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"Josef, steh auf, nimm das Kind und seine Mutter"

Kardinal Angelo De Donatis predigt bei der heiligen Messe für Benedikt XVI. in der Lateranbasilika in Rom.

Am Anfang der Geschichte unseres Heils vertraut Gott einige Worte den Träumen an. Vor den Augen der Welt mag es wenig glaubwürdig erscheinen, aber wer die Heilige Schrift mit einem Blick des Glaubens liest, der weiß, dass es Träume gibt, die klare Zeichen des göttlichen Willens und der Fähigkeit des Gläubigen sind, zu vertrauen und sich anzuvertrauen.

Das Fest der heiligen Familie steht dieses Jahr im Zeichen der vertrauensvollen Hingabe des Bräutigams Mariens und, mit ihm - in diesem besonderen Moment seines Lebens - Benedikts XVI., dessen Taufname Josef ist.

Wir sind hier, um ihn mit unserem vertrauensvollen Gebet zu begleiten, ihm mit unserer Zuneigung beizustehen und um Gott die Dankbarkeit unserer Diözese zum Ausdruck zu bringen, die  er so sehr geliebt und der er mit uneigennütziger Liebe gedient hat. Es gefällt uns, daran zu denken, dass unser emeritierter „Joseph“ nun vom heiligen Josef an der Hand gehalten wird, der ihm hilft, die Einladung Gottes, keine Furcht zu haben, lebendig zu halten.

Die Geschichte, die der Evangelist erzählt hat, ist das Sinnbild der Geschichte der Welt. Während auf der einen Seite der Neid und die Grausamkeit des Herodes das Kind beseitigen möchten, ist der gerechte Josef gerufen, das Kind und Maria zu behüten in jenem betenden und wirksamen Schweigen, die ihn zum Patron der Familien und der Weltkirche gemacht haben.

Heute feiern wir die Familie von Nazareth, und wir wollen die Größe des Geheimnisses unseres Gottes hervorheben, der in allem unsere Menschengestalt annehmen wollte. Er hat das tägliche Leben in einer Familie geteilt und das Gewöhnliche mit Seiner Gegenwart geheiligt. Der Herr lässt sich von den Einfachen finden. Und in der Einfachheit einer Familie kann man ihm in der Schönheit der Liebe der Eheleute, der Eltern, der Kinder und der Geschwister begegnen.

Und wenn die Familie von etwas bedroht wird - sei es von einer lästigen Gewohnheit oder einer weltliche Logik .... -, dann ist es notwendig, sie zu Jemandem zurückzubringen, zur Begegnung mit Gott, zu der spirituellen Dimension, die das Leben erhält. Wenn wir feststellen, dass der erste Wein fehlt, müssen wir tun, was Jesus uns sagt, um den guten Wein zu empfangen. In diesem Zusammenhang sagte Benedikt XVI. beim Welttreffen der Familien in Mailand: " Ich denke an die Hochzeit von Kana. Der erste Wein ist wunderschön: die Verliebtheit. Aber er reicht nicht bis zum Schluß: es muß ein zweiter Wein kommen, er muß also gären, wachsen und reifen. Eine endgültige Liebe, die wirklich »zweiter Wein« wird, ist schöner, besser als der erste Wein. " 

Wir können sagen, dass Josef bereits dreißig Jahre vor der Hochzeit zu Kana neben Maria den Rausch des Weins gekostet hat und von der Verliebtheit zur Liebe übergegangen ist, als er sich entschied, seine Braut und sein Kind mehr zu beschützen als sich selbst. Er wollte nicht der Logik des Bösen folgen, sondern vertraute sich selbst Gott an.

Auch heute noch - so schreibt Papst Franziskus - "sagt uns das Evangelium - während wir die Macht des Bösen sehen und glauben, ihr erliegen zu müssen -, dass es Gott immer gelingt, zu retten, was wichtig ist, vorausgesetzt, wir setzen den gleichen schöpferischen Mut wie Josef ein, der es versteht, ein Problem in eine Chance zu verwandeln, indem er immer zuerst auf die göttlichen Vorsehung vertraut.

