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UN-Blog: Eine lebendige Kirche und ein geologischer Skandal im Kongo

Christian Peschken (EWTN) im Gespräch mit Erzbischof Balestrero, dem Ständigen Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf

Erzbischof Ettore Balestrero, der Ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf, war von 2019 an vier Jahre lang Apostolischer Nuntius in der Demokratischen Republik Kongo. In diesem Interview spricht er über die Lage vor Ort, nachdem sich auch eine Sitzung des UN-Menschenrechtsrats damit befasste.

Die Erklärung des Heiligen Stuhls während dieser Sitzung wurde von Msgr. John Putzer abgegeben, nicht wie sonst von Ihnen. Gab es dafür einen Grund?

Es handelte sich lediglich um eine Überschneidung in der Tagesordnung, und nicht um einen Kompetenzkonflikt. Es war so, dass an diesem Tag der Untersekretär des Heiligen Stuhls für die Beziehungen zu den Staaten hier nach Genf kam. Der stellvertretende Außenminister des Heiligen Stuhls war hier, um an einer Reihe von Treffen teilzunehmen. Ich durfte ihn begleiten und gleichzeitig an diesen Treffen teilnehmen, so dass ich keine Gelegenheit hatte, selbst diese Erklärung abzugeben, die ich natürlich vorbereitet hatte – und das habe ich auch gerne getan, weil ich mich dem Kongo in gewisser Weise sehr nahe fühle, denn trotz der Einschränkungen, die dort für Ausländer gelten, kenne ich die Situation im Kongo ziemlich gut, und ich denke, es war eine gute Gelegenheit, darüber zu sprechen, wie die Situation dort ist, und auch alle zu ermutigen, dem Kongo nahe zu sein und den Kongolesen zu helfen, ihre Situation anhand der Empfehlungen zu verbessern.

Die Kirche im Kongo ist lebendig, nicht wahr?

Nun, das bringt mich zum Beweggrund, warum ich mich dem Land so nahe fühle, denn der Kongo ist im Gegensatz zu dem, was man oftmals meint, nicht nur ein Land voll von Mineralien und seltenen Erden. Der Kongo, das sind Männer, das sind Frauen und das sind Kinder. Der Kongo, den ich kennen gelernt habe, das sind auch die Ordensschwestern, die im Osten des Landes leben. Dort gibt es immer noch einen Konflikt. Sie dienen in einem Krankenhaus, das sie nicht verlassen haben, weil sie dort unbedingt bleiben wollten. Und wären sie weggegangen, dann hätten die Menschen dort keine Medikamente mehr gehabt. Der Kongo, das sind die Priester, mit denen ich regelmäßig nachts gesprochen habe, als der Krieg im Osten zu Ende ging. Und ich sprach mit ihnen, weil sie beschlossen hatten, in den Gemeinden zu bleiben und sich für die fast eine Million Vertriebenen einzusetzen. Die Flüchtlinge kamen innerhalb von sechs Monaten in den östlichen Teil des Kongos. Das ist der Kongo, den ich liebe.

Das ist der Kongo, den ich entdeckt habe, der nicht nur aus Problemen besteht. Der Kongo, würde ich sagen, bedeutet auch Hoffnung und Resilienz. Und ich füge noch etwas hinzu: Die Lebensgeschichten der Opfer von Gewalt, die ich gehört und gesammelt habe und die auch der Papst hören konnte, zeigen die Vergebung und Versöhnung der Menschen, die alle Vertriebenen aufgenommen haben. Sie haben ihnen einen Platz in ihren Häusern gegeben, aber noch mehr einen Platz in ihren Herzen. All das zeigt, dass im Kongo der Glaube an Christus in den Herzen von Millionen von Menschen wirklich verankert ist. Der Glaube ist keine Theorie, der Glaube ist Leben, auch wenn es natürlich nicht für jeden so ist.

Natürlich gibt es viele böswillige Menschen, aber es gibt so viele gute Menschen im Kongo und durch diese Menschen kann man im Kongo mit der Hoffnung des Kreuzes leben, ohne zu verzweifeln. Das habe ich in meiner Erklärung hervorgehoben. Im Kongo habe ich erfahren, dass unsere Schwierigkeiten oft durch unseren Egoismus und die Verschlossenheit in uns selbst vergrößert werden. Die Kongolesen haben mir also geholfen, das zu verstehen. Und sie haben mich veranlasst, mich nicht in Kontroversen zu verlieren, die für die westliche Welt typisch sind und weit weg von unseren und meinen wirklichen Bedürfnissen sind, weit weg von den wirklichen Bedürfnissen der Menschen und des Lebens unseres Glaubens. Auf der anderen Seite gibt es im Kongo natürlich auch die Verschmutzung, die Vernachlässigung, die Desorganisation, die tief verwurzelt zu sehen ist, wenn man in die Städte dort geht.

All dies zeigt, dass noch viel zu tun ist. Und das ist der Grund, warum ich den Inhalt meiner Erklärung auch in einer konkreten, praktischen Art und Weise und Form verfasst habe, um den kongolesischen Behörden zu empfehlen, die Situation in die Hand zu nehmen und das Blatt zu wenden und ihr Land zu verbessern.

Exzellenz, die Demokratische Republik Kongo verfügt über riesige unerschlossene Mineralienvorkommen im geschätzten Wert von rund 22 Milliarden Euro. Es liegt auf der Hand, dass vor allem der Westen im Rahmen seines Kampfes um die Kontrolle der natürlichen Bodenschätze überall viel Unheil anrichtet. Ist der Kongo ein geologischer Skandal?

