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Ein Offener Brief an Jim Caviezel

"Professionelle Religiosität und äußerer Habitus entsprechen nicht immer der inneren Wirklichkeit. Schön, dass es auch Schauspieler gibt wie Sie, die tatsächlich Glauben verkörpern."

Dear Mr. Caviezel, 

Sie sind wieder im Kino zu sehen. Ostern startet der Film "Paul – Apostle of Christ". Erst mal nur in den Vereinigten Staaten. Aber irgendwann läuft er auch bei uns. In Mel Gibsons "The Passion of Christ" haben Sie Jesus Ihr Gesicht gegeben. Diesmal spielen Sie den Evangelisten Lukas. Vom neuen Paulus-Film kenne ich bislang nur den Trailer. Aber ich ahne die Diskussionen, die spätestens dann heraufziehen, wenn der Völkerapostel in deutschsprachigen Kinos missioniert. Von "Sandalen-Film" und emotionalem "Christen-Kitsch" wird die Rede sein. Sei’s drum.

Cineastisch kann ich den Film und Ihre Darstellung des Lukas nicht beurteilen. Aber ich gebe gerne zu, als Jesus von Nazareth haben Sie mich beeindruckt. Weltweit ging es Millionen Zuschauern nicht anders, trotz aller Kritik an der Person des Regisseurs und der Brutalität des Films. Die Passions-Szenen seien unerträglich, hieß es damals. Kann man sich das Leiden und Sterben Jesu erträglich vorstellen? Ist der Leidensweg der Menschen in Syrien nicht auch unfassbar grausam, brutal und unerträglich? Vielleicht sind wir es längst gewohnt, uns abzuwenden, wenn es nicht mehr auszuhalten ist. Passion ist nicht so unser Ding. Abschalten, wegzappen. Jesus war da anders. Er hat ausgehalten – bis zum Schluss. Neulich habe ich Sie gesehen, als Sie in den Vereinigten Staaten bei einem christlichen Kongress gesprochen haben. Sie haben Zeugnis gegeben von Ihrem Glauben und darüber berichtet, was sie empfunden haben, als sie bei den Dreharbeiten unter der Last des Kreuzes gestürzt sind. Sie haben erzählt, was Ihnen durch den Kopf ging, als Sie am Kreuz kaum noch Luft bekamen. Was sie gesagt haben, war berührend, weil es echt war. Es hat gezeigt, dass Sie ein Mensch des Glaubens und des Gebetes sind. Beeinflusst diese innere Haltung die Wirkung eines Films?

Der Apostel Paulus war ein Gigant des Glaubens. Als solcher steht er in Stein gehauen in Rom vor "San Paolo fuori le Mura". Eindrucksvoll, erhaben, unerschütterlich. In vielen Kirchen finden sich vergleichbare, geradezu majestätische Darstellungen. Im Kino ist das anders. Der Film gibt Paulus ein menschliches Gesicht. Er macht einen Typen aus ihm – mit Ecken und Kanten, aber mit einer großen Sehnsucht im Herzen und einem festen Glauben an den Herrn, der ihm begegnet ist, ihm die Schuld vergeben hat und der ihn durch die Abgründe seines Lebens trägt.

Paulus, ein Mann, der ringt und glaubt. Er ringt mit sich selbst und den Schatten seiner Vergangenheit, aber er glaubt an die Gnade Gottes und vertraut auf die Barmherzigkeit des Herrn, die er selbst erfahren hat: Das ist ein Glaube aus Fleisch und Blut. Keine entrückte Heiligkeit, keine kluge Philosophie, keine schöne Theorie, keine kalte Doktrin und schon gar kein Gesetzbuch.

Glaube bedeutet lebendige Begegnung mit Jesus Christus. Vergebung, Umkehr, Vertrauen auf die rettende Hand Gottes. Diese Erfahrung wurde zum christlichen Bekenntnis. Diese Erfahrung verändert das Leben, verändert die Welt. Davon geht eine Faszination aus, die begeistert, aber auch provoziert. Damals wie heute. Bevor uns heute der institutionelle Überdruck den Glaubensatem abschnürt, lohnt der Blick auf die Ursprünge und Anfänge des Christentums. Wenn das Kino dabei helfen kann, warum nicht?

Verzeihen Sie, ich schweife ab. Eigentlich wollte ich Ihnen einfach danken. Vielleicht geht mir das alles gerade nur durch den Kopf, weil wir uns auf die Kar- und Ostertage vorbereiten. Sie tun das in besonderer Weise. Sie arbeiten an der Auferstehung. Im zweiten Teil von Mel Gibsons Bibel-Verfilmung, in dem es um die Auferstehung geht, spielen sie wieder Jesus. Es wird dauern, bis dieser Film in die Kinos kommt. Ich bin gespannt und – ehrlich gesagt – nicht frei von Befürchtungen. Lässt sich der größte Moment der Weltgeschichte, der Augenblick, der ein für allemal alles, wirklich alles verändert hat, angemessen auf die Leinwand bringen? Oft sind Filme ja der Wirklichkeit voraus. In diesem Fall ist
das anders. Gott sei Dank!

Wie gesagt, eigentlich wollte ich Ihnen nur danken. In der Kirche gibt es viele Schauspieler. Leider. Professionelle Religiosität und äußerer Habitus entsprechen nicht immer der inneren Wirklichkeit. Schön, dass es auch Schauspieler gibt wie Sie, die tatsächlich Glauben verkörpern.

Markus Reder

(*) Aus dem VATICAN-Magazin (3/2018). Veröffentlicht bei CNA Deutsch mit freundlicher Genehmigung.

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