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Heimat bedeutet für Christen, „im Bannkreis des Heiligen“ leben zu dürfen

Mont Saint-Michel

Dem Renovamen-Verlag ist es gelungen, ein wunderbares Lesebuch zu veröffentlichen, das in die Hände aller Oberstufenschüler und Studenten gehört. Sein Herausgeber Michael K. Hageböck hat dafür 35 Porträts ausgewählt und dazu noch acht weitere Essays platziert. Alle Texte sind von Gerd-Klaus Kaltenbrunner (1939–2011).

Kaltenbrunner verbrachte sein Leben mit Lesen und Schreiben. Er barg „die geistigen Schätze des Imperium Romanum und des Sacrum Imperium“. Kaltenbrunner, so Hageböck, „war ein Kundschafter im Reich der Dichter und Denker, ein Hüter der Erinnerung, ein Wächter der Tradition und eben dies: ein Sucher nach dem zeitlos Gültigen“.

34 noch nicht als Buch veröffentlichte Texte und neun Reprints „belegen die unvergängliche Bedeutung unseres Kulturraumes und widerlegen linksliberale Schmähungen unseres Erbes“ (Verlag). Durch sein schriftstellerisches Wirken, das Kaltenbrunner mit seiner starken Ausdruckskraft hervorbrachte, hat er „unzählige Geistesgrößen dem Vergessen entrissen, indem er Einblicke in ihr Leben und Werk schenkte“ (Verlag).

Die von links verunglimpften Begriffe wie Heimat, Tradition und Abendland werden von Kaltenbrunner richtiggestellt. An ihm „kommt niemand vorbei, der sich mit Berufung und Identität des Abendlandes beschäftigt“ (Verlag). Dass dies maßgeblich mit dem Christentum zu tun hat, verleugnet der Autor nicht.

„Geheiligte Kultur und geliebte Heimat“ entreißen der Trivialität eines hilflos umherirrenden Daseins und erinnern an das Große, Gute und Schöne. Letztlich bedeutet Heimat für die Christen, „im Bannkreis des Heiligen“ leben zu dürfen, „auf dem Boden seiner naturgegebenen Anlagen“.

„Heimat“ begegnet dem Leser immer wieder. In dem Porträt über Carl Ludwig von Haller ist etwa zu lesen: „Heimat ist der uns verbliebene Rest jenes Gartens, in den Gott einst Adam stellte, ‚damit er ihn bebaue und pflege‘ (Gen 2,15).“ Im Porträt des Priesters Heinrich Hansjakob heißt es, seine Sprache „duftet gleichsam nach dem guten Brot seiner engeren Heimat“.

Es gibt also eine Heimat, die den Ort der Geburt und der Kindheit meint; vielleicht die engere Heimat, die mit einer Landschaft, Gebäuden und Menschen korrespondiert. Aber auch eine Wahlheimat ist möglich, ein Ort, der gewählt wurde aus irgendwelchen Motiven heraus, vielleicht der Liebe wegen. Es gibt das Heimatland, ja sogar das „Europa, in dem ich mich beheimatet weiß“. Darüber hinaus gibt es auch die ewige Heimat, die der Christ im Himmel verortet.

„Der Name Jesus bedeutet: Gott ist Heil. Der Name des Vorläufers wie des Lieblingsjüngers bedeutet: Gott ist Gnade. Der Name Maria, dessen Fest die römische Kirche von 1683 bis 1970 weltweit jahraus, jahrein am zwölften September begangen hat, läßt sich wohl am ungezwungensten so übersetzen: Die von Gott Geliebte.“

Kaltenbrunner war, wie der Herausgeber des Buches schreibt, ein „Hüter der Erinnerung“. Er hält fest, er hält wach, was viele nicht sehen, hören und erkennen – nein: wissen – wollen. Es gibt die Tradition, die weder vergessen noch verleugnet werden darf. Ja, es gibt sie, und wer sich ehrlich damit beschäftigt, erkennt, dass Tradition niemals überwunden wird. Entweder sie bleibt ein Trauma oder sie gewinnt neue Kraft.

