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"Komm, Licht des Herzens!" – Eine geistliche Betrachtung zum Pfingstfest

Pfingsten im Pantheon am 4. Juni 2017
Eine junge Ordensschwester freut sich im römischen Pantheon am 4. Juni 2017 über den Blütenreigen
Pfingsten im Pantheon
"Das Pfingstwunder ist kein Phänomen der Linguistik, sondern ein Ereignis der tiefgreifenden menschlichen Verständigung in der gemeinsamen Sehnsucht nach Wahrheit, nach Sinn, nach Vollendung." - Pfingsten im Pantheon, 2017

Manchmal scheint es, als sei uns die Freude am Glauben abhandengekommen. Mit der Freude zugleich entschwanden Zuversicht, Treue und Hoffnung. Beliebige Inspirationen werden zuweilen mit dem Wirken des Heiligen Geistes verwechselt. Die Kirchengeschichte erzählt davon genauso wie unsere Zeit. Wenn wir die Pfingstsequenz "Veni Sancte Spiritus" singend beten, so rufen wir nicht den Geist an, der kirchliche Struktur- und Verwaltungsreformen begleiten und den Behörden neues Leben einhauchen könnte. Wir schauen sehnsüchtig zum Himmel empor, auf einen Strahl des Lichtes hoffend, das von oben, also von Gott her unsere Verwirrung zerstreut, unsere Unsicherheiten löst und die Verkrampfungen in den Eigensinn aufhebt.

Vielleicht haben wir die Ehrfurcht vor der Macht, Größe und Wirklichkeit Gottes verloren, die heilige Scheu und Demut verlernt, wenn wir eine Kirche betreten. Wir können die Kirchen zwar weltlich bauen, gestalten, renovieren, sanieren oder neu streichen, erneuert werden aber kann die Kirche nur von Gott her – so wie auch wir selbst nur uns zum Herrn bekehren können, damit Er uns erneuert. Als Bettler vor Gott bekennen wir uns zu unseren Sünden, gestehen unsere Armut und Ohnmacht ein und rufen: "Komm, Vater der Armen!" In der Pfingstsequenz wird zwischen Reichtum und Armut nicht weltlich unterschieden. Wir wissen nur zu gut, wie reiche Erdenbürger inwendig verwahrlost und verarmt sein können.  Gottes Reich ist auch keine ständische Gesellschaft. Wir sind von geistlicher, auch geistiger Armut gezeichnet. Wir können zwar Philosophie und Theologie studieren, uns bilden, kulturell verfeinern – aber die Wüste in uns bleibt. Kein Wissen macht sie zunichte, keine Weisheit, keine Lebenskunst. Die Wüste weitet sich manchmal sogar in der so oft unbemerkten Dekadenz dieser Zeit. Wie anders lassen sich kirchliche Protestbewegungen oder Erneuerungsprogramme und die weltgewandte, aber theologisch unverständliche Rede über die "DNA der Kirche" begreifen? Einfach gläubige Christen können und möchten das alles nicht mehr mitanhören müssen.

Gerade Pfingsten, der Geburtstag der Kirche, erinnert ja daran, dass die Kirche nichts Selbstgemachtes, nichts Ausgedachtes und nichts beliebig Verwandelbares ist. Verfolgte Christen in aller Welt würden nicht auf säkulare Erneuerungsideen kommen, die sich hierzulande mancherorts ausbreiten, so als ob der Geist der Weltlichkeit längst den Heiligen Geist verdrängt hätte oder austreiben wollte.

In der Pfingstsequenz rufen wir den Heiligen Geist an als "dator munerum", als Geber der Gaben. Wir rufen ihn an, weil wir die Gaben, die wir zuinnerst nötig haben, selbst nicht machen können. Wir bedürfen der Früchte so sehr, die nicht auf den Äckern dieser Welt wachsen. Wir verzehren uns nach dem "Panis angelicus".

