14 April, 2024 / 6:05 AM
Kann man die These aufstellen, die 50 Tage zwischen der Auferstehung Jesu und Pfingsten seien eine weltgeschichtliche Wendezeit gewesen? Darf man sie vergleichen etwa mit dem Zusammenbruch des großen römischen Reiches, mit der Reformationszeit, mit dem Fall der Sowjetunion? Ich bin davon überzeugt, dass man diesen Vergleich machen darf. Ja – ich bin davon überzeugt, dass diese 50 Tage eine viel größere weltgeschichtliche Wende waren als die anderen genannten Wenden. Ich möchte das erklären.
Wir müssen uns erinnern: Jesus ist in seinem irdischen Leben gescheitert. Seine Jünger haben ihn letztlich nicht verstanden und dann verlassen. Die jüdischen Theologen haben ihn als arrogant gesehen und verworfen, Pilatus hat sich dem Gebrüll der Straße gebeugt. Jesus ist gestorben am Kreuz wie ein aufgehängter Wurm.
Und dann nach den verschiedenen Erscheinungen des toten Lebenden wurden die Seinen plötzlich mutig, ja todesmutig. Sie begannen, ihn als den Erlöser der Menschheit zu verkünden. Sie sind für diese Überzeugung in den Tod gegangen. Und der Funke, der vor Jesu Tod nicht angesprungen war, ist nach seinem Tod angesprungen. Die Sache Jesu ging erst richtig los. Und der Funke springt bis heute von Generation zu Generation – aller Sünden der Verantwortlichen und aller Christen zum Trotz. Jesu Tod und Auferstehung hat zu einer Zeitenwende geführt. Reden wir nicht von Kirchenreform, sondern schauen wir auf das Christusereignis, dann können wir Mut und Hoffnung haben. Jesu Sache geht durch den Glauben der vielen kleinen Glaubenden weiter.
Und damit möchte ich zurückkehren zum heutigen Evangelium: Die Emmausjünger haben in dem Fremden, der mit ihnen ging und aß, plötzlich Jesus Christus erkannt. Ihr Herz hatte gebrannt, als er mit ihnen redete. Und nun erzählen sie den anderen Jüngern von dieser Begebenheit. Und dann steht Jesus plötzlich in ihrer Mitte. Sie meinen einen Geist zu sehen. Jesus fragt sie, warum sie zweifeln. Und er zeigt ihnen seine Wunden an seinen Händen und seinen Füßen. Er sagt: Kein Geist hat Fleisch und Knochen. Weil sie zweifeln, bittet Jesus um etwas zu essen. Er will sie überzeugen, dass er wirklich lebt und da ist. Und dann erklärt er ihnen, dass sein Todes-Schicksal dem Sinn der Prophezeiungen entspricht. Schließlich sagt er ihnen: Ihr seid Zeugen für mich in Jerusalem und in aller Welt.
Das entscheidende Wunder ist für mich das, was wir Pfingsten nennen. Es geht den Aposteln ein Licht auf, sie werden neue, einsichtige und mutige Menschen. Aus Feiglingen werden Zeugen. Das ist das Wunder, das wir in diesen Tagen bis Pfingsten feiern.
Die Auferstehung Jesu selbst hat niemand gesehen. Aber die Jünger müssen durch die Begegnungen mit dem Auferstandenen so überzeugt worden sein, dass sie zu neuen Menschen wurden. Und im Lauf der Kirchengeschichte gab es immer wieder Menschen, die von Jesus gepackt und zu neuen Menschen wurden. Es sind vermutlich Millionen. Aber wir kennen nur die Leute wie Franz von Assisi, wie Hildegard von Bingen, wie Fritz Gerlich, wie Mutter Theresa. Durch sie kam jeweils neues Leben in die Kirche. Bischöfe, Priester und der Papst sollen Zeugen sein, sind aber auch Garanten, damit nichts aus dem Ruder läuft. Die wirklichen Reformer sind diejenigen, die sich durch Jesus Christus verwandeln lassen, die ununterbrochen mit Ihm im Gespräch sind, die Beter. Die Kirche lebt von denen, die Jesus suchen und den Auferstandenen immer wieder ansprechen und sich von ihm finden lassen.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.
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