Benedikt XVI. hat ebenfalls immer großes Vertrauen in die göttliche Vorsehung gezeigt. Als Priester, als Theologe, als Bischof, und als Papst hat er zugleich die Stärke und die Milde des Glaubens zum Ausdruck gebracht, die Wesentlichkeit und die Einfachheit dessen, der weiß, dass Träume Wirklichkeit werden, wenn man mit Gott träumt. Wie der heilige Josef betonte auch unser emeritierter Bischof stets den Vorrang des Wortes Gottes vor unseren menschlichen Worten und erinnerte an den großen Wert der Stille und des Hörens. Auch er hat uns in seinem Pontifikat den neuen und guten Wein der Liebe schmecken lassen. Denken wir zum Beispiel an die ersten Worte der Enzyklika "Deus Caritas est", wo es heißt, dass "am Anfang des Christseins nicht ein ethischer Entschluß steht oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont gibt."

Benedikt XVI., ein demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn, ist ein Zeuge dieser Begegnung, ein Mitarbeiter der Wahrheit und der Freude, der Liebe zu Christus und zur Kirche. Als Mann des Wortes und als Mann, der zu seinem Wort steht, zeigt er uns in diesem Moment, wie schon in den vergangenen zehn Jahren, dass der, der glaubt, nie allein ist. Auch im Alter und in Krankheit hilft man fortwährend der Menschheit durch die Selbsthingabe. Gekleidet in "Gefühle der Zärtlichkeit, der Güte, der Demut, der Sanftmut" und in tiefer Verbundenheit mit Papst Franziskus, ist der emeritierte Papst ein Zeichen für das schöne Gesicht der Kirche, das das Licht des Antlitzes Christi widerspiegelt.

Heute ist unser Gebet ein Zeichen der Lebendigkeit und der Gemeinschaft in der Kirche. In einem Epochenwechsel voller Schwierigkeiten, Mühsal und historischer Ereignisse, die uns erschüttern, wollen wir bezeugen, wie Benedikt zu Beginn seines Pontifikats mehrfach gesagt hat, dass die Kirche lebt und dass sie lebt, weil Christus lebt und wirklich auferstanden ist.

Mit Blick auf Josef, der Jesus und seine Mutter mit sich nimmt, wandte sich der emeritierte Papst an die Gläubigen: "Habt keine Angst, Maria mitzunehmen, wie Josef; das heißt, habt keine Angst, die Kirche zu lieben.“ Das Kind und seine Mutter anzunehmen bedeutet, Christus und die Kirche, die Sakramente, die Nächstenliebe und die Armen zu lieben. Christus und die Kirche zu schätzen heißt, der Menschheit den Weg zum Heil und zu einem erfüllten Leben zu zeigen.

Einem Journalisten, der ihn fragte, wie er sich auf den Tod vorbereite, antwortete der Papst:"Meditierend, immer mit dem Gedanken, dass das Ende naht. Ich versuche, mich auf diesen Moment vorzubereiten und ihn vor allem immer vor Augen zu haben. Das Wichtigste ist, sich das nicht vorzustellen, sondern in dem Bewusstsein zu leben, dass das ganze Leben auf diese Begegnung zusteuert", die - wie es in seiner Enzyklika Spe Salvi heißt – sein wird wie „der Augenblick des Eintauchens in den Ozean der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt. Wir können nur versuchen zu denken, daß dieser Augenblick das Leben im vollen Sinn ist, immer neues Eintauchen in die Weite des Seins, indem wir einfach von der Freude überwältigt werden."

Wann Er will, wird Gott sich unserem Bruder im Todestraum nähern und zu ihm sagen: "Josef, steh auf! Und es werden Christus und seine Mutter sein, die ihn mitnehmen und ins Paradies führen werden, wo der Traum eines Lebens zur Realität der Ewigkeit wird.

 

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