Nichts aber scheint größer zu sein als die innere Dunkelheit, als die Verwirrung, die sich für klug, aufgeklärt und weise hält: "Veni, lumen cordium … O lux beatissima, reple cordis intima tuorum fidelium." – "Komm, Licht des Herzens! … O seligstes Licht, erfülle das Innerste des Herzens Deiner Gläubigen!" Vom Herzen sprechen wir so oft, aber die Pfingstsequenz bleibt nicht im Bereich eines Gefühls oder einer Neigung. Wenn wir "von Herzen" schenken, so sprechen wir auch vielleicht von mehr als von einer Laune des Augenblicks, von einer sentimentalen Verbundenheit, sondern – worauf auch der hebräische Begriff zurückgeht – von der ganzen Person, die alles einbegreift und umschließt. Wir schenken von Herzen, als Person. Wenn wir nur mit einem Teil Gott folgen, so genügt das nicht. Wenn wir bloß Argumente suchen und Verständnis zeigen, so reicht es nicht aus. Wenn wir herzlich, allein mit Gefühl, uns Gott zuwenden, so ist es nicht genug. Wir können auch nicht teilweise, auf Zeit oder auf Probe lieben. Wir können uns auch nicht ganz liebend hingeben, wenn wir mit einem Teil der Person uns immer noch an das Eigene klammern.

Die reuigen Sünder, die geistlich Armen und die Bettler vor Gott rufen den Heiligen Geist an – und aus ihrem Rufen spricht nicht die Sehnsucht säkularer Absichten, Wünsche und Meinungen. Wissen wir eigentlich, worum wir beten? Wir können diese inneren Wunden und Verletzungen nicht selbst versorgen. Ja, wir können unsere Meinungen frei äußern und unseren Ideen folgen. Wir können uns emanzipieren. Wir können uns vielleicht sogar selbst verwirklichen. Wir können das Naturrecht leugnen. Wenn wir meinen, dass wir alles können und dürfen, dann könnten wir eine neue Kirche bauen, eine Kirche von Menschen für Menschen errichten – und feierten zu Pfingsten dann unseren Eigensinn, unseren Eigengeist und uns selbst. Doch wir können uns nicht selbst erlösen. Wir können uns nur abwenden von Gott. Selbst wenn wir Gott leugnen, bleibt er gegenwärtig. Selbst wenn wir das Gericht am Ende der Zeiten für eine luftige Fantasie halten, gehen wir darauf zu. Selbst wenn wir glauben, dass wir in allem immer das letzte Wort haben, so spricht am Ende doch der Herr uns das letzte Wort zu. Wenn wir auf unsere und nicht auf Seines Geistes Kraft vertrauen, dann bauen wir nur unsere eigenen Häuser. Sie mögen weltlich glänzen und zeitgemäß erscheinen, prachtvoll wie ein Palast oder demokratisch wie eine Republik. Wir können den Mächtigen und den Mächten dieser Welt huldigen, so als ob sie göttlich wären. Dann geben wir uns nur, wissentlich oder nicht, dem Fürsten der Welt hin – in aller Freiheit.

Wir feiern den Geburtstag der Kirche. Wir feiern den Geburtstag des Hauses, dessen lebendige Steine wir sein dürfen. Es ist Sein Haus, Sein Eigentum, und auch wir sind Seine Geschöpfe. Wir gehören Ihm an – und wir bitten so sehr um das "Licht des Herzens", in allen Düsternissen dieser Zeit und unseres Lebens: "Wasche, was befleckt ist, tränke, was verdorrt ist, heile, was verwundet ist!" Wir bitten um den "Strahl Deines Lichtes", das uns vom Himmel her erleuchten und erfüllen möge – und dürfen dankbar dafür sein, dass uns die Kirche geschenkt ist. Wir sind dazu berufen, dem Herrn und so auch einander zu dienen – und die Kirche, die heilig ist und bleibt, zu lieben, in bleibender Treue und froher Dankbarkeit, von ganzem Herzen.      

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Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten der Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

 

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