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Heiligkeit nicht auf morgen verschieben: Das große Leben der kleinen Therese

Die heutige Heilige und Kirchenlehrerin um das Jahr 1890: Thérèse vom Kinde Jesu und dem Heiligen Gesicht war Nonne im Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen in Lisieux, Frankreich.

Therese von Lisieux ist eine beliebte Heilige in unserer Zeit. Ihr sogenannter kleiner Weg der Heiligkeit spricht uns und unsere Zeitgenossen zunächst wie selbstverständlich an – kleiner Weg, das klingt doch so leicht –, aber was darunter tatsächlich zu verstehen ist, bleibt dann oft unbekannt. Auch das Leben der Therese von Lisieux ist nämlich das heroische Leben einer großen Heiligen, und dies wird umso deutlicher im soeben beim Media Maria Verlag neu veröffentlichten Buch "Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux". Nach der Lektüre dieses Werkes wird der Leser nicht mehr leichthin von der Schönheit des kleinen Weges sprechen, der doch so einfach und gangbar schien, sondern in Ehrfurcht und Demut vor der kleinen Therese und ihrem Gott auf die Knie fallen, seine eigene Sündhaftigkeit und seine eigenen Unzulänglichkeiten anerkennen – und damit den ersten Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit setzen.

Aufzeichnungen von Augenzeugen

Das vorliegende Buch besteht größtenteils in einer Zusammenstellung von Aufzeichnungen der Mitschwestern der heiligen Therese im Karmel von Lisieux, und zwar aus den letzten Monaten ihres Lebens. Den Anfang macht dabei das gelbe Heft von Mutter Agnes, bei der es sich um eine leibliche Schwester von Therese handelt, die sich hingebungsvoll um sie kümmerte und sie an ihrem Lebensende pflegte. Daher hatte Mutter Agnes das Privileg, sich viel mit ihr zu unterhalten und ihre Aussprüche aufzuzeichnen. Es folgen im Buch die wesentlich weniger umfangreichen Aufzeichnungen von Schwester Genoveva und Schwester Maria vom Heiligen Herzen, bei denen es sich ebenfalls um leibliche Schwestern der heiligen Karmelitin handelt.

Speziell Mutter Agnes schrieb viel auf, was nicht unbedingt unmittelbar für den Leser erbaulich ist und eher belanglos wirkt, aber doch die vollkommene Menschlichkeit der Therese von Lisieux zeigt: "Während der Matutin sah ich die Sterne leuchten, dann hörte ich das Offizium. Das hat mir gefallen." Macht man sich oft ein Bild von Heiligen, das mit der Wirklichkeit eher wenig zu tun hat, weil man die Personen zu sehr verklärt, zeigen die Berichte von Augenzeugen oftmals ein etwas anderes Bild. Dieses neue Bild nimmt aber nichts von der Heiligkeit und Größe der Personen weg, sondern verdeutlicht stattdessen den Kampf um ein heiliges Leben verdeutlicht, welches sich nur verwirklichen lässt, wenn man sich der Gnade Gottes ergibt und eins mit ihm wird.

Ein besonderes Kennzeichen des Menschen ist der Humor, und von vielen Heiligen sind amüsante oder humorvolle Episoden überliefert – so auch von der heiligen Therese. Als ihre Krankheit plötzlich einen etwas verwirrenden Verlauf nahm, fragte man sich, woran Therese wohl sterben würde. Diese antwortete, mit einer Leichtigkeit, die man einer sterbenskranken Person kaum zutraut: "Aber am Tod werde ich sterben! Hat nicht der liebe Gott dem Adam mit folgenden Worten gesagt, woran er sterben wird: ‚Du wirst des Todes sterben.‘ Das ist es, ganz einfach."

Unbeschreibliches Leiden

Wie groß und – menschlich gesprochen – unerträglich ihr Leiden war, dessen sind sich viele Verehrer der kleinen Therese nicht ganz bewusst. Mitte August, als sie noch fast anderthalb Monate zu leben und zu leiden hatte, sagte sie: "Eine so schlechte Nacht habe ich noch nicht gehabt. Oh, wie gut muss der liebe Gott sein, dass ich das alles aushalten kann, was ich leide! Nie hätte ich gedacht, so leiden zu können. Und doch glaube ich nicht, dass ich schon am Ende meiner Leiden bin. Aber er wird mich nicht verlassen."

