. Ja, und wenn man da irgendeinen Medien drauf anspricht und sagt ihr habt das da hochgepuscht, ihr habt, ihr habt auch so getan, als wäre der Koran längst verbrannt, der war gar nicht verbrannt worden. Dann erzählen alle einem was von Pressefreiheit. Und ich bin der Meinung, die Medien gehören da wie bei Finanzfragen, wie bei anderen Sachen wirklich an die Kandare genommen. Nicht um die Pressefreiheit einzuschränken, sondern wer einen Krieg loslöst, der ist auch dafür verantwortlich.

Kann ja nicht sagen bei Putin, was macht er denn da? Und wenn die Medien das tun, dann ist das also plötzlich erlaubt und die Medien tun es ganz, ganz besonders gerne bei den Religionen. Und ich sage noch mal, ich habe so das Empfinden, als wenn da viele auf den Showdown zwischen Islam und Christentum warten. In Ägypten an allen möglichen Stellen. Und nichts dazu beitragen, in diesen Situationen den gewaltigen Einfluss der Medien zum Gegenteil zu nutzen. Das, dass die Situationen friedlich werden, dass die Stimmen, die für Frieden sind, ein lautes Gehör bekommen, das ist gar nicht auf dem Schirm.

Ist eine Menschenwürdige, Menschen ausgerichtete Lösung der immer schneller wachsenden wirtschaftlichen und Umweltprobleme ohne Religion, ohne Gottesausrichtung überhaupt möglich? Etwa mit Blick auf die Ukraine.

Bischof Thomas Paul: “Ja. Da sagen Sie bei der Ukraine was. Weil mein Argument dafür, dass das ohne Einbezug der Religionen und vor allen Dingen eben auch der religiösen Überzeugung der Menschen nicht möglich ist, ist gerade der Beweis in Russland, was passiert, wenn die tonangebenden religiösen Gruppen das Gegenteil tun. Und man muss natürlich sagen, in Russland ist es ja nicht nur der russisch orthodoxe Patriarch, der gewissermaßen amtlich staatstragend verkündigt, dass Putin ein Heiliger ist. Sie können Ähnliches von der Buddhistischen Union in Russland hören, selbst von Synagogen. Es also ein Unisono vieler, vieler Religionsgemeinschaften, die, die das Ganze unterstützen und es wäre, es wäre fatal. 

Aber man wird sich in die Tasche lügen, wenn man jetzt einfach sagt Naja, Putin ist der große Angeber und die, die, die machen das nur, weil sie das jetzt müssen. Das ist das ist ein Gesamtpaket, in dem das ganze Land nicht nur in einen politischen, auch in einen religiösen Taumel reingeraten ist und tatsächlich glaubt, dass die religiösen bösen anderen in der Ukraine sitzen. Was natürlich insofern ironisch ist, als 60 % der Einwohner der Ukraine ja selber zu russisch orthodoxen Kirche gehören. Aber das kennen wir natürlich aus anderen, aus Religionskriegen zu Genüge, dass der Feind eigentlich der der eigenen Religion angehört hat und womöglich auch dem eigenen Lager in der eigenen Religion. Das ist aber der Beleg dafür, auch für die positive Seite. Wenn man das Gegenteil erreichen will, dann erreicht man das nicht, indem da einfach nichts ist. Sondern indem die religiösen Führer und die Religionen selbst für Frieden eintreten. Und angesichts des Umstandes, dass also 6 Milliarden, vielleicht sogar 7 Milliarden Menschen auf dieser Erde vor allen Dingen religiös orientiert sind und daher ihr grundsätzliches Bezugssystem haben, ist natürlich vollkommen klar.

Wenn die Menschen jemand dazu gewinnt, auf Frieden hinzuarbeiten, hat das ein gewaltiges, gewaltiges Plus. Wenn die Menschen jemand dazu gewinnt, in einer in einer Pandemie, wie wir es gerade haben, Solidarität zu zeigen, ist das ein großer Gewinn. Wenn jemand zum Gegenteil auf Aufhalst aufhetzt, kann der Staat dagegen kaum etwas machen. Ich habe erwähnt, dass ich in Nairobi in der Umweltkonferenz war. Die haben das begriffen, dass, wenn sie große Veränderungen in unserem Verhältnis zur Umwelt haben wollen, das nur geht, wenn die religiösen Menschen das mitnehmen, die mitziehen und das ist gerade die religiösen Menschen sind, die im großen Stil sicherstellen können, dass auf breiter Basis Veränderungen herbeigeführt werden. Und wer das außen vor lässt, wer die? Wer diese Welt als ein Ergebnis von säkularen Staaten und säkularen Institutionen sieht, die miteinander fingerhakeln, wird nicht besonders weit kommen.”

Nochmal ein Auszug aus der Enzyklika von Papst Franziskus “Fratelli Tutti”

Der Papst nennt es 'Information ohne Weisheit' : Die wahre Weisheit beinhaltet die Begegnung mit der Wirklichkeit. Heute jedoch kann man alles herstellen, verbergen und verändern. Das führt dazu, dass man die direkte Begegnung mit den Grenzen der Wirklichkeit nicht erträgt. Folglich führt man einen „Auswahl“-Mechanismus durch und macht es sich zur Gewohnheit, das, was einem gefällt, sofort von dem, was einem nicht gefällt, das Attraktive vom Unliebsamen, zu trennen. - Ende Zitat -

Dazu fällt mir das Gebet, welches Sie sicher alle kennen, des deutschstämmigen, amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr ein : Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Original-Interview aufgenommen von Esther Haberland. Redaktion, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN .TV

Hinweis: Dieser Blogpost – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.   

 

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