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„Sie ist gezielt dort hingegangen, wo die Not am größten ist“

Marie Czernin im Jahr 2003

Die Journalistin und Redakteurin Marie Czernin, die zuletzt lange Jahre für die Päpstlichen Missionswerke (Missio) in Österreich gearbeitet hat, ist in der vergangenen Woche verstorben. Der folgende Nachruf stammt von Benedikta Manzano, ihrer Cousine.

Ich habe Marie liebgehabt und ich habe sie bewundert. Bewundert habe ich sie, weil sie etwas von einem Wunder an sich hatte.

Sie ist gezielt dort hingegangen, wo die Not am größten ist. Wo das Böse herrscht, wo Menschen anderen Menschen unsäglichen Leid zufügen.

Aber dieses Böse konnte ihr überhaupt nichts anhaben. Ich weiß aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung, wo ich immer wieder mit schlimmen Schicksalen konfrontiert werde, dass einen das sehr leicht überfordern kann. Die Fassungslosigkeit angesichts des Schrecklichen und die eigene Ohnmacht können zu Zynismus, Abgestumpftheit und völliger Erschöpfung führen.

Nicht so bei Marie, die nie ihren Enthusiasmus verloren hat, immer strahlend war, immer jung, auch als sie schon sterbenskrank war.

Marie, die nie ihre besondere Gabe, in jedem Menschen das Gute zu sehen, verloren hat.

Und mit dieser besonderen Sicht auf die Menschen war sie Jesus ähnlich, der ja sogar seinen Mördern mit nichts Anderem als reinem Mitgefühl begegnet ist.

In den 21 Tagen, in denen wir mit und für Marie den Rosenkranz beten durften, hat sie weiterhin und sogar noch mehr gestrahlt, obwohl schon so müde und so erschöpft und auf ihren Tod zueilend.

Wir waren „nur“ virtuell miteinander verbunden, und trotzdem hatte dieses gemeinsame Gebet eine Kraft und Tiefe, wie sie viele von uns wohl zum ersten Mal erlebt haben.

Mir war es immer sehr wichtig, den Rosenkranz nicht zu versäumen, einfach weil er wunderschön war.

Marie war schön in jeder Hinsicht und in ihrem Sterben hat sie uns noch Schönheit geschenkt.

Natürlich war das alles nur möglich aufgrund ihres Glaubens. Ich habe die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens auf alles, was mit der Kirche zu tun hatte, skeptisch bis allergisch reagiert, aber bei ihr habe ich auch in dieser Zeit nur dieses Strahlen gespürt. Sie hatte etwas völlig Entwaffnendes an sich, weil sie tatsächlich nicht gekämpft hat, nicht aus Feigheit, sondern aufgrund ihrer Verbundenheit mit Jesus und seiner Mutter.

Wenn wir den Rosenkranz beten, legen wir alle Waffen nieder. Wir verlassen die Gefilde, wo es ums Rechthaben geht. Maria war es völlig egal, ob sie recht hatte, und Marie, die ja nach ihr benannt war, ebenfalls. Wenn man das Göttliche auf und in die Welt bringen soll, dann muss man ihm Raum geben unendlichen Raum. Das Gebet schafft diesen Raum und wirft die Sorgen und die kreisenden Gedanken vor die Türe.

Marie war nicht nur erfüllt von ihrem Glauben, sondern sie hatte die besondere Gabe, diesen Glauben anderen erfahrbar zu machen. Deswegen war sie in der Mission.

Sie war so zart und zerbrechlich und hat so viel bewirkt. Manche Menschen haben etwas von einem Engel an sich und bei Marie war das in besonderer Weise der Fall. Sie war auf und in dieser Welt und hat diese unsere Welt geliebt. Aber zugleich war sie auch in einer anderen Welt, zu der sie jetzt ganz Heim gegangen ist. Uns allen, die sie dabei begleitet haben, bleibt die Erinnerung an sie und die Zuversicht, dass unser eigenes Sterben ein ebensolcher Heimgang sein wird.

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(Die Geschichte geht unten weiter)

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