19 Oktober, 2025 / 9:00 AM
„Das Abendland verteidigen“ klingt zunächst wie ein Schlachtruf, ist aber der Titel eines Buches des angesehenen katholischen Althistorikers David Engels. Das kompakte Werk von weniger als 140 Seiten bietet seine Einführung in den sogenannten Hesperialismus, also Institutionen und Geist eines „alternativen Europas“.
Engels bemüht sich, einen „dritten Weg“ aufzuzeigen „zwischen einer euroföderalistischen Linken und einer souveränistischen Rechten“. Diese Spaltung zwischen links und rechts nehme „die letzten Überlebenschancen unserer Zivilisation in die Zange“, argumentiert Engels – „die eine, weil sie die traditionelle kulturelle Identität Europas durch einen körperlosen, materialistischen und hedonistischen Globalismus ersetzen will; die andere, weil die Rückkehr zu rund dreißig Nationalstaaten den Kontinent in ein Schachbrett der imperialen Interessen der anderen Großmächte der neuen multipolaren Welt zu verwandeln droht“.
So sei es „höchste Zeit für alle, denen die wahre abendländische Tradition am Herzen liegt, rigoros den dritten Weg eines patriotischen Engagements für eine europäische Einigung zu beschreiten, die nicht auf dem Kampf gegen Identität und Tradition beruht, sondern vielmehr auf ihrer Verteidigung, Pflege und Weiterführung“, dem Hesperialismus nämlich.
Das erste große Kapitel mit dem Titel „Die große Verwirrung“ ist eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Lage in Europa, wobei der Autor schonungslos die Probleme aufdeckt, von der „Zerstörung des Sinns für Transzendenz“ über das Thema Familie bis hin zu Fragen von Demokratie, Natur und Schönheit.
Die Transzendenz ist im ganzen Buch von eminent wichtiger Bedeutung, denn ohne eine Ausrichtung auf Gott ist das Abendland laut Engels nicht zu verteidigen. So schreibt er später: „Das Christentum stellt als privilegierter Zugang des Abendlands zur Transzendenz die wichtigste identitätsstiftende Wurzel unserer Zivilisation dar und macht also den Schlußstein eines kulturellen Gewölbes aus, das ohne diese Verklammerung früher oder später einstürzen muß – diese historische Realität zu leugnen und ‚das Religiöse‘ in den rein ‚privaten‘ Bereich verbannen zu wollen, ist ein flagrantes Mißverständnis nicht nur des wahren Wesens von Religionen, sondern auch der ultimativen morphologischen Gesetze einer jeden Zivilisation.“
Ein „hesperialistisches Europa“ würde sich „dagegen wehren, daß das Christentum innerhalb seiner eigenen abendländischen Lebenswelt anderen Religionen radikal gleichgestellt wird, wie es nicht nur die meisten Nationalstaaten, sondern auch die Europäische Union mit ihrer universalistischen und antitraditionalistischen Interpretation der Werte des Vertrags von Lissabon durchsetzen will“. Ob das von offizieller katholischer Seite nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gerne gehört wird?
Engels erläutert im Verlauf des Buches die Bedeutung des Abendlandes, um sich dann im vierten Kapitel ausführlich mit dem Hesperialismus zu beschäftigen. Es handelt sich bei diesem Kapitel sozusagen um das Gegenstück zu „Die große Verwirrung“, denn der Autor zeigt auf, mit welchen Zielen den großen Problemen der Gegenwart zu begegnen ist.
Vielleicht könnte man hier eine Schwäche des Buches „Das Abendland verteidigen“ ausmachen, denn „sein Hauptinteresse liegt in der Beschreibung der zu erreichenden Ziele, nicht der Mittel, um diese zu erreichen“. Der Leser wird sich aber ganz natürlich fragen, wie die noblen und erstrebenswerten Ziele auch zu erreichen sind. In einigen wenigen Fällen widmet sich Engels den Mitteln, aber der Zweck des Buches ist ausdrücklich ein anderer. Ein eher praktisches Buch aus seiner Feder trägt den Titel „Was tun?“ und ist vor einigen Jahren erschienen.
Im letzten großen Kapitel befasst sich Engels mit den „Grenzen des Möglichen“, denn möglicherweise ist es ja schon viel zu spät, noch irgendetwas für die Verteidigung des Abendlands zu tun. Natürlich sieht Engels dies nicht so, auch wenn er die Verwirrungen Europas zuvor so einsichtig beschrieben hat.
Im Schlusskapitel heißt es dann ermutigend, „unser ultimatives Ziel“ sei „nicht der politische Erfolg des Kampfes hier und jetzt für die abendländische Zivilisation, sondern vielmehr die Bedeutung dieses Kampfes für das Streben des Einzelnen nach Erlösung – und dieses Streben ist das Einzige, was uns niemand nehmen kann, wenn wir es nicht selbst aufgeben“.
David Engels: Das Abendland verteidigen. Einführung in den Hesperialismus; Renovamen-Verlag 2025, 138 Seiten, 18 Euro; ISBN: 9783956211744
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