Wie Sie sagen, ist der Kongo irgendwie ein geologischer Skandal. Der Kongo ist ein Kampfplatz, auf dem die großen Weltmächte jetzt miteinander in Konflikt geraten sind. Nicht unbedingt mit Waffen, sondern wirtschaftlich gesehen sind die Großmächte da. Und jeder will in gewisser Weise etwas Raum gewinnen.

Ich denke, dass jeder seine eigenen Hausaufgaben machen muss. Wir haben meiner Meinung nach zwei Elemente, und wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu rhetorisch werden, wenn wir über den Kongo sprechen. Das gilt insbesondere, wenn wir im Westen über Afrika sprechen.

Wir neigen dazu, ein bisschen rhetorisch zu werden. Jeder muss also seine eigenen Hausaufgaben machen. Die Länder des so genannten Nordens, die entwickelten Länder, müssen zunächst einmal ihren Überlegenheitskomplex loswerden, der sie dazu bringt, der Ausbeutung des Kongo zu frönen. Und sie müssen sich auch von ihrem Komplex der belagerten Festung befreien, weil der Kongo nicht nur die Angelegenheit der Kongolesen, sondern auch unsere eigene Sache als Länder des Nordens ist. In diesem Fall spreche ich als jemand, der aus Italien und somit aus dem Norden stammt.

Ich meine, wir brauchen den Kongo, weil wir seine Bodenschätze benötigen. Wir brauchen seine Jugend. Wir leben in westlichen Ländern, in denen das Durchschnittsalter auf 35 oder 40 Jahre zugeht. Im Kongo liegt das Durchschnittsalter bei 18 Jahren.

Wir brauchen den Kongo, weil wir selbst auch Frieden und Stabilität wollen. Und wenn wir Frieden und Stabilität in unserer Heimat wollen, müssen wir zum Beispiel die Ausbreitung des Dschihadismus verhindern, die es leider im Kongo im östlichen Teil gibt mit ISIS und dem sogenannten Islamischen Staat in der zentralafrikanischen Provinz.

Wir müssen also, wenn wir den Kongo wirklich lieben, auch zeigen, dass alle unsere Menschenrechtserklärungen die Kongolesen nicht vergessen haben. Das heißt, die Menschenrechte sind nicht zu einer Art ideologischer Abschirmung geworden, die uns vor den eigentlichen Empfängern all dieser Rechte versteckt, auch wenn diese auf einem anderen Kontinent leben.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Das sind also die Hausaufgaben, die wir hier im Norden machen sollten. Aber auch die Kongolesen müssen ihren Teil dazu beitragen. Sie müssen das Blatt irgendwie wenden. Sie müssen die Konflikte überwinden, die sie plagen. Um diese Konflikte zu überwinden, müssen sie die Ungerechtigkeiten angehen. Sie müssen der Versöhnung eine echte Chance geben, gerade um ihre eigene Zukunft zu erschließen und sich nicht nur auf die Vergangenheit und auf die Opferrolle zu beschränken.

Ihre Hausaufgaben bestehen darin, dass sie dies umsetzen müssen. Wenn wir ein christliches Wort verwenden wollen, können wir sagen, dass sie sich bekehren sollten. Das ist sehr klar und sehr aussagekräftig. Sie müssen sich von Korruption und Gier abwenden. Und dieser Wandel hängt von der individuellen Freiheit der Menschen ab. Aus diesem Grund sagte der Papst, als er im Februar 2023 in den Kongo kam, dass der Wandel in erster Linie in den Händen der Kongolesen liegt.

Er forderte aber auch die westliche Welt auf, aus dem kollektiven Unbewussten den Irrglauben zu entfernen, dass es legitim sei, Afrika und den Kongo auszubeuten. Die Aufgaben, die zu machen sind, und die Lösung dazu benötigen zuallererst aus unserer christlichen Sicht das Gebet, denn nur wenn wir beten, können wir als Christen die Kraft zur Veränderung bekommen.

Wenn wir nicht beten, wenn wir nicht mit Gott verbunden sind, wird jeder Kongolese in seinem eigenen kleinen Egoismus und seinen eigenen kleinen und individuellen Interessen stecken bleiben.

Deshalb ist das Gebet notwendig, und das Gebet gibt Kraft für die Bekehrung und für die Suche nach dem Gemeinwohl. Genau das ist das große Problem im Kongo und in Afrika allgemein. Es sind nicht nur die Suche nach den eigenen Partikularinteressen, die Korruption, die Gier und alle Arten von Versuchungen, die die Kongolesen zum Opfer fallen lassen. Sondern es geht um die Suche nach einem gemeinsamen Wohl, das größer ist und das jedem erlaubt, sein eigenes Wohl und seinen eigenen Nutzen zu finden. Und um all dies zu erreichen, ist das persönliche Engagement erforderlich.

Sie können diese Veränderung nicht an andere delegieren und müssen in all dem beharrlich sein. Die Kirche möchte den Gläubigen helfen, dieser Umkehr mehr Raum zu geben, Gott mehr Raum in ihrem Leben zu geben. Und die Kirche ermutigt auch alle Behörden zu verstehen, dass diese Veränderung, diese Umkehr, ihrer eigenen Gesellschaft und auch ihnen selbst zugute kommt. Das ist also der Kern der Sache. Das sind die großen Probleme, und das ist auch der Weg, dies alles zu überwinden durch das persönliche Engagement und durch die Einstellung der katholischen Führungspersönlichkeiten, die dort sehr aktiv sind, die sehr großzügig in ihrem Engagement sind und die versuchen, ein Beispiel zu geben und diesen Wandel zu fördern.

Original-Interview aufgenommen in Genf von Laetitia Rodrigues und Alex Mur | Textbearbeitung: Mario Galgano | Redaktion, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für Pax Press Agency im Auftrag von EWTN, EWTN News und CNA Deutsch.

Hinweis: Dieser Blogpost – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.

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