Abendland und Tradition haben mit uns Menschen zu tun. Niemand fängt bei null an; jeder fußt auf der Vergangenheit und trägt sie „in“ sich. Doch wer beschäftigt sich heute damit? Wer in die Welt der Medien blickt, stellt fest, wie unselbständig die Menschen geworden sind, wie wenig sie selbst und eigenständig denken. Sie lassen sich gehen und werden vom Mainstream weggespült. Kaltenbrunner stemmt sich dagegen.

Die von Hageböck für dieses Buch ausgewählten Texte wollen helfen, zu verstehen. Es wird Wissen vermittelt, zumeist solches Wissen, das den Menschen weitgehend fremd ist und kaum noch irgendwo weitergegeben wird. Wir Menschen müssen wieder lernen, dass „Wissen“ mehr ist als das, was in sogenannten „sozialen Medien“ und „öffentlich-rechtlichen“ und anderen Medien vermittelt wird. Wie oft lassen wir uns mit dem Zuruf abspeisen: „Bei uns erfahren Sie alles, was für Sie wichtig ist.“

Manche Leser werden viele der in den Porträts vorgestellten Personen nicht kennen, von anderen kaum je etwas gehört und gelesen haben. An dieser Stelle seien nur einige wenige genannt: Severin von Norikum, Hedwig von Andechs, Friedrich von Spee, Joseph Görres oder Hugo Ball. Ihnen und allen weiteren dargestellten Lebensbildern war es vergönnt, im Christentum ihre Heimat zu erkennen. Kultur und Tradition, Heimat und Abendland, Christentum und Staat – dies waren keine Schimpfwörter, mit denen man sich abgrenzen wollte und Mitmenschen ausschloss. Ein jeder strebte nach dem Schönen und Guten, nach Kultur. „Wer sich heute mit den Höhepunkten unserer Kultur auseinandersetzt, leidet darunter, dies inmitten des Niedergangs bewerkstelligen zu müssen“, schreibt Hageböck. Und in der Hoffnung auf Einsicht und Lernbereitschaft schreibt er weiter: „Vielleicht schärfen bei allem Leiden solche Umstände aber gerade den Blick für das Wesentliche.“

Im Porträt über Theodor Haecker erfährt der Leser mit dem vom Anglikanertum zur katholischen Kirche übergetretenen Kardinal John Henry Newman von der für ihn so wichtigen Erkenntnis: „Tief eindringen in die Geschichte heißt: aufhören, ein Protestant zu sein. Das Christentum der Geschichte ist nicht Protestantismus.“ Kaltenbrunner erklärt, die „Behauptung Luthers und anderer ‚Reformatoren‘, sie trachteten nach einer Rückkehr der ‚entarteten‘ Kirche zum reinen Geist des ‚Urchristentums‘, sei eine anmaßende und illusionäre Unterstellung“. Denn „wir wüßten viel zu wenig über das von den meisten ahnungslosen Zeitgenossen für eine jüdische Sekte gehaltene Urchristentum, also über die Zeit zwischen der Auferstehung Christi und den ersten zuverlässigen literarischen Bekundungen christlichen Geistes“.

Bevor diese Buchempfehlung abgeschlossen wird, sei noch „Das vorletzte Wort“ Kaltenbrunners wiedergegeben, mit dem er in einem Essay auf die antichristlichen Umwälzungen Europas hinweist. Er entlehnt es dem jung verstorbenen Novalis und seinem Prosastück „Die Christenheit oder Europa“: „Ruhig und unbefangen betrachte der echte Beobachter die neuen staatsumwälzenden Zeiten. Kommt ihm der Staatsumwälzer nicht wie Sisyphus vor? Jetzt hat er die Spitze des Gleichgewichts erreicht, und schon rollt die mächtige Last auf der andern Seite wieder herunter. Sie wird nie oben bleiben, wenn nicht eine Anziehung gegen den Himmel sie auf der Höhe schwebend erhält. Alle eure Stützen sind zu schwach, wenn euer Staat die Tendenz nach der Erde behält, aber knüpft ihn durch eine höhere Sehnsucht an die Höhen des Himmels, gebt ihm eine Beziehung auf das Weltall, dann habt ihr eine nie ermüdende Feder in ihm und werdet eure Bemühungen reichlich gelohnt sehen.“

Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Abendland. Geheiligte Kultur, geliebte Heimat; Renovamen-Verlag 2025; 504 Seiten; 25 Euro; ISBN: 978-3956211737.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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