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Tolkiens Werk ist mehr als „bloße Fantasy“, es ist ein „Aufruf zum inneren Wachstum“

J. R. R. Tolkien als junger Mann

Anlässlich der 50. Wiederkehr des Todestages des britische Schriftstellers und Philologen John Ronald Reuel Tolkien (1892–1973) konnte der aus Ost-Belgien stammende Publizist, Historiker und Kulturwissenschaftler David Engels im Renovamen-Verlag einen Sammelband herausgegeben, in dem sich die Beiträge von zehn Autoren mit der Gedankenwelt von J. R. R. Tolkien auseinandersetzen.

Tolkien wurde weltweit bekannt durch das monumentale Werk „Der Herr der Ringe“. Der dreibändige Roman diente zu Beginn des Jahrtausends einer ähnlich monumentalen Film-Trilogie als Vorlage.

In seinem bekanntesten Werk setzte sich Tolkien, der selbst ein überzeugter und praktizierender Katholik war, mit dem Kampf zwischen dem Gutem und dem Bösen, dem Wahren und dem Falschen, dem Schönem und dem Hässlichem, sowie der Einigkeit und Zerrissenheit in der Welt- und Heilsgeschichte auseinander.

„Aurë entuluva!“ – der Titel des vorliegenden Buches – entstammt der von Tolkien entwickelten Elbensprache Quenya. Er ist freilich nicht dem Hauptwerk Tolkiens entnommen, sondern seinem Spätwerk „Silmarillion“, das erst nach seinem Tod durch seinen Sohn im Jahr 1977 herausgegeben wurde.

„Aurë entuluva! Der Tag wird wieder kommen!“ Das ist der Schlachtruf des Helden Húrin, den er siebzigmal ausrief, bevor er im Kampf gefangen genommen wurde. Am Ende wird der Held zwar wieder freigelassen, doch findet er keine Ruhe mehr. „Dann wandte er sich ab, und ging fort aus den Tausend Grotten, und alle, die ihn sahen, wichen zurück vor seinem Angesicht; und keiner versuchte ihn aufzuhalten, noch wusste einer, wohin er ging. Doch heißt es, Húrin habe danach nicht mehr leben wollen, ohne jeden Zweck und Wunsch, und sich zuletzt ins Westmeer gestürzt; und so endete der gewaltigste Krieger der sterblichen Menschen.“

Für Engels ist Tolkien so etwas wie ein Missionar. Er schreibt, es sei „wohl kaum übertrieben zu sagen, wenn ich neben Martin Mosebachs ‚Häresie der Formlosigkeit‘ und Ratzingers ‚Einführung in das Christentum‘ Tolkiens Werk – und zwar eher noch das ‚Silmarillion‘ als den ‚Herrn der Ringe‘ – als die drei ersten Marksteine auf meinem (Rück-)Weg ins Christentum bezeichne.“

Ähnliche persönliche Aussagen tätigen auch die neun weiteren Autoren des Bandes, darunter Joseph Pearce, Anna Bineta Diouf, Marco Gallina, David Boos, Marion du Faouët, Ryszard Derdziński, Damien Bador, Charles A. Coulombe und Michael K. Hageböck. Alle Autoren beschreiben die Auswirkungen des Geistes von J. R. R. Tolkien auf ihren Lebensweg.

Für diese Autoren wurde das literarische Schaffen Tolkiens in einem wichtigen Augenblick ihrer persönlichen Entwicklung sehr bedeutend und hat ihr Denken und Wirken beeinflusst. Grundlegende Überzeugungen, die der jahrtausendealten kulturellen Tradition des Abendlandes entsprechen, wurden ihrerseits entweder entdeckt oder neu verinnerlicht. Dies meint vor allem auch eine tiefe Religiosität.

Tolkien bietet der heutigen modernen Menschheit einen „moralischen Kompass“ an, „ebenso wie seinen Sinn dafür, inmitten von Verfall und Unordnung weiterhin das Schöne, Wahre und Gute zu bewahren und zu pflegen“.

Die Auflösung bestehender gesellschaftlicher Grundordnungen und die Aufgabe unbestrittener Gesetze, besonders das Naturrecht betreffend, führen zur „Verwirrung der Menschen im Labyrinth widerstreitender Treue“. Dies und „das schleichende Wirken von Verrat und Feigheit, das Schwinden der Schönheit aus der Welt, alles gebündelt im nahezu metaphysischen Leid um den ‚Verlust des Königs‘“, finden sich in der heutigen mainstreamgesteuerten Informationsgesellschaft wieder.

Engels notiert die wohl kaum widerlegbare Behauptung, dass Tolkien, der Professor in Oxford war, für die „zeitkritischen Anmerkungen“ in seinen Briefen „heutzutage wohl mit der Aufgabe seines Oxforder Lehrstuhls hätte büßen müssen“. Und man kann hinzufügen, dass seine Äußerungen heute als populistisch, rechts und demokratiefeindlich abgestraft würden. Auf diese Weise sind alle Autoren von „Aurë entuluva!“ konservative Rechte und rechte Katholiken.

Das mindeste, was Leser aus der Lektüre des Buches mitnehmen können, ist der Ansporn zum eigenen Denken. Nach Engels ist Tolkiens Werk alles andere als „bloße Fantasy“. Vielmehr ist es ein „Aufruf zum inneren Wachstum, und zwar nicht nur in dem Sinne, wie jedes beliebige Buch zum richtigen Augenblick Katalysator persönlicher Entwicklung werden kann, wenn der Leser nur die entsprechenden Bedürfnisse bzw. Erwartungen auf die Lektüre projiziert, sondern als ein absolut für sich stehendes Werk, das eben nicht lediglich als Spiegel zu betrachten ist, sondern als eine in sich abgeschlossene Welt, die ihren Wert in sich selbst trägt und ihre ‚Botschaft‘ mit jedem Leser gemäß seiner jeweiligen Stufe der Reifung und Selbstwerdung teilt.“

David Engels (Hrsg.): Aurë entuluva! – Der Tag soll wieder kommen. J.R.R. Tolkien zum 50. Todestag; Renovamen-Verlag 2023; 272 Seiten; 19,95 Euro

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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