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"Zeugen der Liebe": Warum so die Zukunft der Ehevorbereitung aussehen könnte

Berufung zur Liebe: Eine glückliche Ehe zu führen lernt man am besten von Menschen, die eine solche haben.

In einer Gesellschaft mit steigender Scheidungsrate und mangelndem Verständnis der christlichen Ehe als Dreiecksbeziehung zwischen Mann, Frau und Gott ist eine bessere Vorbereitung auf das Sakrament dringend nötig. Darin sind sich Papst Franziskus, die meisten Bischöfe und Seelsorger einig. Auch die deutschsprachige Gruppe der Familiensynode hat in einem ihrer Berichte ein Katechumenat der Ehe gefordert.

Wie das aussehen kann, zeigt “Witness to Love” – "Zeugen der Liebe".

Eigentlich war es ein ganz normaler Gottesdienst am Sonntag. Doch fiel Pater Michael Delcambre zum ersten Mal bewusst auf, was ihm schon mehrfach hätte auffallen müssen. In der Heiligen Messe sah er etwas, das andere Pfarrer eher “einen seltenen Anblick“ bezeichnen würden: Er zählte zehn neuvermählte Ehepaare, die seinen Gottesdienst besuchten. 

Eine neue Art der Ehevorbereitung: Das Paar wählt seine Mentoren

“Ich fragte mich, ob diese Ehepaare auch zur Heiligen Messe kommen würden, wenn wir uns nicht auf den Weg gemacht hätten, ihnen die Wichtigkeit und den geistigen Zugang zur Heiligen Messe soweit zu erklären, dass sie jetzt die Sehnsucht haben, diese mitzufeiern,“ sagte er gegenüber der Zeitung “National Catholic Register” (NCR). Der Unterschied sei, so der Pfarrer von St. Joseph und St. Rose in Cecilia, einer Pfarrei im US-Bundesstaat Louisiana, dass seine Gemeinde offen war für eine neue Weise der Ehevorbereitung. Diese nennt sich "Zeugen der Liebe" – “Witness to Love” – und findet wachsenden Zuspruch in den USA. Bevor die Pfarrei diesen neuen Kurs eingeschlagen hatte, musste Pfarrer Delcambre – wie auch viele  deutsche, österreichische und schweizer Priester –  allzu oft beobachten, dass verlobte Paare, die er auf die Ehe vorbereitete, nach der Hochzeit nicht mehr zum Gottesdienst kamen.

“Zeugen der Liebe“ ist eine Form der Ehevorbereitung, welche die Eucharistie zum Zentrum macht, auf Tugenden aufbaut – und das auf einem innovativen Weg: Das verlobte Paar muss sich aus seiner Gemeinde ein bereits verheiratetes Paar auswählen, das es besonders schätzt. Dieses Paar muss natürlich bestimmte gute Kriterien erfüllen, damit es die Verlobten beraten und führen kann. Wenigstens fünf Jahre sollten sie etwa verheiratet sein und schon Kinder haben; sie sollten in der Pfarrgemeinde aktiv sein und innerhalb des letzten Jahres regelmäßig den Gottesdienst besucht haben.

Das Mentoren-Paar folgt der Vorlage des “Zeugen der Liebe“-Programms, das helfen soll, Beziehungen aufzubauen und Ehefertigkeiten zu vermitteln. Ein Priester oder Diakon hilft währenddessen dem verlobten Paar, sich in die Theologie der Ehe zu vertiefen. Mit Hilfe ausgebildeter Ehevorbereitungs-Koordinatoren kann das Mentoren-Paar richtungsweisend begleiten und das Programm gestalten. Wenn das Mentoren-Paar gemeinsam mit den Verlobten jeden vorgegebenen Übungsabschnitt erarbeitet hat, bestätigt es dies in voller Eigenverantwortung.

Mary-Rose und Ryan Verret, ein verheiratetes Paar aus Pfarrer Delcambres Gemeinde, haben vor drei Jahren die Vorlage von “Zeugen der Liebe“ für die Gemeindepastoral entwickelt. Mary Rose, die früher Diözesan-Koordinatorin für Ehevorbereitung war, interviewte im Zeitlauf von sieben Jahren 400 verlobte Paare. Sie wollte herausfinden, warum Frischverheiratete nach der Ehe oft der Messe fern bleiben. Zur Ehevorbereitung gehören auch in den USA normalerweise verpflichtende Kurse über die natürliche Empfängnisregelung (NFP), Pfarrgemeindeprogramme wie Ehekatechesen, zusätzliche Angebote außerhalb der jeweiligen Pfarrei und sogar vom Pfarrer ausgewählte “Mentoren”-Paare. All dies führte jedoch nicht zum gewünschten pastoralen Erfolg.

Die ganze Geschichte ist nachzulesen in dem Buch “Zeugen der Liebe: Wie wir der nächsten Generation helfen, dass Ehen gelingen und erfolgreich sein können“ kürzlich auf Englisch erschienen im Verlag “St. Benedict Press”. Pater Delcambre sagte, “dass das jetzige Programm die Neuverheirateten nicht nur in die Gemeinde einbindet, sondern auch in eine neue Struktur, die ihnen weiterführende Aktivitäten anbietet, auch lange nach einer Ehevorbereitung.“

Dem Ruf der Synode folgen 

Nicht nur Seelsorger fordern neue formen der Ehevorbereitung.  Zwei Statistiken des University Center for Applied Research in the Apostolate (CARA) bestätigen die Notwendigkeit, Ehevorbereitungen neu zu überdenken. 28 Prozent der katholischen Ehen endeten in Scheidung. Und bei Eltern mit Kindern besuchen weniger als ein Ehepaar von fünf die wöchentliche Sonntagsmesse.

