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Falsche Pilger und echte Ganoven: Eine Rezension von "Rotwelsch"

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Der Titel des vorliegenden Buches "Rotwelsch. Die alte Sprache der Gauner, Dirnen und Vagabunden" machte zunächst den Rezensenten neugierig. Nach dem Lesen bleibt festzustellen: Dieses Buch kann man als Sommer- oder Ferienlektüre empfehlen. Nicht um die Sprache der "Gauner, Dirnen und Vagabunden" hoffähig zu machen; eher, um zu sehen, aus welcher Ecke so manche Begriffe stammen, die uns noch heute manchmal begegnen - und welche Bedeutung sie einmal hatten.

Zuerst wird in dem Buch einmal geklärt, was Rotwelsch überhaupt ist und woher der Begriff kommt. Hier sei nur mit einer Kurzform gedient: "Rotwelsch bedeutet soviel wie falsche oder betrügerische Sprache." – Ein Schelm, wer meint, man sollte dieses Wort für Politiker einführen oder in anderen Bereichen des heutigen Lebens.

Rotwelsch war eine Sprache, die vor allem auf den Straßen des Mittelalters entstanden ist. Die Menschengruppen, die unter dem Rotwelsch zusammengefasst sind, also etwa "Vagabunden, Dirnen, Scherenschleifer, Handwerksburschen" und andere Leute, standen "irgendwie in Verbindung". Dies lag daran, dass man sich eben nicht nur auf der Straße traf, sondern auch in Gefängnissen und in Herbergen.

Stichwort "Herberge": In vielen verschiedenen kurzen Buchabschnitten wird über unterschiedlichste Menschen und Menschengruppen berichtet. Unter anderen gibt es das Kapitel: "Die Pilgerkultur der Bettler, Ganoven und Scheinheiligen". Warum wohl hat mich das angesprochen? Vielleicht weil die drei Sorten von Menschen irgendwie zusammengehören (könnten)?

Pilger zogen quer durch Europa. Unter sie mischten sich aber auch vagabundierende Gestalten, die man nicht unter die glaubensfesten Menschen zählen möchte, die die heiligen Stätten ihres Seelenheiles wegen aufsuchten. Denn oft nutzten zwielichtige Gestalten das Pilgerkleid, um unbehelligt herumziehen zu können. Dadurch kamen echte Pilger in einen schlechten Ruf, weil man nicht immer genau unterscheiden konnte. So leitet sich vom "Pilger" etwa das Schimpfwort "Pücher" oder "Pülcher" ab, das in Wien zum Beispieleinen Gauner oder kleinen Ganoven bezeichnet.

Der Autor Roland Girtler trägt hier nicht bloß lexikalisches Wissen zusammen. Er verbrachte selbst viel Zeit mit Gaunern, Prostituierten, Straßenmusikanten. Auch durch andere Menschen am Rand der modernen Gesellschaft kam er in die Lage so anschaulich zu erzählen. Denn für sein Buch trägt er vieles zusammen, was er in nächtelangen Gesprächen in mancherlei undurchsichtigen Lokalitäten erfahren hatte.

Über Bettler, Gaukler und Ganoven bekommt der Leser einen guten Einblick. Er erfährt wie sie gelebt haben und mit welchen Tricks sie sich durchschlugen. All das ist nicht nur informativ, sondern auch sehr unterhaltsam und oft mit einem Aha-Erlebnis verbunden.

Das Buch enthält unzählige Wörter aus dem Rotwelsch samt Erklärungen. Es gibt viel zu entdecken und viel zu schmunzeln.

Roland Girtler, "Rotwelsch: Die alte Sprache der Gauner, Dirnen und Vagabunden" ist im Böhlau-Verlag erschienen und hat 278 Seiten.

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