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Begeisterte Selbstzerstörung

Steinernes Portrait am Eingang der Marienkathedrale von Newcastle upon Tyne (Vereinigtes Königkreich).

Erstmals wird heute ein Weihbischof bei einer Segnung geschieden-wiederverheirateter und gleichgeschlechtlicher Paare anwesend sein: Der Essener Weihbischof Ludger Schepers hat seine Teilnahme an einer der „Liebe gewinnt“-Segnungen zugesagt — zum Glück nur als einziger von einem halben Dutzend Bischöfe, die von den Initiatoren der Protestaktion angefragt worden sind. Dafür aber nicht weniger brisant, braucht er als Weihbischof doch das OK seines Ortsbischofs. Oder etwa nicht?

Kirchenrechtlich ist ein Weihbischof dem Ortsbischof unterstellt. Wie es im Konzils-Dekret „Christus Dominus“ (1965) über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche — und ähnlich auch im Kodex des kanonischen Rechtes — heißt, sollen Weihbischöfe „ihren Dienst so verrichten, dass sie in allen Angelegenheiten in voller Übereinstimmung“ mit dem Diözesanbischof vorgehen. 

Im Fall Essen dürfte klar sein, dass der Diözesanbischof völlig hinter seinem Hilfsbischof steht, die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare unterstützt. Bewegen sich diese Bischöfe aber innerhalb der Leitplanken der katholischen Kirche? Auf jeden Fall beanspruchen manche Hirten für sich – mit einer uferlosen Selbstgewissheit und unaufhaltsamer Verve – katholische Leitplanken aus deren Verankerung reissen zu können, ja, müssen, um möglichst freie Fahrt zu haben. Oder auch eigene Leitplanken dort aufzustellen, wo der Zeitgeist gerade den Zeigefinger draufhält. 

Dieses Verhalten mag vielleicht viele ansprechen, es steht aber im eklatanten Widerspruch zum Katechismus der Katholischen Kirche, der 2000-jährigen Überlieferung und zum vatikanischen Responsum vom März 2021. Hier wird also einmal mehr der offensichtliche Bruch mit der Lehre der Kirche und die Abspaltung von Rom öffentlich zelebriert; nicht ohne Begeisterung und Siegestaumel, angefeuert durch den Jubel der Menschenmassen. Der Essener Bischof war auf der letzten Synodalversammlung derjenige, der mit am meisten Feierfunken versprühte, nachdem die Synodalen Texte durchgewunken hatten, die auch die Sexualmoral der Kirche als museal abstempeln.

Dabei ist das, was die besingen, de facto (Selbst-)Zerstörung. Die Zerstörung der Kirche, der christlichen Anthropologie, der Menschheit, der Liebe. Es ist ja nicht nur die Sexualmoral, deren Schranken fallen sollen, sondern auch die wunderbar-geniale Ergänzung von Mann und Frau. Bischöfe schauen zu, wie Mann und Frau nivelliert, Familien als freiheitsraubend bis lebensgefährlich abgestempelt und Ehen als überholt dargestellt werden. Auf dem Synodalen Weg degradiert man die Frau bereits zur „weiblichen Reproduktionsrolle“. 

Frauen sprechen vor laufender Kamera von Kindern als Freiheitskillern und verleugnen damit ihre ureigenste Berufung, verachten ihr tiefstes Sein! Die „Zeit“ titelte diese Woche: „Kinder machen keinen Sinn“. Sie seien antiquiert wie widerlegbar. 

Es ist Zeit, dass die Bischöfe endlich aufwachen und den Tatschen der antisynodalen und antikatholischen Zerstörungswut ins Auge blicken — und sehen, wo es wirklich brennt, wo die Baustellen sind, an denen abzuarbeiten es nicht lohnt, weil es Not-wendig ist. Nicht das nein des Vatikan zur Segnung von homosexuellen Paare ist unser Problem, sondern die Zerstörung der Menschheit, die Glaubensleere, mangelndes Glaubenswissen, die Ermordung von Kindern im Mutterleib, schwierige Ehen, das drohendes Schisma. 

Der Diözesanbischof hat die „Unversehrtheit und Einheit der Glaubenslehre“ mit „Mitteln, die ihm geeignet scheinen, in fester Haltung zu schützen“ und „selbst ein Beispiel der Heiligkeit zu geben“, heißt es im kanonischen Kodex. Kirche soll die Wahrheit der Liebe und richtig verstandene Freiheit verkünden, nicht deren Gegenteil. Gerade Bischöfe sollten die Gläubigen darauf hinweisen, dass Freiheit das Einüben von Tugenden aus moralischer Gewohnheit bedeutet — und Freiheit als Willkür Sklaverei ist. Bischöfe sollten Felsen in der Brandung sein und die Lehre der Kirche unverfälscht verkünden.

Stattdessen basteln sie, angetrieben durch ein kollektives Hochgefühl, an einem Wolkenkuckucksheim mit dem flüchtigen Zeitgeist als Fundament. Allein: Früher oder später wird die selbst fabrizierte Kirche einstürzen, und dann werden die Erbauer eher hart als weich auf den Boden der katholischen Tatsachen zurückfallen.

Dorothea Schmidt ist Teilnehmerin am "Synodalen Weg" und in der katholischen Reformbewegung "Neuer Anfang" sowie Maria 1.0 aktiv.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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