Verret sagte, dass sie in ihrer Pfarrei in Louisiana die Erfahrung gemacht hätten, dass es nicht funktioniert, wenn für die Verlobten ein Mentorenpaar ausgesucht wird. “Die Paare waren nicht befreundet, es gab kein Vertrauensverhältnis.“ Zum Beispiel habe ein frisch verheiratetes Paar nie sein Mentoren-Ehepaar kontaktiert, selbst als die Ehe in Schwierigkeiten geriet. Ein Jahr später waren sie schon geschieden. Nach diesem Weckruf haben sich die Verrets und ihr Pfarrer entschieden, die Sache von einer anderen Seite zu betrachten und sich die Frage zu stellen: “Nun, wem vertrauen sie denn wirklich? Welche Eheleute bewundern oder schätzen sie?“

Schnell war klar: Erst als die Verlobten ihr Mentoren-Paar, das den Anforderungen des Programms entsprach, selbst auswählten, konnten Vertrauensbeziehungen in den Gemeinden entstehen. Diese Beziehungen erleichterten einen unbeschwerten Umgang im Gespräch und eröffneten den Neuverheirateten einen vertrauensvollen Zugang zum Gemeindeleben.

Pater Delcambre bestätigt: “Ich sah, wie wichtig eine beständige, tief verwurzelte Beziehung ist, sowohl für das Gemeindeleben, das durch die Neuverheirateten bereichert wird, als auch umgekehrt das Gemeindeleben für die Vitalität der Ehe".

"Wir holen uns ein paar Bier und sprechen über Sex"

Caprice Huval, 36, und ihr Ehemann Dave, 44, waren das erste Mentor-Ehepaar, das ausgesucht wurde, als “Zeugen der Liebe“ in der Gemeinde begann: Ein Paar bewunderte die Huvals; die Art, wie sie Ihre Kinder erzogen, und dass sie schon 13 Jahre lang verheiratet waren. Sie fragten Sie einfach, via Facebook, ob sie nicht Ihre Mentoren sein könnten. 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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“Wir staunten. Wow, so nehmen uns die Menschen wahr”, erzählte Caprice Huval. “Wir stimmten zu – und es hat uns wahrlich die Augen geöffnet.“ Frau Huval sagte, dass sie mit dem verlobten Paar auch viel Spaß gehabt hätten. Die Ehemänner organisierten “Double Dates” für die beiden Paare, und die Familien nehmen bis heute gemeinsam an kirchlichen Aktivitäten teil. Der Pastor, der sich mit ihnen allen traf, um über die natürliche Empfängnisregelung zu sprechen, brach das Eis bei schwierigeren Themen wie tugendhafte Sexualität, indem er etwa sagte: “Wir holen uns ein paar Bier und sprechen über Sex“.

Wie Caprice Huval heute erzählt, hatten die Gespräche mit dem jungen Ehepaar auch ihnen geholfen, ihre eigene Ehe genauer zu betrachten und häufiger zu beten.

Bekehrung findet in Beziehungen statt

Die Verrets sind Mitautoren des Schulungshandbuches “Witness to Love“, das für Priester, Gemeindemitarbeiter und Mentoren gedacht ist. Pater Michael Delcambre, Zuständiger des Institutes für Priesterausbildung, Peter Martin, Psychologe am Christendom College und Philosophieprofessor John Cuddeback haben am Arbeitsteil mitgewirkt, der die Themenbereiche “Freundschaft” und “Tugend” behandelt.

Für den Psychologen Martin ist die Hauptstärke des Programmes, dass es das verlobte Ehepaar ist, das das Mentoren-Paar auswählt. Aus psychologischer Sicht betrachtet sei klar, dass sich “das verlobte Paar sicher fühlen“ müsse. In einer neuen Ehe finde eine gewaltige Wandel statt, und solche Übergängsphasen führten zu Unsicherheit. Eine Person muss sich “sicher und geschützt“ fühlen, damit sie sich einer anderen Person gegenüber öffnen könne, so Martin.

Wichtiger noch: “Die meisten Bekehrungen passieren in einer Beziehung“, erklärte Martin und fügte hinzu, dass intellektuelle Bekehrungen zu einem praktizierten Christentum vergleichsweise selten seien. Aber in einer Beziehung müsse sich eine Person auf jemanden einlassen können, der ihr helfe, Dinge zu konfrontieren, die beide an sich ändern müssen, um ein gelingende Ehe zu führen.

“Die frühen Jahre sind maßgeblich bestimmend für die Zukunft, und im Nachhinein nur schwer zu ändern“, so der Psychologe. “Es ist wichtig, Paaren ‘eine Stimme der Hoffnung’ zu geben, indem sie zu Mentoren-Paaren gehen. Vor allem in den ersten fünf Jahren ist es wichtig, eine vorbeugende Vermittlung zu schaffen, da hier der Kurs fürs Leben eingeschlagen wird”.

Die Zukunft der Ehevorbereitung: Begleitung zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Mehr als 20 Diözesen in den USA haben bereits ihr Interesse angemeldet, “Zeugen der Liebe” in ihre Pfarreien zu bringen. Izabella Nagle, Koordinatorin der Ehepastoral in der Erzdiözese New York, sagte gegenüber dem NCR, dass sie diese “Vision” von Ehevorbereitung teile; ähnlich äußerte sich der Leiter der Familien-Pastoral in New Orleans, David Dawson. “Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Ehegestaltung wird immer bestehen bleiben”, sagte er, “wenn wir nicht die Voraussetzungen für einen Dienst durch Begleitung schaffen. Vor allem für die, die Zeugen dafür sein können, wie es sich anfühlt und erlebbar ist, in konkreten Situationen in der Gnade Gottes zu stehen, die in Ehe und Familie wirksam wird”.

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