Gerade aus den Auszügen einiger Briefe, die am Ende des Buches zitiert werden und von ihren Mitschwestern verfasst und an Verwandte geschickt wurden, geht hervor, wie grausam das Leiden war. "Gestern Abend hat sie noch Blut gehustet, auch noch in der Nacht. Die Nacht war nicht gut, aber doch auch nicht so schlecht, wie man es nach dem gestrigen Tag hätte erwarten können. Der Vormittag war erträglich, kein Bluthusten heute bis um 3 Uhr Nachmittag, dann einmal. Immer noch ist sie glühend heiß vor Fieber und leidet an Beklemmung und an Schmerzen an der Seite […]." Therese selbst beklagte sich kaum, hatte das Leiden doch einen höheren Sinn: "Nie hätte ich geglaubt, dass es möglich wäre, so zu leiden! Nie! Nie! Ich kann mir das nur aus meinem glühenden Verlangen erklären, Seelen zu retten."

Gemeinschaft der Heiligen

Eine besondere Eigenschaft der heiligen Therese besteht in ihrem Sinn für die Gemeinschaft der Heiligen, wobei darunter nicht nur die triumphierende Kirche des Himmels zu verstehen ist, sondern auch die leidende Kirche im Fegefeuer sowie die streitende Kirche auf Erden. Therese ist sich bewusst, dass sie ihre Gnaden dem Gebet und Leiden einer anderen Person verdankt. Gleiches gilt dementsprechend für ihr eigenes Wirken. "Oft verdanken wir die Gnaden und Erleuchtungen, die uns zuteilwerden, einer verborgenen Seele, denn der liebe Gott will, dass die Heiligen einander die Gnaden durch das Gebet mitteilen, damit sie sich im Himmel mit einer großen Liebe lieben, mit einer Liebe, die noch viel größer ist als jene, mit der man einander in einer Familie, und sei es die idealste Familie auf Erden, liebt."

Wenn die kleine Therese vom Himmel spricht, so oft mit Bezug auf ihren Einsatz für die Seelen, die nach ihrem Tod auf Erden zurückbleiben. Als Mutter Agnes sie etwa fragte, ob sie vom Himmel auf ihre Mitschwestern herabschauen werde, korrigierte Therese von Lisieux sie: "Nein, ich werde herabkommen!" Ganz ähnlich sagte sie: "Wenn Sie wüssten, wie ich Pläne schmiede, was ich alles machen werde, wenn ich im Himmel bin … Ich werde meine Sendung beginnen …"

Heiligkeit nicht auf morgen verschieben

Doch auch wenn ihre Sendung erst im Himmel beginnt, wie sie sagte, so soll man mit der Heiligkeit nicht erst irgendwann anfangen, sondern jetzt und hier: "Glauben Sie mir, warten Sie nie auf morgen, um mit dem Heiligwerden anzufangen." Therese illustrierte diesen Aufruf mit einer Episode aus ihrem eigenen Leben: "Mir ist der Monat vor meinem Eintritt in den Karmel eine süße Erinnerung. Am Anfang sagte ich mir wie Sie: ‚Wenn ich im Karmel bin, werde ich heilig werden; während ich noch warte, werde ich mir keinen Zwang antun …‘ Aber der liebe Gott hat mich den Wert der Zeit begreifen lassen; ich habe genau das Gegenteil von dem getan, was ich gedacht hatte. Ich beschloss, mich durch große Treue auf meinen Eintritt vorzubereiten und es ist einer der schönsten Monate meines Lebens geworden.

"Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux" ist ein Buch, für das man Geduld braucht. Ein Personenverzeichnis und eine Chronologie sind dabei hilfreich, am Anfang den Überblick nicht zu verlieren. Erst am Ende des in gewohnt guter Media Maria-Qualität herausgegebenen Werkes bekommt man ein Bild von der Heiligen, das in seiner schlichten Heldenhaftigkeit begeistert.

Therese Martin, Letzte Gespräche der Heiligen von Lisieux. Ich gehe ins Leben ein, ist im Media Maria Verlag erschienen und hat 352 Seiten.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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